TBuxtehuder Gilde: Vom Zapfenstreich bis zum Training im Schuhladen

Kommandeur Sascha Tiedemann am Rathaus mit dem noch amtierenden Schützenkönig Sven Röhrs, flankiert von Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt und der stellvertretenden Bürgermeisterin Petra Möhle. Foto: Fehlbus
Tradition wird in der 1539 gegründeten Buxtehuder Gilde groß geschrieben, erst recht jetzt beim Schützenfest. Aber wenn die Alten im Verein erzählen, können die neu gekürten Jungschützen nur staunen.
Buxtehude. Die Laternen in der Breiten Straße in Buxtehude gehen an, als die Schützengilde mit Musikzügen zum großen Platz vor dem historischen Rathaus marschiert. Es wird dunkel, der traditionelle Zapfenstreich eröffnet das Schützenfest der Mitglieder am Sonnabend gegen 22 Uhr. Bereits am Tag sind die Jungschützen um die Königswürden angetreten. Es gab Jubiläumsfeiern.
Schwarz, Grün oder Joppe: Die Rotts und die richtige Reihenfolge
Jetzt marschieren das Schwarze Rott, das Grüne Rott und das Joppenrott unter dem Kommando von Sascha Tiedemann unter blau-gelben Fahnen vor dem großen Rathausportal auf, erwartet von Zuschauern auf Bänken und am Straßenrand.
„Die Zugehörigkeit war früher ständegebunden“, sagt Hartmut Runtemund. Der 79-Jährige ist seit 65 Jahren Mitglied der Gilde. Zusammen mit Hartwig Sulzer wird er für dieses Jubiläum im Joppenrott geehrt.

Sie haben als Kinder beide in der Altstadt gewohnt und sind im selben Jahr in die Gilde eingetreten: Hartmut Runtermund (79, links) und Hartwig Sulzer (79). Foto: Fehlbus
Das Schwarze Rott sei das älteste, erzählt er. Die Kleidung entsprach dem Sonntagsanzug. Das Grüne Rott waren als erstes Uniformrott dann die bürgerlichen Junggesellen. Das Joppenrott wiederum bildete sich aus den verheirateten Schützen, eine durchaus selbstbewusste Gruppe, wie in der Chronik zu lesen ist. Gleich nach der Gründung 1852 wollten sie an der Spitze marschieren. 1854 wird beschlossen, dass die Joppen zwar als eigene Gruppe, aber hinter den nicht-uniformierten Schützen zu marschieren haben.
In diesem Jahr hat das Schwarze Rott das Kommando
1876 ist die Aufteilung der Schützen auf drei Rotts vollzogen. Das Kommando hat immer das Rott, das den Schützenkönig stellt. In diesem Jahr ist dies das Schwarze Rott mit Schützenkönig Sven Röhrs. Sascha Tiedemann gibt mit Degen und kraftvoller Stimme an, in welche Richtung sich die Schützen zu drehen haben.

Einmarsch der Musikzüge und der Schützen-Gilde durch die Breite Straße Foto: Fehlbus
Während der Zug der Schützengilde, vom Gildehaus aus gestartet, durch die Altstadt zieht, kommt dieser an wichtigen Stationen des Lebens von Hartmut Runtemund und Hartwig Sulzer vorbei. Beide haben ihre Elternhäuser hier. Auch wenn die Mutter mit den Kindern aus Buxtehude nach Wiegersen zog, als Hartwig Sulzer fünf Jahre alt war, ist der 79-Jährige immer ein Stück weit Buxtehuder geblieben. Nach der Konfirmation, mit 14 Jahren, trat er wie Hartmut Runtemund in die Gilde ein.
Mit dem Luftgewehr wurde im Schuhhandel Oelkers geschossen
Was damals anders war, waren die Trainingsbedingungen. Weit war es nicht bis zum „Trainings-Schießstand“ der Jungschützen, erinnert sich Sulzer, der einst in der Breiten Straße wohnte. Das war nur ein paar Meter entfernt vom damaligen Schuhhandel Oelkers. „Und da haben wir mit dem Luftgewehr geschossen“, sagt Runtemund. Zwischen Schuhen und Stellwänden.
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Besonders die Stellwände sicherten die Ware vor gut 60 Jahren. „Wir haben nie Schuhe getroffen“, schwört Hartwig Sulzer.
„Die Mädchen haben in Pepers Hotel geschossen“, erinnert sich Hartmut Rotermund. Nach dem Training wurden einige von Jungschützen abgeholt. „Manch langfristige Ehe soll daraus entstanden sein“, sagt Runtemund.

