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Handwerk

TVon Jork ans andere Ende der Welt: Segelmacher will von den Besten lernen

Matti Pleßmann steht am Ufer und blickt auf die Elbe.

Noch einmal schaut Matti Pleßmann auf die Elbe, bevor er seine Heimat Jork für ein Jahr verlässt. Foto: Meyer

Matti Pleßmann ist der beste Nachwuchs-Segelmacher Niedersachsens. Der Jorker ist fasziniert von seinem Handwerk - und wandert deshalb in die Stadt der Segel aus.

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Von Thies Meyer
Montag, 24.11.2025, 05:50 Uhr

Jork. Matti Pleßmann (23) steht am Elbufer in Neuenschleuse. Ein Mittwochmorgen, Viertel nach zehn, graue Wolkendecke. Er trägt einen dunkelblauen Windbreaker und eine schwarze Wollmütze, den Segler sieht man ihm an. Pleßmann blickt auf die Elbe - ein letztes Mal.

35 Stunden später sitzt Pleßmann im Flugzeug. Sein Ziel: 26 Stunden und 17.800 Kilometer Luftlinie vom Alten Land entfernt. Eine Reise für Beruf und Hobby, für sein Leben: das Segeln.

Matti Pleßmann ist der Beste seines Fachs

Der Segelmacher wurde kürzlich bei der Deutschen Meisterschaft im Handwerk ausgezeichnet. Pleßmann zählt zu den besten 53 Gesellen aus dem Bezirk Braunschweig-Lüneburg-Stade und ist einer der Besten auf Landesebene. In Niedersachsen ist er der beste Segelmacher seines Jahrgangs.

Matti Pleßmann im weißen Poloshirt steht mit einer Siegerurkunde in der rechten Hand neben seinem Ausbilder und zwei Herren im Anzug.

Einer der besten Nachwuchshandwerker seines Jahrgangs: Matti Pleßmann (Zweiter von links) wurde im Stadeum geehrt. Mit dabei war auch sein Ausbilder und Segelmachermeister Lennard Peilicke (Zweiter von rechts). Foto: Torben Röhricht Photography

„Ich bin auf dem Boot groß geworden“, sagt Pleßmann, dessen Vater und Mutter „schon immer“ gesegelt sind. Pleßmann war acht Jahre alt, da begeisterte er sich für das Segeln und lernte beim Altländer Yachtclub in Neuenschleuse früh, ein Segelboot zu steuern und zu reparieren.

Für den Hobbysegler lag es nahe, welchen Beruf er nach seinem Abschluss an der BBS Buxtehude lernen würde. 2022 begann seine zweieinhalbjährige Ausbildung in der Segelwerkstatt Stade. Die ist eine der größten Segelmachereien Deutschlands. Zuletzt fertigte er in Hamburg Segel.

Ein Segel als Gesellenstück liegt auf dem Boden der Segelwerkstatt Stade.

Das Gesellenstück von Matti Pleßmann: ein Segel für seinen Vater. Foto: Matti Pleßmann (nomo)

Pleßmann gefällt das Segelmachen, weil es „abwechslungsreich“ ist. „Es wird nie so richtig langweilig“, sagt er. Das Nähen, der Kontakt mit den Kunden, das Segelmachen nach Wünschen, die immer verschieden sind: Das macht Pleßmann am meisten Spaß an seinem Nischenberuf. In Neuseeland will er unter noch professionelleren Bedingungen als in Stade in seine Faszination eintauchen.

Auslandsjahr für Pleßmann mehr Arbeit als Urlaub

5,8 Millionen Menschen leben in Neuseeland auf größtenteils zwei Hauptinseln. Das Land ist fast viermal so groß wie Bayern, größer als Großbritannien und kleiner als Italien. Pleßmanns neue Heimat Auckland - mit 1,7 Millionen Einwohnern die einzige Millionenmetropole - liegt auf der Nordinsel.

