T26-Jähriger vor Gericht: Eine Biografie des Scheiterns in Deutschland

Zwei Männer brachen am 29. Oktober 2020 in ein Eigenheim in Buxtehude ein. Ein Beteiligter musste sich jetzt vor dem Schöffengericht verantworten. (Symbolbild) Foto: dpa
Vordergründig geht es nur um einen Einbruch in ein Einfamilienhaus, der vor dem Amtsgericht Buxtehude verhandelt wurde. Dahinter steckt jedoch eine tragische Geschichte.
Buxtehude. Mehrere Uhren, eine Damen-Handtasche und ein Smartphone der Marke Apple: Beute im Wert von rund 2200 Euro haben zwei Männer am 29. Oktober 2020 bei einem Einbruch in ein Einfamilienhaus in der Kellerkuhle in Buxtehude gemacht.
Fast fünf Jahre später musste sich einer der Beteiligten vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Buxtehude verantworten. Das Gericht hat den 26 Jahre alten Serben zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt - ausgesetzt zur Bewährung. Die Dauer der Bewährungszeit: vier Jahre.
Angeklagter fiel seit fünf Jahren nicht mehr auf
Sein Geständnis half dem Angeklagten. Das Gericht habe ihm vor allem eine letzte Chance zubilligen können, weil er seit der Tat vor knapp fünf Jahren strafrechtlich nicht mehr aufgefallen sei - national wie international.
Im Gefängnis gesessen wegen seiner Tat hat der Angeklagte trotzdem: Seit März verbrachte er in Deutschland seine Zeit in Untersuchungshaft. Zuvor hatte er einige Jahre in Frankreich gelebt. Wegen des Wohnungseinbruchs und Diebstahls in Buxtehude wurde der Angeklagte per europäischem Haftbefehl gesucht und schließlich Anfang 2025 in Frankreich verhaftet.
Kamera filmt den Einbrecher bei der Tat
Bei dem besagten Wohnungseinbruch in Buxtehude wurde der Angeklagte von einer hochauflösenden Kamera gefilmt; er sei zweifelsfrei zu erkennen gewesen. Deshalb konnte ihn die Polizei nach einem Abgleich mit Daten aus erkennungsdienstlichen Behandlungen identifizieren.
Der Angeklagte war der Polizei bereits bekannt. Denn am 8. Juli 2020 hatte ihn das Landgericht Stade zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt - wegen schweren Einbruchdiebstahls. Das Urteil sei aber noch nicht rechtskräftig gewesen. Davon offenbar unbeeindruckt beging der junge Mann dreieinhalb Monate später den Einbruchdiebstahl in Buxtehude.
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Der Angeklagte spricht nur wenig Deutsch. Vor dem Schöffengericht äußerte sich meist sein Strafverteidiger Dr. Florian Melloh für ihn. Untereinander sprächen sie auf Italienisch, erklärte der Pflichtverteidiger. In einem Rechtsgespräch unmittelbar vor Prozessbeginn hätten der Angeklagte und der Verteidiger zugestimmt, ohne Dolmetscher zu verhandeln.
Wichtig bei der Urteilsfindung soll auch die ernsthaft geäußerte Absicht des Angeklagten gewesen sein, dass er Deutschland verlassen und wieder nach Serbien zurückkehren wolle.
Der Angeklagte sagte vor Gericht in brüchigem Deutsch, seine Familie lebe mal in Serbien und mal in Italien. Mit Zeichensprache deutete er an, sie würden zwischen diesen Ländern wechseln.
Eine Biografie des Scheiterns
Das Leben des Angeklagten in Deutschland kommt einer Biografie des Scheiterns gleich: Seine frühere Lebenspartnerin, mit der er drei Kinder habe, lebe in Deutschland getrennt von ihm. Eine Berufsausbildung habe er nicht. Mit Aushilfstätigkeiten habe er sich über Wasser gehalten, zum Beispiel mit Jobs auf Baustellen. „Er hat Arbeit gesucht. Aber in Deutschland zu leben, ist nicht so einfach“, sagte sein Verteidiger.
Dem Vorsitzenden Richter Marcus Aping ist bewusst, dass manche in diesem Fall eine Bewährungsstrafe als zu mild empfinden könnten. Das äußerte er auch im Gerichtssaal.
Sechs Monate in Untersuchungshaft
Was das Gericht aber abzuwägen hatte: Muss ein Mann, der vor fünf Jahren, als er noch unter das Jugendstrafrecht fiel, zuletzt strafrechtlich auffiel und wegen der Tat bereits sechs Monate in Untersuchungshaft saß, unbedingt einige Monate zusätzlich im Gefängnis sitzen?
Nach Ansicht des Schöffengerichts gab das Strafgesetzbuch noch eine Bewährungsstrafe her. „Gehen Sie nach Serbien. In Deutschland haben Sie kein Glück gehabt“, sagte der Vorsitzende Richter zu dem Angeklagten. Begehe er noch eine Straftat, müsse er dann mindestens zweieinhalb Jahre ins Gefängnis.
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