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Protest

TBrief an den Kanzler ist raus: Die Forderungen der Stader Bauern an Olaf Scholz

Landwirte im Stader Protestcamp bieten Mini-Treckerfahrten für Kinder an.

Mini-Trecker statt Treckerkonvoi: Landwirte im Stader Protestcamp werben mit familienfreundlichen Angeboten und Gesprächen um Verständnis. Foto: Anping Richter

Zwei Mahnwachen und ein Mini-Trecker-Tag für die ganze Familie: Im Protestcamp der Landwirte Am Sande war am Wochenende viel los. Auch der Brief an den Bundeskanzler ging raus - mit einer Einladung nach Stade und zehn politischen Forderungen.

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Von Anping Richter
Dienstag, 30.01.2024, 05:50 Uhr

Stade. Seit dem 24. Januar halten Landwirte auf dem Platz Am Sande eine agrarpolitische Mahnwache aufrecht - Tag und Nacht. Unterbrochen wurde sie am Sonnabend für eine andere Mahnwache: Am Holocaust-Gedenktag hatten 1000 Menschen auf dem Platz der Opfer des Holocausts und des Nationalsozialismus gedacht und ein Zeichen gegen Demokratieverachtung und Menschenhass gesetzt, darunter die SPD-Landtagsabgeordnete Corinna Lange.

An sie übergaben Landwirte des Orga-Teams von „Land schafft Verbindung“ (LSV) im Elbe-Weser-Dreieck am Rande der Veranstaltung einen zuvor angekündigten Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz. Darin laden sie ihn zum Gespräch nach Stade ein und stellen, jenseits von Agrardiesel, zehn weitreichende Forderungen „für eine zukunftsfähige Landwirtschaft“ auf. Ein weiteres Exemplar wurde in Finkenwerder, wo am Montag Protest-Aktionen liefen, bei Airbus übergeben, „weil der Konzern ja einen guten Draht zur Bundesregierung hat“, erklärt Volker Peters von LSV. Die Landwirte haben angekündigt, Tag und Nacht auf dem Platz zu bleiben, bis Scholz kommt. Auf jeden Fall aber bis Mitte Februar.

Hier die Forderungen:

  • Ein „Verbot unlauterer Handelspraktiken“. Insbesondere der Einkauf von Lebensmitteln zu einem Preis unterhalb der Produktionskosten soll wirksam unterbunden werden.
  • Eine verpflichtende Herkunftsland-Kennzeichnung für alle Lebensmittel in Einzelhandel und Gastronomie.
  • Eine Vertragspflicht für Milch- und Schlachtviehlieferungen, ohne Ausnahme für Genossenschaften. Preisdiktate sollen beendet, Molkereien und Schlachthöfe zur Vorabvereinbarung bezifferter Mengen und Preise gezwungen werden.
  • Eine Entflechtung der Monopole in Lebensmittelindustrie und -einzelhandel, eine zügige Kartellrechtsreform und noch im Jahr 2024 Entflechtungsanordnungen mindestens gegen Edeka, Aldi, Lidl und Rewe.
  • Den Abbruch der Verhandlungen mit Mercosur und Chile. Freihandelsabkommen sollen nur noch mit Ländern abgeschlossen werden, die zu denselben sozialen und ökologischen Standards produzieren wie Deutschland.
  • Das Auslaufen der Zollfreiheit für ukrainische Agrarprodukte zum Juni 2024. Ab sofort soll in der EU nur noch der Transit nach außerhalb in plombierten Behältern zugelassen werden.
  • Vereinfachte Neufassung der Produktionsauflagen für Düngung, Pflanzenschutz und Nutztierhaltung nach den Maßgaben der guten fachlichen Praxis.
  • Effektiver Bürokratieabbau durch Bagatellgrenzen, unterhalb derer Aufzeichnungspflichten und Routinekontrollen entfallen.
  • Verbot von Gentechnik und Laborfleisch und aller patentierten Verfahren, mit denen die Konzerne die Produktion unter ihre Kontrolle bringen wollen.
  • Der Abschuss von Wölfen am Weidezaun soll rechtssicher ermöglicht werden, das Naturschutz- und Jagdrecht entsprechend angepasst.
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