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Altes Land

TVolle Netze: Elbfischer Lothar Buckow fängt wieder mehr Stint

Es gibt wieder leckeren Stint: Elbfischer Lothar Buckow bringt an Bord seiner Elise die Netze ein.

Es gibt wieder leckeren Stint: Elbfischer Lothar Buckow bringt an Bord seiner Elise die Netze ein. Foto: Vasel

Elbfischer Lothar Buckow freut sich: So viel Stint hat er nachts schon lange nicht mehr aus der Elbe geholt. Doch er bleibt skeptisch.

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Von Björn Vasel
Sonntag, 26.01.2025, 15:00 Uhr

Jork. Es ist dunkel und kalt, als der Elbfischer Lothar Buckow auf der Hahnöfer Nebenelbe gegen 22 Uhr in der Nacht zu Freitag an Bord seiner Elise geht. Wenige Stunden vorher hatte der Altländer auf seinem Kutter seine beiden 42 Meter langen Netze (Hamen) heruntergelassen. „Wir Fischer leben mit dem Tidenkalender“, sagt der letzte Berufsfischer des Alten Landes.

Die Strömung trieb die Fische mit der Flut hinein. Die Netze hängen im Strom. Jetzt legt Buckow den Hebel seiner Winde um. Langsam tauchen die an den Bäumen hängenden, sackförmigen Netze aus der 1,5 Grad kalten Elbe links und rechts des kleinen Kutters auf. Die Schuppen der Stinte schimmern perlmuttartig im Scheinwerferlicht. Hungrige Möwen kreisen über der Elise. Auf der fast einen Kilometer breiten Nebenelbe sperrt der Fischer etwa 15 Meter ab. Zufrieden blickt Buckow auf seinen Fang: „Fast 150 Kilogramm.“

Wehmütig blickt der Fischer zurück

Die Stinte werden in Kisten verpackt. An Deck riecht es nach frischer Gurke. Das ist der Duft der lachsartigen, silberglänzenden Fische. Mit dem Beiboot geht es zurück an Land. Einen Hiev um die 150 Kilo, das hat der Fischer lange nicht mehr erlebt. Früher waren 600 Kilogramm keine Seltenheit. Nach dem Ende der DDR hatte sich die Wasserqualität verbessert. Die Stinte machten 98 Prozent der Fischpopulation aus.

Doch das Vorkommen war 2014/2015 schlagartig eingebrochen. Sauerstofflöcher im Sommer, aber auch die Verschlickung und Unterhaltungsbaggerung nach den Elbvertiefungen von 1999 und 2019 sowie die Zuschüttung des Mühlenberger Lochs im Zuge der Airbus-Erweiterung in Finkenwerder machten Fischen und Fischern das Leben schwer. Sandige Flachwasserzonen, Kinderstube der Baby-Stinte, verschwanden.

Fangfrischer Stint liegt in der Kiste.

Fangfrischer Stint liegt in der Kiste. Foto: Vasel

Durch die Trübung verhungerten die Stintlarven. Sie konnten das Plankton nicht mehr erkennen. Bei starker Trübung produzieren sie zu viel Schleim. Die Folge: Die Kiemen saßen dicht, die Stinte erstickten. Vor einem Jahr setzte Niedersachsen die Art auf die Rote Liste und stufte diese als „stark gefährdet“ ein. Doch 2024 und 2025 tauchten wieder mehr und größere Stinte auf.

Wieder mehr Stint in der Elbe

Ein milder Winter tat dem Stint gut. Sie waren etwa 20 Prozent größer. Die Fische waren stark genug, um den Sauerstofflöchern im Sommer auszuweichen. Zudem gab es „erheblich mehr Oberwasser“ durch höhere Niederschläge. Damit nicht genug: Laut Buckow „ist weniger gebaggert und weniger Schlick verklappt worden“. Das habe dem geschundenen Fluss gutgetan. Die Trübung reduzierte sich.

Nachmittags fährt Lothar Buckow zu seinem Kutter, kurze Zeit später lässt er die Netze herunter.

Nachmittags fährt Lothar Buckow zu seinem Kutter, kurze Zeit später lässt er die Netze herunter. Foto: Vasel

Damit könnten sich auch 2027/2028 wieder mehr Stinte in der Elbe tummeln, wenn die Geschlechtsreifen dieser Generation in drei bis vier Jahren ab Oktober aus dem Nordatlantik in die Elbe zurückkehren, um im März zu laichen. Aktuell sei die Trübung geringer. Deshalb tummelt sich hier bei Borstel wieder mehr Stint. „Das ist eine gute Nachricht“, sagt Buckow. Der Stint stehe gut im Futter, er habe 2025 ordentlich Fett auf den Gräten. Der Geschmack sei top.

Jetzt sei der Mensch gefordert. Ohne Entschlickungskur werde der Strom nicht zum Stint-Paradies. Um drei und mehr Meter sei die Schicht bei Neßsand gewachsen. Die Verwendung als Deichbaumaterial sei eine Option. Die Natur dürfe nicht länger unter den Folgen der Elbvertiefungen leiden. Schließlich ist der Stint die Leibspeise wichtiger Fisch- und Vogelarten.

Buckows lieben ihren Stint klassisch

An Land wartet bereits seine Frau Rita. In ihrem Fischfachgeschäft und -bistro am Elbdeich in Jork-Wisch werden die fangfrischen Stinte rund und geschlachtet angeboten. Bis zu 300 Kilometer fahren Kunden, um hier Stint zu essen oder zu kaufen, sagt sie. Der Parkplatz musste vergrößert werden. Übrigens: Rita Buckow liebt den Stint klassisch - kross gebraten mit warmem Specksalat. Ihr Tipp: Weizen- statt Roggenmehl, „nur so schmeckt der Stint nach Stint“.

Lothar und Rita Buckow präsentieren stolz ihren fangfrischen Stint in ihrem Geschäft in Wisch.

Lothar und Rita Buckow präsentieren stolz ihren fangfrischen Stint in ihrem Geschäft in Wisch. Foto: Vasel

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