TSturmflutsaison: So sicher sind die Deiche an der Niederelbe

Der Deichbau im Zuge der Klimaschutzanpassung im Landkreis Stade hat 2024 begonnen - wie hier bei Bützflethersand. Foto: Vasel
Es ist für alle im Alten Land und Kehdingen sichtbar: Die Deichbauarbeiten sind gestartet. Doch es gibt ein Problem, das auch der Landkreis fürchtet.
Altes Land. Die Hauptdeiche an der Elbe und die Schutzdeiche an den vier Nebenflüssen Este, Aue/Lühe und Schwinge sowie Oste „sind in einem guten bis sehr guten Zustand. Sie sind wehrhaft für die anstehende Sturmflutsaison“, sagte Kreisbaurätin Madeleine Pönitz bei der Bilanz der Herbstdeichschauen dem TAGEBLATT.
Bei 13 Deichschauen hätten die Deichverbände und die untere Deichbehörde beim Kreis Stade gemeinsam mit Vertretern des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Elbe-Nordsee, des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), der Kommunen sowie unter anderem der Bundeswehr und der Feuerwehr knapp 223 Deichkilometer unter die Lupe genommen. Die Hauptdeichlinie an der Elbe kommt auf 76 Kilometer. Das Ergebnis: Es habe lediglich punktuell einen Wühlmaus- und Maulwurfbefall gegeben.
Die Leiterin der unteren Deichbehörde beim Kreis Stade, Simone Ilse, lobte die „sehr gute Arbeit“ der ehrenamtlich organisierten Verbände und der Deichschäfer. „Der gute Zustand der Deiche ist auch ihnen zu verdanken“, sagte Ilse. Schafe seien weiter „unverzichtbar“ für den Küstenschutz. Die Tiere sorgen für eine dichte Grasnarbe - der Panzer der Deiche. Diese bestehen aus einem Sandkern und einem knapp zwei Meter dicken Kleimantel.
Die Kreisbaurätin verwies auf die Verluste durch Blauzungenkrankheit und Wolf. Diese hätten an der Niederelbe nichts zu suchen.
Bund muss Schutz der Deichschafe vor Wölfen gewährleisten
Der Schutz von 100.000 Menschen hinter den Deichen und der Schafe müsse laut Landrat Kai Seefried (CDU) absoluten Vorrang haben. Er mahnt weiter ein Bestandsmanagement an - insbesondere für Kehdingen und das Alte Land.

Schafe sichern den Deichschutz an der Niederelbe. Foto: Vasel
Das Bundesumweltministerium müsse endlich handeln. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) habe ihr vor ein Jahr gegebenes Versprechen bislang nicht eingelöst.
Deichbauer legen in Kehdingen und im Alten Land los
Der Kreis Stade drängt auf mehr Tempo bei der klimaschutzbedingten Deicherhöhung. Der NLWKN hat in Stade weitere Ingenieure für Planung und Bauüberwachung eingestellt.
Die Verbände sind die Bauherren. Mehr als 600 Millionen Euro werden die Ertüchtigung der Deiche, sprich eine Erhöhung um zwei Meter, und der Neubau von sieben Sperrwerken den Steuerzahler in den nächsten Jahrzehnten bis 2050 im Kreis Stade voraussichtlich kosten.
Der erste Abschnitt im Kreis Stade ist bereits erhöht. In Bützflethersand in Stade ist der Hauptdeich im Zuge des Baus des Flüssiggas-Terminals auf 1350 Meter Länge neu profiliert und von acht auf 9,80 Meter Normalhöhennull bis zum Stadersand-Deichschart erhöht worden. Der Planfeststellungsantrag für die Erhöhung im fünf Kilometer langen Abschnitt Wischhafen - Krautsand ist gestellt: 9,90 Meter NHN plus 0,30 Meter als Setzungsmaß.
Auch im Alten Land wollen die Deichbauer die Bagger rollen lassen. Die Altländer hoffen, dass der NLKWN noch bis Ende des Jahres den Stempel unter einen Planfeststellungsbeschluss setzt. Dann könnte im April 2025 in Hinterbrack der Bau des acht Millionen Euro teuren Klimadeichs starten - inklusive Fertigstellung des Siels zur Entwässerung der Obstplantagen. Der Deich soll auf einer Länge von 2000 Metern auf 9,30 Meter Normalhöhennull erhöht werden.

In Hinterbrack wird bereits am neuen Siel gebaut, damit die Deichbauer im Frühjahr 2025 loslegen können. Foto: Vasel
Pönitz hofft, dass der Konflikt zwischen Natur- und Deichschutz aufgelöst wird und der Küstenschutz - wie im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehen - prioritär bleibt. Ansonsten könnten in Kehdingen (EU-Vogelschutz) und Hahnöfersand (neues Feldlerchen-Biotop als Öko-Ausgleich für Hamburger Bauprojekte in Billwerder) eine Einschränkung des Bauzeitenfensters (April bis Oktober) durch Schutzzeiten drohen. Diese würden einen „effektiven Deichbau erheblich einschränken und verlangsamen“.