Hamburg, Dubai, Auckland. Der Jorker hob am Donnerstag um 21 Uhr Ortszeit in Hamburg ab und landete um 11 Uhr Ortszeit am Samstag in Auckland. 26 Stunden flog Matti Pleßmann durch zwölf Zeitzonen. Pleßmann reiste mit einem Working-Holiday-Visum nach Neuseeland, das ihm einen Einjahres-Aufenthalt erlaubt. Sein Auslandsjahr wird aber mehr Work als Holiday.

Ein Jahr im Ausland habe er sich schon seit langem vorstellen können. Seinem Traum folgte die Bewerbung Ende Juli. Der Nachwuchshandwerker mailte seinen Lebenslauf nach Auckland. Die Firma hatte erst ab November freie Plätze, sagte ihm vor rund drei Wochen zu. Für ein Jahr Neuseeland habe Pleßmann in seinen Gesellenjahren einiges gespart, zum Beispiel die Wohnkosten. Pleßmann wohnte während der Ausbildung bei seinen Eltern in Jork.

In der Stadt der Segel baut Pleßmann 40 Wochenstunden Segel. Die Segelmacher arbeiten hier noch professioneller: In Deutschland gebe es einige Ein-Mann-Betriebe, andere wie die Segelwerkstatt Stade beschäftigen rund zehn Mitarbeitende - sein Arbeitgeber in Neuseeland 60. „Ich wollte zu dieser bestimmten Firma nach Auckland“, sagt Pleßmann.

„In Auckland möchte ich größere Segel für Rennjachten fertigen“, sagt Pleßmann. Die seien rund 15 Meter groß. „Solche Segel werden in Deutschland in dieser Größenordnung kaum gefertigt.“ Zurück in Deutschland plant er, seinen Meister zu machen.

Das will Pleßmann im Segel-Mekka erleben

Kaum Zeit hatte Matti Pleßmann, um nach seiner Anreise durchzuschnaufen - am Montag war sein erster Arbeitstag. Doch ein Bekannter hilft ihm, sich in der neuen Welt zu akklimatisieren. Pleßmann und er haben das Segelmachen in Travemünde-Priwall gelernt. Seit zwei Monaten fertigt sein Berufsschulkollege Segel bei einem Konkurrenzunternehmen von Pleßmanns Arbeitgeber. Ein Taxi vom Flughafen zur Unterkunft konnte sich Pleßmann dank ihm sparen.

Matti Pleßmann steht am Yachthafen in Neuenschleuse und lehnt mit dem linken Arm an einer Reling.

Ob Beruf oder Hobby, Segeln ist sein Leben: Matti Pleßmann am Yachthafen Neuenschleuse. Foto: Meyer

Wenn Pleßmann nicht arbeitet, will er jede freie Minute nutzen, um Neuseeland kennenzulernen. „Wenn ich schon mal da bin, will ich auch viel von der Natur sehen“, sagt er. Und einen besonderen Ort: Nur zwei Autostunden von Auckland entfernt ist der Drehort „Hobbiton“ aus den „Herr der Ringe“- und „Hobbit“-Filmen. Seine Freundin schwärmte ihm vor: „Da müssen wir unbedingt hin.“ Auch Pleßmanns Eltern werden ihn besuchen und fliegen an Ostern nach Neuseeland - für die Familie ein „Segel-Mekka“, sagt Pleßmann.

„Natürlich will ich viel segeln“, sagt der Jorker. Auf der Elbe, Kieler Förde oder dem Mittelmeer hat Pleßmann schon Segel gesetzt. Neuseeland und seine Segelreviere seien noch mal „ein anderes Level“.

Pleßmann freut sich, dass das Auslandsjahr jetzt beginnt: „Das ist ganz geil, weil in Neuseeland Sommer ist.“ Ein Segler wie er liebt den Sommer, den Winter mag er „überhaupt nicht“. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

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