Zähl Pixel
Deichbau

TSchwachstelle beseitigt: Darum ist der Deichbau in Neuenkirchen so schwierig

Der Deichverband der II. Meile Alten Landes, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und das Unternehmen Freimuth bei der Abnahme des neuen Umdeichs.

Der Deichverband der II. Meile Alten Landes, der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und das Unternehmen Freimuth bei der Abnahme des neuen Umdeichs. Foto: Vasel

Im Winter 2022 musste der Deich in Neuenkirchen nach Sturm- und Starkregenfluten mit Sandsäcken und Geotextil gesichert werden. 2024 rückten die Bagger an. Jetzt ist der 160 Meter lange Abschnitt sicher. Doch auf die Deichbauer wartet noch viel Arbeit.

author
Von Björn Vasel
Freitag, 19.07.2024, 15:50 Uhr

Neuenkirchen. Im Februar 2022 stand das Wasser knapp 60 Zentimeter unterhalb der Deichkrone. Der Umdeich, so heißt der spezielle Abschnitt in Neuenkirchen, war aufgeweicht und musste - mit Unterstützung der Ortsfeuerwehr - gesichert werden. Die Krux: Wenn die Sturm- und die Starkregenfluten aufeinandertreffen, staut sich das Wasser in der Lühe.

Der alte, schmale Schardeich war in diesem Bereich lediglich knapp 2,80 Meter über Normalhöhennull (NHN) hoch. Es handelte sich um die schwächste, niedrigste Stelle im rechten Lühe-Deich. Hinzu kam, dass der Umdeich in dem Bereich auch als Straße dient - für sechs Häuser. Der neue Deich ist 3,20 bis 3,40 Meter über NHN hoch.

Im Februar 2022 musste der Umdeich mit Folien und Sandsäcken gesichert werden.

Im Februar 2022 musste der Umdeich mit Folien und Sandsäcken gesichert werden. Foto: Vasel

Unterstützt von der Unteren Deichbehörde beim Landkreis Stade, handelten der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) und der Deichverband der II. Meilen Alten Landes. Bei Gefahr in Verzug konnte auf ein (zeit-)aufwendiges Planfeststellungsverfahren verzichtet werden. Der Verband erwarb ein Haus und Grünland. Der Abriss des Wohnhauses auf dem Deich verzögerte sich, unter anderem wegen der Erstellung eines Schadstoffgutachtens (Asbest). Erst im Frühjahr 2024 konnten die Bagger anrücken.

Altländer Untergrund erschwert Deichbau

Der Umdeich wurde neu modelliert. Der Deich wurde verbreitert und auf der Lühe-Seite mit Klei um eineinhalb Meter verstärkt. Außerdem ist auch die Böschung - auf der Flussseite - nicht mehr so steil. Allerdings konnte das Regelprofil heutiger Schutzdeiche nicht hergestellt werden. Dieses sieht eine Binnen- und Außenböschung mit einer Neigung 1:3 und eine drei Meter breite Deichkrone vor.

Das allerdings ist platzmäßig in den historischen Deichhufendörfern in der Regel nicht umsetzbar, schließlich liegen die Häuser und Straßen (zu) dicht am Deich, zum Teil gehen die Deiche an der Außenböschung unmittelbar in die Uferböschung über (Schardeiche). Das hatte 2018 (nach Protesten der Altländer) auch das Land erkannt und Bestandsschutz gewährt.

Rund 450.000 Euro kostete die Sicherungsmaßnahme. Rund 350 Kubikmeter Klei aus dem Lager des Deichverbandes in Neuenkirchen wurden von Mai bis Juli dieses Jahres von der Unternehmensgruppe Freimuth verbaut, rechneten der Leiter der NLWKN-Betriebsstelle Stade, Peter Schley, und sein Kollege Jan Berndt bei der Abnahme vor.

Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts und Jan Berndt vom NLWKN bei der Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls (von links).

Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts und Jan Berndt vom NLWKN bei der Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls (von links). Foto: Vasel

Mehr als zwei Jahre lang hatten Sandsäcke den Deich gesichert. Der Deichbau war nicht einfach.

Der neue Deich durfte nicht zu schwer werden, um einen Grundbruch zu verhindern. Denn am Deichfuß in der langen Außenkurve oberhalb der Kirche ist die Lühe rund drei Meter tief. Die alte hölzerne Spundwand habe „keine statische Funktion mehr“, so Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts. Eine neue Spundwand hätte die Investitionsmittel des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes des Bundes in Stade über mehrere Jahre aufgefressen. Die Lühe ist eine Bundeswasserstraße. Ein Bodengutachten war notwendig.

Deichabschnitt gilt jetzt als sicher

Berndt sprach am Donnerstagnachmittag bei der Abnahme von „Teelöffelarbeit“. Schutzdeich und Untergrund vertragen keine schweren Maschinen, lediglich Kleingeräte kamen zum Einsatz. „Jetzt ist die prekäre Ecke gesichert“, unterstrich der stellvertretende Oberdeichrichter Hans-Jürgen Bremer. Um den Deich zu verstärken, setzten die Arbeiter einen Kleibodenkeil in den bestehenden Deichkörper, unter dem Strich wuchs der um den Faktor 1,5.

Blick auf den erneuerten Umdeich in Neuenkirchen.

Blick auf den erneuerten Umdeich in Neuenkirchen. Foto: Vasel

Außerdem installierten die Deichbauer im Zuge des Beweissicherungsverfahrens mehrere Erschütterungssensoren in den angrenzenden Häusern, zu Schäden sei es nicht gekommen. Um diese in Zukunft zu verhindern, wird - ähnlich wie auf dem Parkplatz am Lühe-Anleger - ein Tor aufgestellt; Kastenwagen und Lkw können den drei Meter breiten Weg auf dem Deich lediglich im Ausnahmefall befahren, das gilt etwa für Möbelwagen oder Feuerwehrfahrzeuge.

Ein Schlüssel liegt im Rathaus in Steinkirchen. Für Pakete wird eine Paketstation an der Ecke Umdeich/Dorfstraße (K26) aufgestellt. Damit der Deich geschützt wird, gilt eine 2,8-Tonnen-Beschränkung. Ein weiterer kleinerer Abschnitt soll folgen. Im Zuge der Maßnahme seien alte Rohre verschlossen und verfüllt worden, verdämmert, sagt der Fachmann.

Millionenprojekt in der Pipeline

Langfristig wird der komplette Umdeich auf einer Länge von 1200 Metern erneuert, dieser schützt den Bereich zwischen der Lühe und der Este. Der neue Deich wird so wie an der Aue/Lühe bei Neuenkirchen/Horneburg aussehen.

Doch vor dem Start des Millionenprojekts muss laut Oberdeichrichter Ulferts erst einmal der Hochwasserentlastungspolder Bullenbruch fertig werden. Die Baumaßnahmen zwischen Horneburg und Buxtehude sollen 2025 starten, drei bis vier Jahre werden bis zur Fertigstellung des Polders mindestens ins Land ziehen.

Weitere Artikel