Vor dem historischen Rathaus in Buxtehude findet am Sonnabend um 22.30 Uhr der traditionelle Zapfenstreich der Gilde von 1539 statt. Foto: Fehlbus
Seine Frau musste 1970 quasi über Nacht aus Bayern anreisen, als er die beste 20 schoss und Schützenkönig wurde. Der Rechtsanwalt und Notar musste bei ihrem Chef persönlich um Sonderurlaub bitten. In Buxtehude wird der Schützenkönig der Gilde am Montag ausgeschossen.
Schützenkönig: Nur mit gestempelter Karte ist der Weg frei
Die Proklamation des neuen Schützenkönigs von diesem Jahr findet am Montag um 21 Uhr vor dem Rathaus statt. Wer am Königsschießen teilnehmen und sich in der Kunst, die beste 20 zu schießen, messen möchte, muss die Mitglieds- und Schießkarte im Rathaus abstempeln. Die orangenen Karten sind gut sichtbar am Hut befestigt. Auch die Teilnahme am Festumzug ist Voraussetzung dafür.
Der Rückmarsch zum Schützenplatz über den Wohnmobilstellplatz wird von Musik begleitet.
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Nicht alle Besucher auf dieser Parkfläche scheinen mit dem nächtlichen Spektakel gerechnet zu haben. Die meisten Vorhänge an den Mobilen sind zum Schlafen zugezogen. Wenn die Wohnmobilisten die Musik vor der Tür jedoch für laut gehalten haben sollten, dürften sie kurz darauf wirklich überrascht gewesen sein.

Es knallte und glitzerte: Die Gilde feierte am Festplatz mit großem Feuerwerk. Foto: Fehlbus
Das 15 Minuten dauernde Feuerwerk am Nachthimmel böllerte ordentlich durch Buxtehude. Es ist das Freiluft-Finale des ersten Tags auf dem Schießstand.
Neues Jungschützenkönigspaar steht fest
Hartwig Sulzer, später Tierarzt in Sauensiek, war 1962 Jungschützenkönig. Heute gehört er zu den langjährigsten Mitgliedern. Noch recht frisch im Verein ist der Jungschützenkönig, der in diesem Jahr am späten Abend, kurz vor Mitternacht, in der Festhalle gekürt wird: Lutz Reinecke ist erst seit ein paar Monaten dabei.
Der 21-Jährige aus Buxtehude hat die beste 18 geschossen. Bis zum Schluss ist spannend, wer es wohl geworden ist. „Ich war wirklich überrascht“, sagt Lutz Reinecke nach der Proklamation durch Gilde-Präsident Reinhard Meier glücklich.

Franziska Velten (16) und Lutz Reinecke (21) haben bereits die Ketten als neue Buxtehuder Jungschützenmajestäten umgehängt bekommen. Foto: Fehlbus
Jungschützenkönigin ist Franziska Velten, die einmal hauchdünn die Mitte trifft. Die Ringe gehen von außen 11 bis 20 im Zentrum. „Ich bin schon lange Mitglied“, sagt die 16-Jährige aus Harsefeld. Sie ist Buxtehude treu geblieben und bildet nun gemeinsam mit Lutz Reinecke das Jungschützenkönigspaar.
Am Sonntag kommen Beste Dame und Bester Mann dazu. Auf die Königsscheibe wird am Montag ab 17 Uhr geschossen. Am Dienstag findet das Papageien- und Vogelschießen statt.