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Städtevergleich

TAuf Kneipentour in Buxtehude: Wenn der Abend anders endet als geplant

Pub-Chef Mirko Thomas schwört auf kaltes Guinness.

Pub-Chef Mirko Thomas schwört auf kaltes Guinness. Foto: Battmer

Der Städtevergleich geht weiter: Das TAGEBLATT geht auf Kneipentour. In Buxtehude startet die Nacht im Bierbaum - mit Guinness-Nachwuchs, falschen Namen und einem überraschenden Ende.

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Von Mario Battmer,
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Von Tim Scholz
Montag, 03.11.2025, 18:50 Uhr

Buxtehude. Es ist 22.30 Uhr. Gleich auf Höhe des Ewers Margareta, das Schiff im Fleth, beginnt die Kneipentour durch Buxtehude. Bevor wir überhaupt die Tür zum Bierbaum öffnen, spricht uns ein Mann an.

Fußball, natürlich. Ob wir für Bayern oder den HSV seien, will er wissen. Das Gespräch läuft sofort, als würden wir uns seit Jahren kennen. Als wir weitergehen, schauen wir uns an. „Kennst du den?“- „Nee, du?“ - „Auch nicht.“ Wir lachen, ein perfekter Start in den Abend.

Bierbaum: Von Ramona, Marius und neuen Freunden

Der Bierbaum hat zwei Etagen, wir bleiben unten. Es ist laut, warm und recht voll. Über der Theke hängen Biergläser, unter der Decke Schallplatten und an der Wand ein Sparschrank. Eine Kneipe in Reinkultur. Hinter dem Tresen stehen zwei Frauen - sie wirken, als könne sie nichts mehr überraschen.

Deckendeko im Bierbaum: Die Kneipe hat zwei Etagen, wir bleiben unten.

Deckendeko im Bierbaum: Die Kneipe hat zwei Etagen, wir bleiben unten. Foto: Scholz

Plötzlich fängt eine Gruppe von Männern an, zu grölen. Sie tragen graue Shirts mit einem Fußball-Logo auf der Brust, Freizeitkicker aus Vechta. Sie brüllen irgendwas mit „Schalalala“ und haben schon ordentlich getankt. Einer von ihnen, Marius, taumelt an den Tresen. 74,70 Euro soll er zahlen, langsam und mit Mühe zählt er die Scheine ab.

Die Barfrau quetscht sich an der Gruppe vorbei und bringt eine Runde Schnaps nach oben, wo eine Gruppe junger Leute sitzt und Bier aus 3-Liter-Türmen trinkt. Auf dem Weg zurück zum Tresen nimmt Marius sie fest in den Arm. „Jeden Abend neue Freunde, ahhhh“, sagt sie.

Alte Kneipenregel: Ein gut gezapftes Bier braucht sieben Minuten

„Ramona!“, ruft Marius immer wieder der Kellnerin zu. Doch Ramona heißt eigentlich Angela. Sie zuckt mit den Schultern und lacht. „Ich bin da nicht so empfindlich.“

Barfrau Angela Schuldt steht seit 25 Jahren im Bierbaum hinter dem Tresen.

Barfrau Angela Schuldt steht seit 25 Jahren im Bierbaum hinter dem Tresen. Foto: Battmer

Wir trinken Astra, 0,4 Liter für 3,90 Euro. Gute Schaumkrone, etwas schal, aber immerhin die Sieben-Minuten-Regel eingehalten, stellen wir fachmännisch fest. Die alte Kneipenregel besagt: Ein gut gezapftes Bier braucht sieben Minuten vom Zapfen bis zum Servieren. Die Musik changiert zwischen Achtzigern und Neunzigern.

Barfrau Angela Schuldt erzählt uns, dass sie hier schon seit 25 Jahren stehe, ihre Kollegin seit 10. „Eigentlich wollte ich mit 40 Jahren aufhören, dann mit 50 und jetzt mach’ ich den Scheiß weiter, bis ich abkacke“, sagt sie, inzwischen über 60. Nein, im Ernst: „Früher war es hier viel voller, da wurde oben noch geraucht. Aber ich kann nicht meckern. Es ist schön, hier zu arbeiten.“

Ein Gast läutet die Glocke neben dem Tresen - es gibt eine Lokalrunde Mexikaner. Wir bleiben, obwohl wir längst weiterziehen wollten. Reporter-Glück, sagen wir, und heben das Glas.

Stade oder Buxtehude: Wo erlebt man den besseren Abend?

Unser Plan war, neben dem Bierbaum das gegenüberliegende Mirwald’s und den Irish Pub The Rebel’s Choice zu besuchen - drei Kneipen, an denen man in Buxtehude nicht vorbeikommt. Wir wollen herausfinden, wo man den besseren Abend erlebt - in Buxtehude oder in Stade. Um das zu vergleichen, haben wir Kriterien festgelegt: unter anderem Getränke, Preis, Urigkeit und Stimmung.

Ein Teil der Truppe aus Vechta zieht weiter. Marius bleibt, bestellt noch sieben Mexikaner, ruft wieder „Ramona!!!“. Hinter dem Tresen hängt ein Schild: Ihr müsst aufhören, weniger zu trinken.

Seit 1990 gibt es die Kneipe direkt am Fleth.

Seit 1990 gibt es die Kneipe direkt am Fleth. Foto: Scholz

Gegen Mitternacht leert sich der Bierbaum. Ein Mann zockt am Automaten neben der Toilette, draußen wartet schon sein Taxi nach Stade. Wir verabschieden uns.

