TBlutbad in Fredenbeck: Psychisch kranker Mann ist nicht schuldfähig

Am 5. April 2024 ereignete sich die Tat in Fredenbeck, bei der ein 45-Jähriger getötet wurde. Foto: Archiv (Vasel)
Der Angeklagte im Prozess um die tödliche Messerattacke in Fredenbeck ist krank und nicht schuldfähig. Die Vorgeschichte hat laut Richter eine besondere Tragik.
Fredenbeck/Stade. Im Prozess um den brutalen Messerüberfall vom April in Fredenbeck, bei dem das Opfer an der Haustür erstochen wurde, ist ein Urteil ergangen. Der Täter gilt danach als schuldunfähig und muss in die Psychiatrie. Die Tat hätte sich wohl aber nie ereignet, wenn Ärzte im Krankenhaus anders reagiert hätten, hieß es in der Urteilsbegründung.
Angeklagter als Häufchen Elend
Auf der Anklagebank saß kein brutaler Messerstecher, sondern ein Häufchen Elend. Mit ausdruckslosem Gesicht blickte er zwischen seiner Dolmetscherin und dem Vorsitzenden Richter langsam hin und her. So, als könne er gar nicht begreifen, was um ihn herum geschieht.
Das Geschehen am Tattag machte der Vorsitzende der 1. Großen Strafkammer, Richter Erik Paarmann, deutlich. Danach hat sich der Täter bei Edeka in Kutenholz ein Küchenmesser mit einer 20 Zentimeter langen Klinge gekauft und ist ziellos umhergegangen. Es hätte jeden treffen können, sagte der Vorsitzende, die Tat sei willkürlich erfolgt.
Psychische Erkrankung immer deutlicher
Weil er zufällig das Auto seines Bekannten auf der Straße stehen sah, stand sein Ziel fest. Ausgerechnet den Mann suchte er auf, der dem Armenier in seiner neuen Heimat geholfen und ihn unterstützt hatte. Nachdem die 13-jährige Tochter die Tür geöffnet und ihren Vater gerufen hatte, stach der Täter 16-mal zu. Die genauen Tatumstände konnten nicht geklärt werden.
Tötungsdelikt
Blutbad von Fredenbeck: Haftbefehl erlassen
Es gibt eine Vorgeschichte, die im Prozess ausführlich zur Sprache kam. Die psychische Erkrankung des Täters äußerte sich im Laufe der Jahre immer deutlicher. Er glaubte, dass alle ihm Böses wollten und seine Frau ihn betrog.
Infolgedessen musste er seine Wohnung verlassen und in ein Wohnheim ziehen. Eine falsche Entscheidung, wie der Sachverständige erläuterte, die den Zustand des kranken Mannes nur weiter verschlimmerte. Zu seinem Schutz brachte der verwirrte Mann Kameras an, entfernte Fenstergriffe und legte sich ein Waffenarsenal an.
Ärzte entlassen den Verwirrten
Im Laufe der Zeit wuchs die Angst des Mannes ständig an und suchte nach Entlastung. Nachdem der Armenier mit einem Auto in das Haus seiner Frau gerast war, kam er ins Krankenhaus. Auf die dortige Behandlung ging der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung ein. Statt den verwirrten Mann gesetzlich in der Psychiatrie unterzubringen, was rechtlich möglich gewesen wäre, entließen die Ärzte ihn. Die Unterbringung hätte die Tat wohl verhindert, sagte Richter Paarmann und sprach von einer besonderen Tragik.
Gefahr für die Allgemeinheit
Wegen seines psychischen Zustands, der vom Gutachter nachvollziehbar dargestellt wurde, erhielt der als krank geltende Mann keine Strafe. Vielmehr wird er in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Wie dort eine Entlassungsperspektive erarbeitet werden kann, wird sich zeigen müssen. Jetzt jedenfalls, ein halbes Jahr nach der Tat, stelle der Mann eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, begründeten die Richter der 1. Großen Strafkammer ihre Entscheidung.