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Demo und Parade

TBuntes Treiben, aber nur 100 Menschen feiern den CSD in Stade

Die Stader CSD-Parade startet auf dem Platz am Sande: Dragqueen Scarlet Splash (links) und Organisator Amadeus Schwone (Zweiter von rechts) führen den Umzug an.

Die Stader CSD-Parade startet auf dem Platz am Sande: Dragqueen Scarlet Splash (links) und Organisator Amadeus Schwone (Zweiter von rechts) führen den Umzug an. Foto: Thomas Sulzyc

Kleidung in Regenbogenfarben, wummernde Beats und viele solidarische Worte: Die einzige queere Gemeinschaft im Elbe-Weser-Raum feiert den Christopher Street Day 2024 in Stade. Das sind die Botschaften.

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Von Thomas Sulzyc
Samstag, 29.06.2024, 19:04 Uhr

Stade. „Zusammen vereint“ - unter diesem Motto fanden am Sonnabend Kundgebung und Parade zum Christopher Street Day (CSD) in Stade statt. Nach Polizeiangaben sind gut 100 Menschen bei dem Umzug auf einer 4,5 Kilometer langen Strecke mitgezogen. Es war die mittlerweile vierte CSD-Parade in Stade.

Im vergangenen Jahr hatten sich 350 Menschen beteiligt. Dass die Teilnehmerzahl in diesem Jahr geringer ausfiel, gehe laut den Organisatoren und Unterstützern auf zwei Gründe zurück: Zum einen seien viele Menschen in den Urlaub gereist oder an gerade grassierenden Atemwegserkrankungen erkrankt, sagte Gerrit Steffens vom SPD-Kreisvorstand. Das habe sich bei den Sozialdemokraten bemerkbar gemacht.

Bahnprobleme: Support aus Hamburg blieb aus

Zudem blieb eine erwartete Delegation aus Hamburg offenbar aus oder traf zumindest zur Kundgebung und Parade nicht rechtzeitig ein, weil sie Probleme mit der Bahnverbindung nach Stade hatten. Wegen Bauarbeiten fuhren Regionalzüge und S-Bahnzüge unregelmäßig oder gar nicht.

Die queere Gemeinschaft in Stade und Umgebung, sie gilt als die einzige im Elbe-Weser-Dreieck, setzt dennoch ein kraftvolles Zeichen für Toleranz. Der englische Begriff „queer“ wird für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen verwendet. Den CSD in Stade hat der Verein „Quest – queeres Stade“ initiiert, unterstützt von dem Verein Ankerplatz.

Starkes Zeichen: Landrat ist CSD-Schirmherr

Ein starkes Zeichen: Schirmherr des CSD in Stade ist Landrat Kai Seefried (CDU). In seinen Grußworten bei der Kundgebung auf dem Platz Am Sande lobte er das Engagement des Vereins Quest - queeres Stade. „Weil man sich traut, öffentlich zu sein.“ Auch Stades Bürgermeister Sönke Hartlef (CDU) nahm an der Kundgebung teil.

Die Aufnahme in bunter Comic-Anmutung zeigt das Banner des CSD 2024 in Stade mit dem diesjährigen Motto: "Zusammen vereint". Es halten (v. links): Amadeus Schwone (1. Vorsitzender Quest - queeres Stade), Landrat und Schirmherr Kai Seefried, Stades Bürgermeister Sönke Hartlef, Drag-Queen Scarlet Splash, Wiebke Wilkens (Ankerplatz Stade) und Patrick Tiedemann (Finanzvorstand Quest).

Die Aufnahme in bunter Comic-Anmutung zeigt das Banner des CSD 2024 in Stade mit dem diesjährigen Motto: "Zusammen vereint". Es halten (v. links): Amadeus Schwone (1. Vorsitzender Quest - queeres Stade), Landrat und Schirmherr Kai Seefried, Stades Bürgermeister Sönke Hartlef, Drag-Queen Scarlet Splash, Wiebke Wilkens (Ankerplatz Stade) und Patrick Tiedemann (Finanzvorstand Quest). Foto: Thomas Sulzyc

Kai Seefried rief zu mehr Toleranz gegenüber einer Gemeinschaft auf, der geschätzt in Deutschland sechs bis zwölf Millionen Menschen angehören. Es handele sich um geschätzte Zahlen, weil viele queere Menschen im Verborgenen blieben - aus Furcht vor Anfeindungen.

288 Gewaltdelikte gegen queere Menschen

Die Polizei habe im vergangenen Jahr in Deutschland 1500 Delikte gegen queere Menschen registriert, davon seien 288 Gewaltdelikte gewesen, sagte Seefried. „Wir müssen noch viel tun, um Akzeptanz zu schaffen.“

Von Beleidigungen, die Mitschüler ihnen gegenüber äußerten, berichteten auch Schülerinnen des Vincent-Lübeck-Gymnasiums in Stade, die an der Kundgebung und Parade teilnahmen, dem TAGEBLATT. Die Initiative „Lehrkräfte gegen rechts“ zeigte ein Transparent mit der Aufschrift: „Meine Schüler*innen sind vielfältig und das ist gut so.“

Darum nimmt die 18 Jahre alte Jana teil

Warum sie an dem CSD in Stade teilnehmen, erklärt die 18 Jahre alte Schülerin Jana aus dem Landkreis Stade so: „Mir ist wichtig, den Jüngeren zu zeigen, dass es die queere Gemeinschaft gibt und dass sie darin Gemeinschaft finden.“

Teilweise in bunter Kleidung und mit Transparenten ziehen die Menschen durch die Stader Altstadt.

Teilweise in bunter Kleidung und mit Transparenten ziehen die Menschen durch die Stader Altstadt. Foto: Thomas Sulzyc

„Wir setzen uns für die Rechte der queeren Community ein“, sagte Dragqueen Scarlet Splash. Die viereinhalb Kilometer lange Strecke legte sie an der Spitze der Parade in blauen Pumps zurück.

Grußwort des Ministerpräsidenten

Mitorganisator Amadeus Schwone, 1. Vorsitzender des Vereins Quest - queeres Stade, verlas ein Schreiben des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD). „Gewalt, Drohungen und Beleidigungen gegenüber queeren Menschen haben bei uns in Niedersachsen keinen Platz“, versicherte Stephan Weil in seinen schriftlichen Grußworten. Der Verein Quest arbeite hart daran, dass der Ministerpräsident im nächsten Jahr beim CSD in Stade persönlich teilnehmen wird, sagte Schwone.

Transparant bei CSD Stade mit Zitat aus Song von Taylor Swift

Diese Teilnehmerin zeigt ein Transparent mit einem Zitat aus dem Song „You need to calm down“ von Popstar Taylor Swift. Übersetzt heißt es: "Jemanden runterzuziehen, hat noch nie jemanden weniger schwul gemacht." Foto: Thoamas Sulzyc

Veranstaltungen wie der CSD gäben ihr Kraft und Zuversicht, sagte Dragking Freddy, der im vergangenen Jahr noch Natalie war.

Der stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende Gerrit Steffens erzählte eine Anekdote aus seiner Kindheit, die ihn geprägt und Toleranz gelehrt habe. Damals im Alter von zehn oder elf Jahren seien er und sein Mutter beim Shoppen auf die CSD-Parade in Hamburg gestoßen. „Weißt du“, habe seine Mutter zu ihm gesagt, „die schönsten Frauen hier waren mal Männer.“

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