The Rebel‘s Choice: Auf ein Baby-Guinness im Irish Pub

Vom Fleth biegen wir in die Fischerstraße ab. Auf der rechten Seite, in einem der ältesten Fachwerkhäuser in der Buxtehuder Altstadt, befindet sich unser nächstes Ziel: The Rebel's Choice, ein Irish Pub, so wie man ihn erwartet. Dunkle Holzbalken, dazu roter Backstein und grüne Akzente. „We Didn‘t Start the Fire“ von Billy Joel läuft im Hintergrund.

Dunkles Holz, roter Backstein, grüne Akzente: Ein Pub, so wie man ihn erwartet.

Dunkles Holz, roter Backstein, grüne Akzente: Ein Pub, so wie man ihn erwartet. Foto: Scholz

Und tatsächlich, die Jungs aus Vechta haben die 200 Meter vom Bierbaum in den Pub geschafft. Sie prosten uns zu. Wir bestellen ein Kilkenny und ein Guinness, der halbe Liter für 6,50 Euro. Kalt, cremig, perfekt.

Pub-Chef Mirko Thomas kommt dazu, langer Bart, schwarzes Shirt. Er möchte uns eigentlich nur darauf hinweisen, dass sein Pub als Musikkneipe des Jahres nominiert ist und bittet um unsere Stimme im Voting. Doch dann kommen wir ins Gespräch und von einem Thema zum nächsten.

Wir sprechen über seine Biografie (vom gelernten Kfz-Mechatroniker zum Pub-Chef), über zu teure Bundesliga-Abos („So viel Bier kann ich gar nicht verkaufen“) und über das, was er stattdessen anbietet: Livemusik, Pub-Quiz, sogar Hochzeiten und Trauerfeiern finden hier statt.

Mirko Thomas wirkt glücklich, wenn er über seinen Pub spricht. Das Gebäude sei über 500 Jahre alt, den Boden habe er selbst geschliffen. Von der Optik des Ladens ist er überwältigt. Wir, die TAGEBLATT-Reporter, geben uns als Kneipentester zu erkennen.

Baby-Guinness: Baileys mit einem Rum-Kaffee-Likör.

Baby-Guinness: Baileys mit einem Rum-Kaffee-Likör. Foto: Scholz

Zwei Fragen haben wir noch: Guinness gekühlt oder auf Raumtemperatur? Seine Antwort ist eindeutig: Kalt! Und Frage zwei: Gibt es einen Hausschnaps? Ja, das Baby-Guinness, Baileys mit einem Rum-Kaffee-Likör.

Altländer fahren lieber nach Buxtehude als nach Stade

Der Pub ist noch gut gefüllt. Neben dem Eingang, in einem Bereich mit niedriger Decke, sitzt eine Gruppe junger Männer. Wir setzen uns dazu, geben eine Runde Baby-Guinness aus. Lennart, Levin, Maurice, Tjark, Fabian, Adrian - sie kommen aus dem Alten Land, sind zwischen 18 und 21. „Bei uns gibt's nicht so viel“, sagen sie auf die Frage, was sie nach Buxtehude zieht.

Gute Stimmung im Pub mit der Altländer Gruppe Lennart, Levin, Maurice, Tjark, Fabian und Adrian.

Gute Stimmung im Pub mit der Altländer Gruppe Lennart, Levin, Maurice, Tjark, Fabian und Adrian. Foto: Scholz

Sie lachen, stoßen an, reden über ihre Jobs. Die meisten sind in Ausbildung, vor allem im Handwerk. Einer ist bei der Bundeswehr, einer spielt ambitioniert Handball. Lennart und Tjark nehmen die beiden letzten Baby-Guinness vom Tablett.

In Stade, sagen sie, seien sie nicht so gerne. „Da ist's gefährlich. Man muss aufpassen, dass man nicht angelabert wird.“ Einem sei das schon mal passiert, konkreter werden sie nicht. In Buxtehude hingegen kenne man sich. „Hier ist es extrem entspannt.“

Der Pub-Chef bringt eine Runde „Blue Kamikaze“, leuchtend blau wie Spülmittel. Und geschmacklich: nun ja.

Das unerwartete Ende der Kneipentour

Es ist 2 Uhr nachts. Buxtehude schläft. Wir wollen weiter ins Mirwald’s, freitags eigentlich bis 4 Uhr geöffnet und erfahrungsgemäß eine der letzten Anlaufstellen in der Stadt. Wenn alles andere zu hat, hat das Mirwald’s fast immer noch auf. Das war schon so, als der Laden noch Comeback hieß. Doch als wir ankommen: geschlossen. Eine Frau stellt die Stühle hoch.

Und nun? Bleibt noch eine Option: das Netti's am Petriplatz. Schnell hin.

Drinnen brennt noch Licht, doch das Netti's hat schon geschlossen.

Drinnen brennt noch Licht, doch das Netti's hat schon geschlossen. Foto: Scholz

Die Lichter der Discokugel huschen durch die Fenster über den Gehweg. Wir rütteln an der Tür, doch auch das Netti's ist schon abgeschlossen. Wir schauen durch die Scheibe. Ein Gast am Tresen dreht sich um und hebt entschuldigend die Schultern. Einen Augenblick später gehen die Lichter aus. Zeit, nach Hause zu gehen.

Die Reportage über die Kneipentour in Stade lesen Sie in dieser Woche im TAGEBLATT. Welche Stadt den Vergleich gewonnen hat, erfahren Sie am Wochenende.

Gute Stimmung im Bierbaum.

Gute Stimmung im Bierbaum. Foto: Scholz

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