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Tradition

TSeltene Einblicke in die Schatzkammer des Alten Landes

Helmut Siebert, Sven Heitmann und Miljaim Mortezi vom Hausmeister-Team der Samtgemeinde Lühe füllen die Schatzkammer des Museums in Estebrügge (von links).

Helmut Siebert, Sven Heitmann und Miljaim Mortezi vom Hausmeister-Team der Samtgemeinde Lühe füllen die Schatzkammer des Museums in Estebrügge (von links). Foto: Vasel

Es ist geschafft: Das Hausmeister-Team hat am Dienstag die Schatzkammer der Kulturstiftung Altes Land gefüllt. Im neuen Magazin ist ausreichend Platz für die 1800 Exponate, unter anderem prächtige Altländer Möbel. Doch die Stiftung hat noch mehr vor.

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Von Björn Vasel
Dienstag, 21.11.2023, 10:20 Uhr

Estebrügge. Unter den wachsamen Augen von Susanne Höft-Schorpp und Gerd Hubert haben Helmut Siebert, Sven Heitmann und Miljaim Mortezi vom Hausmeister-Team der Samtgemeinde Lühe die Schatzkammer gefüllt. Sie schleppten schwere Kasten- und Koffertruhen und Altländer Stühle in das Magazin in Estebrügge.

„Die Sammlung von Gerd Matthes ist wieder zu Hause“, unterstrich die Vorsitzende der Kulturstiftung Altes Land, Susanne Höft-Schorpp, am Dienstagmittag. Ein Großteil der Sammlung von Museumsgründer Gerd Matthes (1932-2013) musste in den vergangenen Jahren auswärts gelagert werden. Zukünftig können Wissenschaftler vor Ort in Estebrügge - im begehbaren Magazin - die reiche Geschichte der Altländer Wohnkultur erforschen.

Sponsor für einen Rasenmäherroboter gesucht

Die Sammlung des Museumsgründers, immerhin knapp 1500 Exponate, war bereits von der Volkskundlerin und Kunsthistorikerin Dr. Heike Schlichting erfasst worden. Die Inventarisierung gehe weiter. Nach Rücksprache kann „unsere Schatzkammer auch bei Führungen besichtigt werden“, sagte der stellvertretende Vorsitzende Gerd Hubert. Die Kulturstiftung sucht noch einen Sponsor für einen Rasenmäherroboter, denn die Pflege von Garten und Museum koste die Ehrenamtlichen - überwiegend bereits Rentner und Pensionäre - viel Zeit und Kraft.

Die Kulturstiftung Altes Land - Hüterin des Museums und der Sammlung Gerd Matthes - hatte infolge der Corona-Pandemie über den Landschaftsverband der ehemaligen Herzogtümer Bremen und Verden in Stade einen Fördertopf des Landes Niedersachsen für kleine Museen anzapfen können. Die Altländer konnten im Garten des Museums am Steinweg in Estebrügge - einen Steinwurf von der St.-Martini-Kirche entfernt - ein Magazin für 80.000 Euro errichten. Das Land habe einen Zuschuss von 25.000 Euro gewährt. Der moderne Neubau hat, ganz ökologisch, ein Grasdach bekommen. Höft-Schorpp ist froh, dass das Magazin steht: „Jetzt können wir uns wieder den Inhalten widmen.“ Denn nicht nur die Bewahrung, sondern auch die Erforschung der (Kultur-)Geschichte ist eine Aufgabe der Stiftung.

Kunstvoll geschnitzte Altländer Stühle gehören zur Sammlung, auch der von Museumsgründer Gerd Matthes.

Kunstvoll geschnitzte Altländer Stühle gehören zur Sammlung, auch der von Museumsgründer Gerd Matthes. Foto: Vasel

Sanierung des Südgiebels ist nächstes Projekt

Aber auch im nächsten Jahr werden Susanne Höft-Schorpp, Gerd Hubert und Jan Meinschien vom Kulturstiftung-Vorstand nicht aus der Rolle der Bauleiter schlüpfen können. „Wir wollen die Fassade auf der Südseite sanieren, insbesondere Giebel, Fenster und Klöntür“, sagt die Stiftungsvorsitzende. Hubert rechnet mit einem Mehrjahresprogramm.

Schwerpunkte des Museums sind - neben der Ortsgeschichte - Altländer Schmuck und Trachten sowie Wohnkultur. „Diese zeugen vom Wohlstand der bäuerlichen Gesellschaft in der Marsch“, betont Höft-Schorpp mit Blick auf Kasten- und Koffertruhen. Diese waren nicht nur für Hochzeits- und Aussteuermöbel äußerst beliebt, sie wurden - verziert mit dem Namen der Eheleute - auch mit Blick auf die spätere Nutzung in der Altenteilerstube angeschafft. Die Möbelstücke sind auch Zeugnisse Altländer Rechtsgeschichte. In der Regel galt bei den Eheverträgen die Gütergemeinschaft, lediglich das „Leibzeug“ in den Truhen stand weiterhin im persönlichen Eigentum der einzelnen Ehepartner. Sogar der Raum hinter der Tür in der Wohngiebelwand der Altländer Bauernhäuser war nach dem Möbelstück benannt: Kofferkammer.

Truhen häufig mit floralen Motiven und Engeln verziert

In der erhöhten „Upkammer“, einige verfügten sogar über einen Mini-Keller, lagerten die Truhen. Bei einem Feuer konnten sie schnell durch die Brauttür ins Freie getragen werden. Auf der Giebelseite des Wohnbereichs ging weniger Gefahr von dem herunterfallenden, brennenden Reet aus. Die Truhen waren häufig mit floralen Motiven und Engeln verziert.

Die Möbel wurden in der Regel von örtlichen Handwerkern hergestellt. Das Handwerk war neben Ackerbau, Viehzucht, Obstbau und Schifffahrt über Jahrhunderte eine wichtige Säule der Altländer Wirtschaft. Um 1833 gingen laut dem Möbelexperten Dr. Frank Schlichting etwa drei Prozent der Bevölkerung einem selbstständigen Handwerk nach. Zum Vergleich: In der Stadt Stade waren es knapp fünf Prozent.

Drechsler, Kleinschmiede und Tischler profitierten von dem guten Einkommen der Bauern und davon, dass es - infolge der Hollerkolonisation - früher als anderswo so etwas wie Gewerbefreiheit gab. So konnte sich eine einzigartige, prunkvolle, selbstbewusste, bäuerliche Kultur entwickeln.

Diese kann im Museum Estebrügge bewundert werden. Das ist seit 1992 in dem im Jahr 1760 errichteten Haus am Steinweg untergebracht. Nach dem Tod von Matthes war das Museum umgebaut und in Trägerschaft der Stiftung 2017 neu eröffnet worden. Durch die wissenschaftliche Konzeption grenzt es sich von den Heimatstuben ab.

www.kulturstiftung-altes-land.de

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