TAngsträume: Wie Stader Politiker die Stadt sicherer machen wollen

Der Pferdemarkt in der Stader Innenstadt: Bei vielen löst er Unsicherheit aus, besonders nach Einbruch der Dunkelheit. Foto: Richter
Drei Morde im Clan-Milieu binnen zwei Jahren, der Pferdemarkt als Angstraum: Das beschäftigt die Stader Politik. Jetzt gibt es dazu zwei Anträge und verschiedene Lösungsansätze.
Stade. Es gibt keine Hotspots der Clan-Kriminalität in Niedersachsen, sagt Innenministerin Daniela Behrens. Trotzdem ist nicht zu leugnen, dass in Stade innerhalb von zwei Jahren drei Menschen getötet wurden und die Polizei diese Taten dem Clanmilieu zuordnet.
Hinzu kommt, dass viele Menschen sich auch auf dem zentralen Platz der Stadt, dem Pferdemarkt, nicht sicher fühlen - obwohl es sich laut Polizeistatistik auch dort nicht um einen Kriminalitätshotspot handelt.
Hansestadt Stade soll sechs Vollzugsbeamte einstellen
Die Stader SPD hat darauf reagiert, indem sie vor zwei Jahren Anwohner und Geschäftsleute zum Gespräch an einen Tisch holte und das seither verfolgt, um Maßnahmen für ein besseres Zusammenleben in der Stadt zu entwickeln.
Stader Innenstadt
T Angstraum Pferdemarkt: Was ist dran an der gefühlten Unsicherheit?
Dazu haben die Sozialdemokraten jetzt gemeinsam mit der CDU/WG-Gruppe einen Antrag gestellt. Zusätzlich wagen die CDU/WG-Gruppe und die FDP/UBLS-Gruppe gemeinsam jetzt einen Vorstoß, der für Diskussionen sorgen dürfte: Sie wollen einen städtischen Ordnungsdienst einrichten und dafür sechs Vollzugsbeamten-Stellen schaffen. Voraussichtliche Kosten: 450.000 Euro pro Jahr.

Sie wollen städtische Volltzugsbeamte einstellen: Sven Feldtmann (FDP), Arne Kramer, Melanie Reinecke und Daniel Friedl (alle CDU). Foto: Richter
„Wir wollen uns die Stadt ein Stück weit zurückholen“, sagt Arne Kramer, Ratsherr und Vorsitzender der CDU Stade, der den gemeinsamen Antrag für die CDU/WG-Gruppe und die FDP/UBLS-Gruppe gestellt hat. Dabei gehe es auch um die Deutungshoheit: Statistische Sicherheitslage und die Wahrnehmung der Menschen stimmen nicht überein. Das Sicherheitsgefühl der Menschen sei aber wichtig und auch ein wesentlicher Einflussfaktor für die örtliche Wirtschaft, insbesondere für den Tourismus.
Ordnungskräfte mit Schutzweste und Handschellen
Der neue Ordnungsdienst würde aus Verwaltungsvollzugsbeamten bestehen, die für ihre Aufgabe geschult und ausgerüstet sind. Gut erkennbar würden sie in der Stadt, insbesondere am Bahnhof, vor allem in den Abendstunden Streife gehen, ausgestattet mit Schutzweste, Funktionskleidung, Handschellen, Funkgerät sowie Rettungs- und Mehrzweckstöcken. Auch der Einsatz von Hunden solle erwogen werden.
Diese städtischen Ordnungskräfte möchten die Antragsteller ausdrücklich nicht als Kritik an der Polizei verstanden wissen. Die Beamten, die genug Aufgaben hätten, sollen sie nicht ersetzen, sondern entlasten.
City-Belebung
T Kriminalität und Leerstand: Wo es in der Stader Innenstadt hakt
„Wenn Präsenz gezeigt wird, hat das Wirkung“, sagt Sven Feldtmann (FDP). Abends in der Stadt sichtbar zu sein, würde eine Lücke füllen. Die Bürger im Dienst sollen wie bisher weitermachen, sagt Kramer: „Die machen ihre Sache sehr gut. Wir wollen mehr Sicherheit, nicht weniger.“
Die Aufgabe, in der Stadt für Sicherheit zu sorgen, sei eigentlich in erster Linie eine kommunale Aufgabe und erst bei Gefahr in Verzug eine der Polizei, erklärt Kramer: „Wir können uns diese Aufgabe als Kommune zurückholen.“ In anderen Städten gebe es solche Ordnungskräfte. Die haben einige Kompetenzen und dürfen zum Beispiel auch Platzverweise erteilen, Leute vom Platz tragen oder in Gewahrsam nehmen.
Ordnungsdienst soll über neue Bettensteuer finanziert werden
Und woher soll das Geld für die sechs Ordnungskräfte kommen? Die CDU will das über eine Bettensteuer finanzieren. Deren Einführung steht in Stade gerade zur Debatte und soll circa 600.000 Euro im Jahr einbringen. „Mehr Sicherheit hilft allen, auch dem Tourismus.
Aber ob das allein aus der Bettensteuer finanziert werden muss, wäre zu überdenken“, sagt der Dehoga-Vorsitzende Lutz Feldtmann. Beraten - und sicherlich auch diskutiert - wird darüber am Donnerstag, 26. September, in der öffentlichen Finanzausschuss-Sitzung ab 18 Uhr im Ratsaal.
Der Antrag zur Einrichtung des Ordnungsdienstes steht erst im November zur Beratung an. Dann wird auch über einen Antrag gesprochen werden, den Kai Koeser für die SPD-Fraktion und Arne Kramer für die CDU-Fraktion gemeinsam zeichnen: Die Gründung des Forums Pferdemarkt.
Forum Pferdemarkt: Gemeinsam Maßnahmen entwickeln
Dieses Format soll dazu beitragen, dass der zentrale Platz in der Altstadt wieder „ein Platz für alle“ wird, heißt es im Antrag. Alle, die ein berechtigtes Interesse daran haben, sollen in verschiedenen offenen Gesprächsrunden zusammenkommen, um Maßnahmen zu entwickeln: Anwohner, Einzelhändler, Gastronomen, Vertreter von Stadtverwaltung, Polizei, Gewerbe, sozialen Trägern und Institutionen. Auch interessierte Bürger sollen sich beteiligen dürfen.

Am Pferdemarkt im Gespräch: Sigrid Koppelmann von der SPD und Vertreter der muslimischen Ahmadiyya-Reformgemeinde. Foto: SPD Stade
Zuletzt hatte die SPD am vergangenen Wochenende am Pferdemarkt dazu eingeladen, über das Thema Sicherheit ins Gespräch zu kommen. Neben Passanten hatte die SPD gezielt Multiplikatoren und Vereine eingeladen, darunter den Imam der Moschee in der Wallstraße, der eine zukünftige Kooperation zugesagt hat. Die Leitung des Forums Pferdemarkt soll eine Doppelspitze aus einem Vertreter der SPD-Fraktion und einem Vertreter der CDU/WG-Gruppe übernehmen. Die Doppelspitze soll auch geeignete Formate und Methoden für die Gesprächsrunden festlegen.