T Atommüll: Warum ein Endlager im Landkreis Stade möglich ist

Ein Bergmann steht unter Tage im Schacht Konrad an einer Einlagerungskammer. In Salzgitter entsteht ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Noch steht nicht fest, wo künftig der stark radioaktive Abfall in Deutschland endgültig gelagert werden soll. Bisher gilt: Bis auf einige Ausnahmen kommen Gebiete im Landkreis Stade dafür als Standort infrage - darunter eine der beiden Städte.
Landkreis. Die letzten drei Kernkraftwerke in Deutschland wurden im vergangenen Jahr abgeschaltet. Was bleibt, ist radioaktiver Abfall, und der muss für eine Million Jahre sicher verwahrt werden. Im Gespräch sind 90 Regionen innerhalb Deutschlands, in denen ein solcher Standort denkbar wäre - darunter auch Flächen im Landkreis Stade.
In einer im Internet durchgeführten Informationsveranstaltung der Volkshochschule (VHS) Buxtehude erklärten Mitarbeiter der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) den Prozess der Suche nach einem Standort für ein Endlager. Das ist der Sachstand.
Wann wird das Endlager in Betrieb gehen?
Das Bundesamt für Endlagerung rechnet mit einem lange dauernden Prozess. Ursprünglich sollte die Suche nach dem Standort im Jahr 2031 abgeschlossen sein. Inzwischen wurde das Zieldatum korrigiert: Frühestens 2046 und spätestens 2068 wird der Standort des Endlagers für hoch radioaktiven Abfall feststehen. Der geologisch sicherste Standort soll gefunden werden - das kostet Zeit. Bereits 2027 steht ein wichtiger Schritt bevor: Dann soll die Zahl der Suchregionen stark eingeschränkt werden. Die Rede ist von etwa fünf Regionen, die oberirdisch weiter erkundet werden sollen. Die Entscheidung trifft der Deutsche Bundestag.
Schacht Konrad
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Was muss das Endlager leisten?
Nach Angaben des BASE soll der hoch radioaktive Abfall eine Million Jahre lagern, damit er nicht mehr gefährlich ist. 500 Jahre nach Verschluss des Endlagers soll der Abfall noch bergbar, also rückholbar sein. Die Lagerung tief unter der Erde gilt laut BGE als die sicherste Methode. Drei mögliche geeignete Gesteinstypen für die Endlagerung hoch radioaktiver Abfälle gibt es: Steinsalz, Tongestein und Kristallingestein.
Ist ein Endlager im Landkreis Stade denkbar?
Ja, mögliche Standorte im Kreis sind noch im Rennen. Das gilt allerdings auch für 90 andere Regionen in Deutschland, 54 Prozent des Staatsgebiets. Im Landkreis Stade bildet Tongestein die geeignete geologische Formation für die Endlagerung. In mindestens 300 Meter und höchstens 1500 Meter Tiefe soll der hoch radioaktive Abfall gelagert werden.
Welche Gebiete hier vor Ort sind ausgeschlossen?
Eine interaktive Landkarte auf der Internetseite des BGE (www.bge.de/Endlagersuche) macht die 90 Suchgebiete sichtbar. Demnach sind das Gebiet der Hansestadt Stade sowie Harsefeld und Bargstedt ausgeschlossen für ein mögliches Endlager. Auf TAGEBLATT-Nachfrage nannte das BGE folgende Begründung: „Diese Bereiche erfüllen die gesetzlichen geologischen Mindestanforderungen nicht. Das bedeutet, dass das Tongestein dort entweder gar nicht vorkommt oder zu tief für ein Endlager liegt.“ Flächen im übrigen Landkreis Stade kämen als Endlager-Standort infrage.
Ist ein Endlager in der Stadt Buxtehude möglich?
Ja, Buxtehude liegt in einem Gebiet aus Tongestein und gehört zu den 90 Teilgebieten in Deutschland, die grundsätzlich für ein Endlager infrage kommen. Auf der Suche nach den vielversprechendsten Gebieten hat die Geologie Vorrang. Sie soll den Einschluss hoch radioaktiver Abfälle ermöglichen. Zu den Gebieten gehören deshalb auch Städte, erklärt das BGE.
Planungsrechtliche Kriterien wie zum Beispiel Wohnbebauung, Trinkwasservorkommen, Kulturdenkmäler oder Naturschutzgebiete können in dem Fall als zusätzliche Auswahlkriterien dann infrage kommen, wenn zwei oder mehrere Gebiete geologisch gleichwertig sind.
Könnte ein Endlager im Stadtkern von Buxtehude liegen?
Das ist nicht ausgeschlossen. Das Endlager läge tief unter der Erde. Dazu gehörten zusätzlich oberirdische Strukturen, zum Beispiel eine Lagerhalle, Bergwerkgebäude oder ein Schacht. „Diese können aber auch einige Kilometer von dem unterirdischen Endlager entfernt liegen“, antwortete das BGE dem TAGEBLATT. Für das Endlager und dazugehörige Gebäude würden die gleichen rechtlichen Genehmigungskriterien gelten wie für andere Industrieanlagen.
Lagert bereits Atommüll im Kreis Stade?
Schwach radioaktive und mittel radioaktive Abfälle befinden sich in dem Abfall-Zwischenlager Stade (AZS), das auf den Rückbau des Atomkraftwerks Stade zurückgeht. Es ist seit 2007 in Betrieb. Die Stilllegung ist im Juli 2047 vorgesehen. Betreiber ist die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung, die zu 100 Prozent im Besitz des Bundes ist.
Etwa 27.000 Kubikmeter hoch radioaktive Abfälle aus deutschen Atomkraftwerken befinden sich in insgesamt 16 Zwischenlagern. Ein Problem: Genehmigungen für Zwischenlager laufen ab 2034 nach und nach aus - lange also, bevor ein Endlager-Standort gefunden ist.