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Flugzeugbau

Airbus: Produktion dieser Jets wird deutlich hochgefahren

Ein Airbus A321XLR in Finkenwerder. Der neue Flugzeugtyp soll weiter ausgebaut werden.

Ein Airbus A321XLR in Finkenwerder. Der neue Flugzeugtyp soll weiter ausgebaut werden. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

7992 neue Maschinen stehen in den Auftragsbüchern des Flugzeugbauers - mehr als das Zehnfache der derzeitigen Jahresproduktion. Airbus-Chef Faury gibt für 2024 ehrgeizige Ziele für alle Werke vor.

Von Redaktion Mittwoch, 08.11.2023, 21:00 Uhr

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Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus will im nächsten Jahr trotz Problemen bei Zulieferern deutlich mehr Jets fertigstellen als 2023. „Wir fahren die Produktion der A320neo und der A220 weiter hoch“, sagte Vorstandschef Guillaume Faury am Mittwochabend anlässlich der Zwischenbilanz zum dritten Quartal. Nach der für das laufende Jahr geplanten Auslieferung von rund 720 Verkehrsflugzeugen werde die Zahl 2024 „signifikant“ höher liegen, sagte der Manager in einer Telefonkonferenz mit Journalisten. Auf ein genaueres Ziel will sich Faury erst Anfang kommenden Jahres festlegen.

Derzeit verhandelt Airbus dem Manager zufolge noch mit wichtigen Zulieferern wie den Triebwerksherstellern Pratt & Whitney und CFM. Die RTX-Tochter Pratt & Whitney hat gerade hunderte Airbus-Jets wegen eines Materialfehlers in den Turbinen recht kurzfristig in die Werkstätten zurückgerufen. Davon betroffen ist auch Pratt & Whitneys deutscher Partner MTU aus München.

Im laufenden Jahr dürften die Probleme die Flugzeugproduktion aus Sicht der Airbus-Führung zwar kaum belasten. Faury will aber sicherstellen, dass Pratt & Whitney trotz des Zusatzaufwands im Wartungsgeschäft auch im kommenden Jahr so viele neue Antriebe liefern kann wie erhofft.

Airbus will Flugzeugproduktion 2024 deutlich steigern

Nach dem Geschäftseinbruch während der Corona-Krise kann Airbus den hohen Bedarf nach neuen Flugzeugen ohnehin kaum bewältigen. Allein in den ersten neun Monaten des Jahres holte der Hersteller Bestellungen über 1241 neue Passagier- und Frachtjets herein. Stornierungen sind dabei schon abgezogen. Ende September lag Airbus‘ Auftragsbestand bei 7992 Maschinen - mehr als das Zehnfache der derzeitigen Jahresproduktion.

Guillaume Faury, Airbus-Vorstandschef.

Guillaume Faury, Airbus-Vorstandschef. Foto: Frederic Scheiber/AP/dpa

Vor allem Jets aus der Mittelstrecken-Modellfamilie A320neo sind gefragt: Airbus errichtet deshalb bereits neue Endmontagelinien. Bis zum Jahr 2026 soll die Produktion der A320neo-Familie auf 75 Maschinen pro Monat wachsen. Zu der Reihe gehört auch der neue Airbus A321XLR - der erste richtige Langstreckenjet mit dem schmalen Rumpf eines Mittelstreckenjets. Faury will das erste Exemplar weiterhin spätestens Mitte 2024 ausliefern.

Konkurrent Boeing aus den USA hat nichts Vergleichbares im Programm und muss an seinem krisengebeutelten Mittelstreckenjet-Modell 737 Max zurzeit auch noch Produktionsfehler beheben.

Auch die Nachfrage nach größeren Flugzeugen für die Langstrecke zieht wieder an: Airbus will deshalb ab dem Jahr 2026 nun monatlich 10 Großraumjets vom Typ A350 fertigstellen. Bisher hatte sich das Management für Ende 2025 monatlich 9 Maschinen zum Ziel gesetzt.

Airbus hält trotz hoher Extrakosten an Jahreszielen fest

Faury zeigte keine Zweifel, dass Airbus in diesem Jahr tatsächlich 720 Verkehrsflugzeuge an seine Kunden übergeben kann. Nach den ersten zehn Monaten mit 559 ausgelieferten Jets stünden im November und Dezember insgesamt noch 161 Maschinen aus, sagte er.

