TA20-Elbtunnel: Darum klagt der Wischhafener Fährbetreiber vor dem Bundesgericht

Ein Elbtunnel für die A20: In diesem Jahrzehnt dürfte es mit den Arbeiten nichts mehr werden. Foto: Carsten Rehder/dpa
Mit Spannung wird an diesem Dienstag nach Leipzig geblickt. Dort wird eine Klage des Elbfähre-Betreibers FRS gegen den geplanten A20-Elbtunnel von Glückstadt in den Landkreis Stade verhandelt. Worum es der Reederei im Kern geht.
Leipzig/Wischhafen. Die Frage „A20 oder Fähre?“ prägt die Verkehrssituation in der Region. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt an diesem Dienstag (9 Uhr) erneut über den Bau der Autobahn A20 und den geplanten Elbtunnel bei Glückstadt (Kreis Steinburg/Schleswig-Holstein). Dabei geht es um eine Klage des Betreibers der Elbfähre zwischen Wischhafen und Glückstadt. Die Klage der FRS Elbfähre richtet sich gegen die Anfang 2023 erlassene Neufassung des Planfeststellungsbeschlusses für den schleswig-holsteinischen Teil des Tunnels.
Im Falle des Baus der Elbquerung werde die Fährverbindung laut einem Gutachten nicht mehr wirtschaftlich sein und eingestellt werden müssen, argumentiert der Betreiber FRS. Mit der Klage sollen vor allem Schadensersatzansprüche gesichert werden.
„Was die Elbfähre benötigt, ist Unterstützung aus der Landespolitik, um Planungssicherheit zu erlangen“, hatte Tim Kunstmann, Geschäftsführer der FRS Elbfähre Glückstadt Wischhafen GmbH, im TAGEBLATT gefordert. Wegen des nicht kalkulierbaren Fertigstellungstermins des A20-Elbtunnels gibt es für die Reederei keine Planungssicherheit, wie lange mit einer hohen Nachfrage an der Fährlinie gerechnet werden kann.

Die Elbfähren von Wischhafen nach Glückstadt könnten modernisiert werden. Foto: Thomas Sulzyc
Bundesverwaltungsgericht verhandelt über geplanten A20-Elbtunnel
Ob das Bundesgericht am Dienstag eine Entscheidung verkünden wird, konnte eine Gerichtssprecherin auf Nachfrage vorab nicht sagen. Ursprünglich sollten am Dienstag auch die Klagen dreier Umweltverbände verhandelt werden. Das Leipziger Gericht hob den Termin hinsichtlich dieser Klagen jedoch auf.
Seit mehr als zehn Jahren endet die aus Mecklenburg-Vorpommern kommende Küstenautobahn A20 östlich von Bad Segeberg im Norden. Sie soll als sogenannte Nord-West-Umfahrung Hamburgs bis zur A26 in Niedersachsen weitergeführt werden. Bei Drochtersen ist das Autobahnkreuz Kehdingen geplant.
Zwar verbreitet Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen (CDU) Optimismus, dass es bald weitergeht, doch sicher ist das nicht. Für keinen einzigen der sechs Abschnitte bis zur Elbe gibt es nach Deges-Angaben vollziehbares Baurecht. Umweltverbände klagen. In Bad Segeberg geht es seit mehr als einem Jahrzehnt um den Schutz von Fledermäusen.
A20: Wie der Elbtunnel bis in den Landkreis Stade aussehen soll
Für den Elbtunnel selbst gibt es einen Planfeststellungsbeschluss, gebaut werden kann jedoch trotzdem nicht sofort: „Dieser Planungsabschnitt hat keine eigene verkehrliche Wirkung, deshalb ist der Baubeginn an der Elbe mit bestandskräftigem Baurecht für das Kreuz Kehdingen auf niedersächsischer Seite und dem Abschnitt 7, der bis zur A23 reichen wird, verklammert“, erläuterte kürzlich Nord-Bereichsleiter der Deges, Stefan Haß.
Dieses Baurecht gelte es abzuwarten, der Bau der letzten Abschnitte vor dem neuen Elbtunnel könne frühestens 2025 beginnen. Der Tunnelbau selbst soll sechs bis sieben Jahre dauern.
Geplant ist ein Bohrtunnel. „Wir bohren zweimal von Schleswig-Holstein nach Niedersachsen. Der ganze Abraum kommt hier an.“ Es wird mit drei Millionen Kubikmetern gerechnet.
A20-Elbtunnel wird Milliarden Euro kosten
Laut Bundesverkehrsministerium kostet der Weiterbau nach derzeitigem Stand voraussichtlich rund 2,6 Milliarden Euro. Allein der Elbtunnel ist aktuell mit gut 1,5 Milliarden Euro veranschlagt. Doch selbst diese Kosten werden nicht ausreichen. „In der Bauwirtschaft allgemein gibt es derzeit aber Preisexplosionen, die in den Kostenschätzungen noch nicht enthalten ist“, sagt Autobahnplaner Haß.
Umweltschützer gehen dagegen von Kosten von jenseits der 6 Milliarden Euro aus. Ihre Schlussfolgerung: Billiger wäre es, den Fährbetrieb zwischen Glückstadt und Wischhafen auszubauen. Bereits mit 50 Millionen Euro an Subventionen sei eine deutlich höhere Taktung möglich. Dadurch ließe sich die Fahrtzeit um eine Viertelstunde sowie bisherige Wartezeiten verringern.
Die Reederei FRS setzt dafür auf moderne, emissionsfreie Elektrofähren. Um bis zu 600 Prozent und auf 45.000 Fahrzeuge täglich könnte die Kapazität über neue Fähren, ertüchtige Fähranleger und bessere Zufahrten steigen.
A20-Protest: Autobahn-Planer kämpfen gegen Widerstand
Die A20 zerschneide die Landschaft und führe geradewegs durch das Naturschutzgebiet Travetal, sagte Ole Eggers, Landesgeschäftsführer des Naturschutzverbandes BUND. „Im Zuge des Klimawandels gibt es erhebliche Migrationsbewegungen verschiedenster Organismengruppen, die von Norden nach Süden ausweichen. Wenn sie die A24 und A1 überwunden haben, werden sie ein weiteres Mal von der A20 gestoppt.“

Auch im Landkreis Stade, wie hier in Burweg im Jahr 2021, gibt es Proteste gegen die Küstenautobahn A20. Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa
Stand jetzt wird es rund um Bad Segeberg und im Travetal 38 Bauwerke vor allem für Fledermäuse, aber auch andere Tierarten geben, darunter acht Tunnel und fünf Brücken. „Wegen unserer Planung stirbt keine Fledermaus“, sagte Deges-Mann Haß.
Aus Sicht der Deges ist der Widerstand gegen Autobahn-Projekte im Norden ein stückweit ausgeprägter als in anderen Regionen. „Das Grundproblem der A20 ist, dass vor allem der Bund und der Nabu ihr Verbandsklagerecht dafür nutzen, Fundamentalopposition zu betreiben“, sagte Haß. Es habe diverse Gesprächsangebote gegeben. (dpa/st)