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Diakonie-Geschäftsführer

TAmbulante Pflege: Viele werden den Rotstift ansetzen müssen

Wer einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nimmt, muss künftig mehr bezahlen.

Wer einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch nimmt, muss künftig mehr bezahlen. Foto: Christian Charisius

Die Pflege wird deutlich teurer, dazu der Personalmangel: Nach den Seniorenheimen fürchten auch viele Pflegedienste ums Aus. Zahlen sollen jetzt den Betroffenen.

Von Jakob Brandt Sonntag, 07.04.2024, 07:00 Uhr

Bremervörde. Für Heiko Meier, Geschäftsführer der Diakoniestation des Kirchenkreises Bremervörde-Zeven, ist die Sache klar: Sollen Kürzungen in der Pflege vermieden werden, müsste das Pflegegeld im selben Verhältnis steigen wie die gestiegenen Pflegekosten. Doch danach sieht es nicht aus. „Die Krankenkassen sperren sich mit Händen und Füßen, bestimmte Kosten zu übernehmen“, sagt Meier.

Kostentreiber sind neben Energie und Nahrungsmittel primär die gestiegenen Lohnkosten. Pflegefachkräfte und Pflegehelferinnen erhalten nach dem neuen Tarifvertrag deutlich mehr Geld, was Meier ausdrücklich befürwortet: „Das stärkt unsere Attraktivität als Arbeitgeber, aber auch insgesamt die Attraktivität der Pflegeberufe“, so der 49-Jährige. Allerdings treibt es die Kosten für die ambulanten Pflegedienste und Tagespflegen in die Höhe.

Die Diakoniestation des Kirchenkreises Bremervörde-Zeven ist Träger eines ambulanten Pflegedienstes und betreibt vier Tagespflegen: in Heeslingen, Selsingen, Sittensen und Gnarrenburg. Daneben gibt es in der Region um Zeven eine Reihe weiterer Pflegedienste und Tagespflegen, zum Teil auch in privater Hand. Sie alle kämpfen mit den gleichen Problemen.

„Das Pflegegeld muss steigen“, sagt Heiko Meier, Geschäftsführer der Diakoniestation des Kirchenkreises Bremervörde-Zeven.

„Das Pflegegeld muss steigen“, sagt Heiko Meier, Geschäftsführer der Diakoniestation des Kirchenkreises Bremervörde-Zeven. Foto: Brandt

Pflege wird deutlich teurer

Für alle ist die aktuelle Situation herausfordernd, zumal die Kassen die Steigerungen im Tarifvertrag nicht 1:1 refinanzieren, was Meier bedauert. Folge: Die Pflege wird deutlich teurer für die Pflegebedürftigen. Aber wer soll es bezahlen, woher soll das zusätzlich benötigte Geld kommen? Im vergangenen Jahr sind die Beiträge zur Pflegeversicherung angehoben worden und sollen 2025 um weitere 0,2 Prozent steigen. Für die Sozialversicherung sollen sie um 0,5 Prozent steigen. „Ich frage mich allerdings, ob das reicht“, so Meier.

Der 49-Jährige glaubt nicht, dass der Staat einspringt. Angesichts der angespannten Haushaltslage werde er dem Wunsch nach höheren Sozialleistungen vermutlich nicht nachkommen können. Also bleiben letztlich nur die Pflegebedürftigen beziehungsweise deren Angehörige, die für die Pflege tiefer in die Tasche greifen müssen oder weniger Leistungen in Anspruch nehmen: „Viele werden sich überlegen, ob sie sich dieses oder jenes noch leisten können.“

Pflegegeld wird oft zweckentfremdet

Eine fatale Entwicklung, wie Meier findet, denn: Pflegegeld werde „in nicht unerheblichem Umfang“ benötigt, um gestiegene Kosten in anderen Lebensbereichen zu kompensieren. „Leider auch zulasten der Pflegebedürftigen.“

Laut Meier werden die Tagespflegen ihre Preise vermutlich um zehn Prozent und mehr anheben, bei den ambulanten Pflegediensten stehe ein Verhandlungsergebnis noch aus. Von der Politik fordert Meier mehr Courage: „Den politisch Verantwortlichen fehlt meiner Einschätzung nach der Mut, der Bevölkerung noch deutlicher zu erklären, dass Pflege zukünftig deutlich teuer wird.“

Personalproblem kaum lösbar

Die Pflege leidet seit Jahren wie fast alle Branchen unter einem Personalproblem. „Das wird uns weiter begleiten und sich verschärfen“, sagt Meier. „So sehe ich das. Mitarbeiter in der Pflege sind ein sehr knappes Gut.“ Eine attraktive Bezahlung und gute Arbeitsatmosphäre, mehr Lösungsansätze sehe er nicht. Der Einsatz moderner Technik, zum Beispiel durch Roboter, werde sich in der ambulanten Pflege vermutlich sehr in Grenzen halten.

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