Anhörung im Landtag – Wohin kommt Leuchtturm „Roter Sand“?
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sucht für den maroden Leuchtturm „Roter Sand“ einen neuen Standort am Festland. (Archivbild) Foto: Sina Schuldt/dpa
Er ist eines der bekanntesten Seezeichen Deutschlands – und marode: der rot-weiße Leuchtturm „Roter Sand“. Deshalb soll das Bauwerk ans Land versetzt werden. Doch es gibt Widerstand gegen den Plan.
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Hannover. Wohin kommt der markante rot-weiße, aber marode Leuchtturm „Roter Sand“ in der Wesermündung? Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz möchte den Turm erhalten und plant einen Umzug ans Festland – mindestens zwei Orte stünden dafür auch bereit. Allerdings beschäftigt sich mit der Standortfrage heute auch der Landtag in Hannover. Vorausgegangen war eine Petition mit mehr als 5.000 Unterzeichnern. Die Initiatoren sind überzeugt: Der Turm muss bleiben, wo er ist. Ein Überblick über die Diskussion:
Warum steht der Standort des Leuchtturms überhaupt zur Debatte?
Weil der Turm nicht mehr sicher steht, sagen Experten. „Die sich verändernden Verhältnisse von Strömung und Meeresboden, der Klimawandel und neuere Erkenntnisse zur Standsicherheit machen den Standort in der Wesermündung nicht mehr verlässlich, der Leuchtturm „Roter Sand“ ist hierdurch gefährdet“, teilt ein Sprecher der Deutschen Stiftung Denkmalschutz mit.
Schon 2019 hatte ein Gutachten den Leuchtturm als so marode eingestuft, dass die Standsicherheit auf Dauer in Gefahr ist. Eine Expertenkommission hatte danach mehrere Szenarien geprüft – vom kontrollierten Verfall über eine Sanierung vor Ort bis hin zum Versetzen des Turms. Das Ergebnis 2023: Der Turm soll abgebaut und anschließend an Land wieder aufgestellt werden.
Was hat die Stiftung Denkmalschutz mit dem Turm vor?
Die Stiftung favorisiert einen Umzug des Bauwerks ans Festland. Einen Zeitplan gibt es bislang nicht, da Stiftung, Bund und Land weiter nach einem Standort suchen.

Seit 1982 steht der Leuchtturm „Roter Sand“ unter Denkmalschutz. (Archivbild) Foto: Sina Schuldt/dpa
Als mögliche Standorte hatten sich Wilhelmshaven, Bremerhaven, Hooksiel im friesischen Wangerland sowie Fedderwardersiel auf der Halbinsel Butjadingen in Stellung gebracht. Inzwischen sind nur noch Fedderwardersiel und Wilhelmshaven im Rennen.
Sowohl für Bremerhaven als auch für Hooksiel konnten die zuständigen Wasserstraßen- und Naturschutzbehörden die erforderlichen Genehmigungen nicht erteilen. Die Verwechslungsgefahr mit aktiven Seezeichen sei zu hoch, hieß es in der Begründung der Stiftung.
Welche Alternative schlägt die Petition vor?
Ein Versetzen des Leuchtturms ist für den Juristen Dieter Riemer nicht hinnehmbar. Er startete deshalb eine Petition, die inzwischen mehr als 5.600 Niedersachsen unterzeichnet haben.
Für einen Umzug müsste der Turm vom Fundament getrennt werden, das dann in der Nordsee verrotten würde. „Damit wäre das erste Offshore-Bauwerk der Welt unwiederbringlich zerstört“, heißt es in der Petition. Zudem fordert sie den Landtag auf, „Roter Sand“ als Unesco-Weltkulturerbe vorzuschlagen.
Den Turm in der Nordsee stehenlassen – kann das gut gehen?
Die niedersächsische Landesregierung schließt mit Verweis auf die Statik aus, dass der Turm in der Nordsee stehen bleiben kann. Erhebliche Sanierungs- und Folgekosten machten diese Variante „unrealistisch“, heißt es aus dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur von Falko Mohrs (SPD). Auch eine mögliche Unesco-Bewerbung sieht das Ministerium kritisch.
Die Stiftung Denkmalschutz verweist auch auf die Ergebnisse des Gutachtens. Demnach sei ein Erhalt des Leuchtturms in der Nordsee „zunehmend unmöglich“. Der Stiftungssprecher teilt aber mit: „Wir warten gespannt auf mögliche Ideen des Landtags im Rahmen der Petition, die die Gefährdung für den „Roten Sand“ verlässlich reduzieren könnten.“
Welche Folgen können die Anhörung und die Petition haben?
In der Anhörung des Petitionsausschusses wird die Eingabe zunächst beraten. Sowohl der Petent, also der Initiator der Petition, als auch die Landesregierung stehen dem Ausschuss ausführlich Rede und Antwort, teilt ein Sprecher des Landtags mit. So sollen sich die Ausschussmitglieder umfassend informieren können.
Ein Beschluss noch während der Anhörung gilt als unwahrscheinlich. „Der Petitionsausschuss wird im Anschluss an die Anhörungssitzung erwartbar in einer seiner nächsten Sitzungen die inhaltliche Beratung in der Sache aufnehmen und eine Empfehlung für das Plenum erarbeiten“, teilt der Landtagssprecher weiter mit.

Der Petitionsausschuss des Landtags befasst sich mit dem Erhalt des Leuchtturms. (Archivbild) Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Parallel wollen Bund, Land, Landesdenkmalamt und die Stiftung in den kommenden Wochen beraten, welcher der beiden verbliebenen Standorte für eine Versetzung des Leuchtturms weiter verfolgt wird. Eine Entscheidung könnte Anfang Dezember fallen, heißt es von der Stiftung.
Warum weckt die Standortfrage für „Roter Sand“ so viel Interesse?
Sicherlich, da der rot-weiß-gestreifte Turm ein maritimes, norddeutsches Wahrzeichen ist. „Der Leuchtturm hat viele Freunde“, sagte kürzlich eine Sprecherin der Stiftung Denkmalschutz. Leuchttürme, von denen es insgesamt rund 150 an Nord- und Ostsee gibt, ziehen viele Menschen seit jeher in ihren Bann: ob als Fotomotiv bei Urlaubern oder Sehenswürdigkeit für Technikfans.
Für die Kommunen an der Küste könnte „Roter Sand“ ein neues Wahrzeichen und damit eine Touristenattraktion werden. Deshalb entwickelte sich in den vergangenen Monaten ein öffentlich ausgetragener Konkurrenzkampf um den Standort. Der Turm wird seit 1964 nicht mehr benötigt, steht aber seit 1982 unter Denkmalschutz.
Und welchen neuen Standort favorisiert die Landesregierung?
Das Land Niedersachsen, vertreten durch das Landesamt für Denkmalpflege, trifft die Entscheidung mit. Einen Favoriten nennt das Ministerium für Wissenschaft und Kultur auf Anfrage nicht.
Aus denkmalfachlicher Sicht gebe es „keine Präferenz“, heißt es. Nur so viel: An seinem neuen Standort solle der Leuchtturm „angemessen zur Geltung“ kommen und der historische Bezug zur Weser und der Wesermündung solle erkennbar bleiben.