Im dritten Quartal trübten jedoch gestiegene Kosten für die Entwicklung neuer Satelliten die Gewinnentwicklung im Konzern. Während das Geschäft mit Verkehrsflugzeugen mehr abwarf als ein Jahr zuvor, sackte die Rüstungs- und Raumfahrtsparte sogar in die roten Zahlen. Dennoch sieht Faury den Hersteller auf Kurs, in diesem Jahr wie geplant einen um Sonderposten bereinigten operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von rund sechs Milliarden Euro zu erzielen.

Im dritten Quartal steigerte Airbus seinen Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwölf Prozent auf 14,9 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn legte sogar um 21 Prozent auf gut eine Milliarde Euro zu. Denn die gestiegenen Kosten für die Satellitenentwicklung belasteten das Ergebnis mit rund 300 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente Airbus mit 806 Millionen Euro ebenfalls 21 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Milliardenschwerer Großauftrag für Airbus kommt aus Taiwan

Die taiwanische Fluggesellschaft Eva Air beschert Airbus einen Großauftrag. Das Unternehmen bestellt 18 Exemplare des Langstreckenjets A350-1000 und 15 Mittelstreckenjets vom Typ A321neo, wie es am Dienstag mitteilte. Der Auftrag hat nach Listenpreisen einen Gesamtwert von 10,1 Milliarden Dollar (9,4 Mrd Euro). Bei großen Flugzeugbestellungen sind hohe Rabatte üblich.

Die A350-Jets sollen bei Eva Air Boeing-Maschinen vom Typ 777-300ER ersetzen, von denen die Gesellschaft 34 in ihrer Flotte hat. Einige Exemplare sind fast 20 Jahre alt. Umgekehrt ist die Gesellschaft dabei, ältere Airbus A330 durch neue Boeing 787 zu ersetzen.

IG Metall fordert Luftwaffen-Aufträge für die deutsche Industrie

Die IG Metall hat die deutsche Rüstungspolitik kritisiert. Mit dem Kauf von Kampfflugzeugen und Hubschraubern in den USA „droht der militärischen Luftfahrtindustrie in Deutschland der Absturz“, sagte der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Jürgen Kerner, am Dienstag bei einem Aktionstag bei Airbus in Taufkirchen bei München. Das würde auch den zivilen Flugzeugbau schwächen, „mit massiv negativen Konsequenzen für Technologieentwicklung und die heute über 100 000 hochqualifizierten Arbeitsplätze“. Deshalb fordere die Gewerkschaft die Weiterentwicklung des Eurofighters und des Kampfhubschraubers Tiger.

Die Bundesregierung hatte ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Modernisierung der Bundeswehr aufgelegt, davon 40 Milliarden für die Luftwaffe. Aber das Steuergeld gehe in die USA: Bei Lockheed Martin habe die Regierung 35 Kampfflugzeuge vom Typ F-35 bestellt, weitere Beschaffungen stünden im Raum. „Ob aber der Eurofighter weiterentwickelt wird, das steht in den Sternen“, sagte Kerner. Dem europäischen Hubschrauber Tiger drohe in Deutschland die Ausmusterung. Der neue Transporthubschrauber werde bei Boeing gekauft, der Kauf des US-Kampfhubschraubers Apache sei bereits ins Spiel gebracht worden.

Obendrein habe es die Bundesregierung versäumt, die deutsche Luftfahrtindustrie in die Fertigung von Bauteilen, die Weiterentwicklung und die Wartung der US-Maschinen einzubinden. Andere Staaten dagegen knüpften Großbeschaffungen regelmäßig an Verpflichtungen, um Produktion und Arbeitsplätze im eigenen Land abzusichern, sagte der Münchner IG-Metall-Geschäftsführer Daniele Frijia.

Ohne neuen Eurofighter-Auftrag gerate auch das deutsch-französisch-spanische Luftkampfsystem FCAS in Gefahr, das ab 2040 Europas Luftverteidigung maßgeblich stärken soll. „Denn wenn Deutschland mit FCAS weiterkommen will, muss die Regierung heute in Brückentechnologien wie die Weiterentwicklung des Eurofighters investieren“, sagte Kerner. (dpa)

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