TAls würde sie Bergsteigen: So bewältigt ein BSV-Neuzugang ihre Verletzung

Carina Senel muss ihren Teamkolleginnen beim Handballspielen zusehen, kann meist nur individuell trainieren. Den Spaß scheint sie trotz Kreuzbandrisses nicht zu verlieren. Foto: Jan Iso Jürgens
Carina Senel ist neu beim BSV. Sie kam nach Buxtehude, um Bundesliga zu spielen - doch ein Kreuzbandriss wirft sie noch lange zurück, aber nicht mental.
Buxtehude. Sie hat rund ein Drittel vom Berg geschafft. Der Gipfel liegt aber noch in der Ferne. Der Anstieg zum Berggipfel beschreibt den Weg, den BSV-Neuzugang Carina Senel derzeit beschreitet. Am 26. April riss im Heimspiel ihres Ex-Vereins HSV Solingen-Gräfräth 76 gegen Werder Bremen ihr Kreuzband.
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BSV-Trainer Dirk Leun sagt: „Carina muss in Etappen denken und nicht ständig an den Gipfel - wie beim Bergsteigen.“ Geduld ist das Gebot der Stunde.
So geht es Senel in ihrem Reha-Prozess
Im Trainingslager in Ringkøbing (Dänemark) machte die 28-Jährige Krafttraining, wenn die anderen Handball spielten. Oder sie führte dort Statistik und filmte Trainingseindrücke für Instagram. Oberkörpertraining absolvierte sie mit der Mannschaft.
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Neun bis zwölf Monate muss die Kreisläuferin pausieren, so die Diagnose der Ärzte. „Ich fühle mich soweit gut“, sagt Senel, die ihr Knie schon mit Sprungtraining, mit Landung und Abfedern belasten kann. Ein Comeback wäre aber wohl erst 2026 denkbar.
„Die erste Zeit war sehr schwierig. Mit dem Umzug, und aus dem gewohnten Umfeld herausgerissen zu werden, war es eine mentale Herausforderung“, sagt Senel. Mittlerweile habe sie aber nicht mehr jeden Tag „daran zu knabbern“.

BSV-Trainer Dirk Leun kann mit drei Kreisläuferinnen für die Saison planen, in Saisonhälfte eins aber nur mit zwei. Foto: Jan Iso Jürgens
Dass Senel - mit Larissa Kroepel und Jolina Huhnstock eine von Leuns drei Kreisläuferinnen - ihre schwere Verletzung mit positiven Gedanken verarbeitet, sei dem Trainer vorher klar gewesen. Leun sagt: „Ich habe Carina als positiv und guten Charakter, als fokussiert und reflektiert wahrgenommen.“
BSV will Einheit und ehrlich sein
„Sie brennt schon darauf, den Ball wieder in die Hand zu nehmen“, sagt der Coach. Gesprächsthemen unter Senel und Leun waren auch Taktik und das „Wertesystem“ in der Mannschaft.
Senel und der Mannschaft sei es wichtig, als Einheit aufzutreten. Das ist die BSV-Mentalität, die Leun zum Saisonauftakt beschwor. Ein Wert, der dem Team auch wichtig ist: Ehrlichkeit. Dem anderen die Meinung ins Gesicht sagen, auch wenn es mal nichts Schönes ist, so Senel, die für Leun eine „Top-Mannschaftsspielerin“ ist.
Einen Kopf mache sie sich nicht, dass sie mindestens die halbe Saison verpasst und Konkurrentinnen die Nase auf ihrer Position vorne haben könnten. „Ich weiß, dass ich in einer neuen Mannschaft bin und sowieso erst mal ankommen muss, egal ob ich verletzt bin“, sagt Senel.
Leun sagt dazu: „Was dann ist, spielt noch keine Rolle.“ Für Senel wie für alle anderen Spielerinnen zähle: Wer Leistung bringt, spielt. „Ich versuche, mich da selbst zu beruhigen. Aber Dirk hat mir ein gutes Gefühl gegeben“, sagt Senel.
Senel erinnert sich an Bundesliga-Duelle gegen den BSV
Carina Senel war von 2019 bis zum Sommer Spielerin bei Solingen-Gräfräth und führte ihr Team zuletzt als Kapitänin auf die Platte. Sie entschied sich im Sommer mit 28 Jahren spät für den Karriereschritt Buxtehude. Sie hat einen Zweijahresvertrag.
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2023/24 spielte sie mit ihrem Ex-Verein ein Jahr Bundesliga. In dem Jahr habe sie „endgültig gemerkt“, dass sie noch einmal in der Bundesliga spielen will. Die Bundesliga-Chance sah sie bei Solingen-Gräfräth nicht, die nach nur einem Jahr wieder abstiegen.

Senel wird ihr erstes Halbjahr beim BSV als Zuschauerin verfolgen müssen. Foto: Lars Breitzke (nomo)
An das Hinrundenduell gegen viele ihrer heutigen Mannschaftskolleginnen erinnert sich Senel noch: „Da wurden wir überrumpelt von einer aggressiven Abwehr und konnten unser Angriffsspiel gar nicht aufziehen.“ Mit einem 22:33 im Gepäck fuhr Solingen-Gräfräth aus Buxtehude nach Hause. Das zweite Duell endete 24:24.
Von der Millionenstadt in die Kleinstadt
26-mal größer ist ihr alter Wohnort Köln als ihr neuer Buxtehude. Senels Freund wohnt noch in der Domstadt. „Dadurch, dass Buxtehude nicht so groß ist, fühlt man sich schneller wohl“, sagt Senel. Erst seit der Rückkehr aus dem Trainingslager hat sie Zeit, sich mehr einzuleben und von Buxtehude zu sehen als den BSV, die alte und neue Halle Nord.
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Senel, die gerne Ski fährt und wandert, schloss ein Studium der Ernährungswissenschaften ab und arbeitete vor ihrem Wechsel an der Deutschen Sporthochschule in Köln als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Ihre Aufgabe: Sportler beraten, wie man sich am besten ernährt. Mit dem Verein wechselte auch ihr Job. Sie arbeitet für die Elbe-Obst-Fruchtverarbeitung in Horneburg, übernimmt Aufgaben im Büro und testet die Obstqualität.
Am Samstag, 30. August, beginnt die Saison für den BSV mit einem schwierigen Auswärtsspiel bei Blomberg-Lippe (17 Uhr). Die HSG verlor gerade den Supercup vor der Rekordkullise von 10.298 Fans in München gegen den Thüringer HC mit 30:31.
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