Zähl Pixel
Altes Land

TObstbauern kämpfen mit massiven Mehrkosten

Noch Zukunftsmusik auf den Plantagen: Apfel-Ernte-Roboter der Washington State University bei einem Versuch.

Noch Zukunftsmusik auf den Plantagen: Apfel-Ernte-Roboter der Washington State University bei einem Versuch. Foto: Esteburg/WSU

Die Zahlen sind eindeutig: Im Obstbau steigen die Produktionskosten seit Jahren. Was sind die konkreten Daten der Studie? Und wie reagieren die Obstbauern?

author
Von Björn Vasel
Donnerstag, 09.10.2025, 11:50 Uhr

Jork. Arbeit, Pflanzenschutz und Energie - alles wird teurer. Jetzt haben die Altländer ihre Worte mit Zahlen untermauert. Die Produktionskosten der Obstbaubetriebe an der Niederelbe sind in den vergangenen fünf Jahren um 23 Prozent gestiegen.

Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Obstbauzentrums Esteburg in Jork. Der stellvertretende Leiter, Dr. Matthias Görgen, hat sich bei seiner Auswertung auf die Höfe seines jährlichen Betriebsvergleichs konzentriert, die sich auf die Apfelproduktion spezialisiert haben.

Produktionskosten steigen kräftig

Die Zahlen: Bis 2021 mussten die Obstbauern im Schnitt 50,66 Euro aufwenden, um 100 Kilogramm Äpfel zu produzieren. Mittlerweile liegen die Produktionskosten bei 62,09 Euro pro Dezitonne. Das heißt: Die Produktion von etwa vier bis sechs Äpfeln kostet den Erzeuger knapp 62 Cent.

Um in neue Technik und Bäume investieren zu können, muss der Erzeugerpreis deutlich höher liegen. Investitionen in die Zukunft sind ohne Gewinn nicht möglich. In der Saison 2024/2025 und in der Saison 2023/2024 lagen die Erzeugerpreise für das Tafelobst (Klasse 1) noch leicht über den Produktionskosten. Davor waren die Jahre mies.

Die Arbeitskosten bei den Obstbaubetrieben steigen.

Die Arbeitskosten bei den Obstbaubetrieben steigen. Foto: Vasel

Kostentreiber ist und bleibt der Mindestlohn. Dieser ist in dem Zeitraum von 9,60 Euro auf 12,82 Euro pro Stunde gestiegen. Das ist eine Erhöhung von 33,5 Prozent. Damit nicht genug:

Die Rechnung für die Pflanzenschutzmittel fällt heute höher aus, die Kosten stiegen seit 2021 um knapp 12 Prozent. Ähnlich sieht es bei den Kosten für Strom und Wasser aus. Unter dem Strich liegt der Anteil der Arbeitskosten bei 37 Prozent - inklusive der Familienarbeitskräfte.

Die Apfel-Erzeuger haben noch Glück. Stichwort Arbeitsaufwand: Zur Produktion von 100 Kilogramm werden beim Apfel ein bis zwei Stunden benötigt. Beim Beerenobst werden 30 bis 70 Stunden zur Produktion von 100 Kilogramm angesetzt.

Aber: Jeder Betrieb hat seine individuelle Kostenstruktur, so Görgens. Diese ist immer auch abhängig von der Erntemenge.

Damit die Kasse stimmt, rät der Betriebswirtschaftler den Betrieben unter anderem, den Verkaufswert ihres Obstes zu steigern - durch die Wahl höherpreisiger Apfelsorten oder durch zusätzliche Obstsorten - insbesondere Birnen. Motto: Diversifikation statt Spezialisierung.

Obstbaubetriebe im Wandel

Der Vorsitzende der Bundesfachgruppe Obstbau, Jens Stechmann aus Jork, verweist auf Innovationen im Bereich der Technik, aber auch auf neue Sorten, zum Beispiel die neue allergikerfreundliche Apfelsorte Pompur der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN).

Bei Angewandter Forschung, Beratung und Fortbildung sei die Esteburg top. Der Obstbau passe seine Strukturen immer wieder an - etwa beim Sortenspektrum.

Kosten für Neupflanzungen und Technik seien sehr hoch, 40.000 Euro koste das Pflanzen neuer Apfelbäume pro Hektar, diese stehen mehr als 15 Jahre.

Die Obstbauern setzen auf neue Sorten - wie den allergikerfreundlichen Pompur der Züchtungsinitiative Niederelbe und der Hochschule Osnabrück.

Die Obstbauern setzen auf neue Sorten - wie den allergikerfreundlichen Pompur der Züchtungsinitiative Niederelbe und der Hochschule Osnabrück. Foto: ZIN

Stechmann sieht Staat, Verbraucher und Lebensmitteleinzelhandel (LEH) gefordert. Bei Freilanderdbeeren brach der Anbau aufgrund der Kosten ein. Die Gesellschaft müsse sich überlegen, was sie wolle. Schon heute liege der Selbstversorgungsgrad beim Obst bei lediglich 20 Prozent.

Die Gesellschaft müsse entscheiden, wie wichtig ihr Versorgungssicherheit sowie höhere Sozial- und Umweltstandards seien. LEH und Verbraucher müssten bereit sein, einen höheren Preis, bedingt durch Produktionskosten, zu zahlen.

Zur Einordnung: Weniger als ein Viertel des Ladenpreises kommt beim Erzeuger an, 50 Prozent beim LEH. Weiterer Ansatz: Die Gesellschaft könnte „die Leistung der Obstbauern für die Biodiversität und den Klimaschutz über Flächenprämien honorieren“, ergänzt Stechmann.

Des Weiteren seien Sonderregelungen beim (Mindest-)Lohn für Saisonarbeitskräfte und EU-einheitliche Förderungen der Mehrgefahrenversicherung nötig.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.

Die Redaktion empfiehlt
Weitere Artikel