TCombi-Markt kommt: Das sagen die Himmelpfortener zum Gerichtsurteil

Das Nahversorgungszentrum soll in Himmelpforten auf dem Steinmetz-Areal entstehen. Unbekannte hatten hier in den vergangenen Jahren Bäume beschädigt. Foto: Klempow
Nach einem zähen, über zehn Jahre dauernden Planungsprozess ist klar, dass der Combi-Markt in Himmelpforten kommt. Das sind Stimmen zum Urteil.
Himmelpforten. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) hatte wie berichtet entschieden und die Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans „Zwischen B73 und Mühlenstraße“ für rechtmäßig erklärt. Damit ist der Weg frei für den Bau eines Combi-Marktes als Vollsortimenter, für einen Rossmann, Fachmärkte und einen neuen Aldi-Markt auf dem Areal hinter dem historischen Steinmetzhaus.

Das Nahversorgungszentrum wird die Fläche hinter dem Steinmetzhaus bis an die Mühlenstraße heran ausschöpfen. Foto: Architekt Mügge
Auf das Go hatte das Unternehmen Bünting aus dem ostfriesischen Leer lange gewartet. Knapp zehn Jahre liegt die Vorstellung des Projekts in Himmelpforten durch den Investor zurück. Zum aktuellen Urteil fällt die offizielle Reaktion zurückhaltend aus. „Über die Entscheidung freuen wir uns, allerdings liegt uns das Urteil noch nicht vor, deshalb können wir noch keine Einschätzung abgeben, auch was das weitere Vorgehen anbelangt“, teilt Unternehmenssprecherin Dr. Christiane A. Kolass mit.
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Himmelpfortens Bürgermeister und Gemeindedirektor Bernd Reimers hatte seine Erleichterung und Freude bereits kurz nach dem Urteil zum Ausdruck gebracht. „Wir haben in allen Punkten gewonnen.“ Das erleichtere ihn sehr: „Ich bin froh, dass es eine so klare Entscheidung ohne Wenn und Aber ist.“

Der ehemalige Amtspark beim Steinmetzhaus wurde wegen Umsturzgefahr der Bäume gesperrt. Foto: Susanne Helfferich
Der halbe Gemeinderat war mit zur Verhandlung nach Lüneburg gefahren - ganz einträchtig und als Zeichen für die Geschlossenheit in dieser Sache als Fahrgemeinschaft, im Bulli des Bürgermeisters. Vor Ort trafen Befürworter wie Gegner, Kläger und Beklagte auf einen tief in der Sache steckenden Senat, der per Google-Maps auf der digitalen Tafel alle Anwesenden gleich mit ins Himmelpfortener Zentrum nahm und das Areal zwischen Mühlenstraße und B73 vor Augen führte.
„Aufbruchsstimmung in Himmelpforten“
Thomas Fannasch (SPD) hatte ebenfalls auf den Zuschauerstühlen im Gerichtssaal Platz genommen. „Wir sind froh, dass es jetzt eine Entscheidung gibt und dass der Vorhabenträger weitermachen kann“, sagt er auf Anfrage für seine Fraktion im Gemeinderat.
Kirsten Stüven-Diercks als Fraktionsvorsitzende der CDU war ebenfalls vor Ort und wertet die Lüneburger Entscheidung ähnlich. „Wir sind tatsächlich erleichtert. Das nimmt auch ein bisschen die gedrückte Stimmung, die in Himmelpforten schon unter Gewerbetreibenden und unter uns Ratsmitgliedern herrschte.“ Vor allem die Eindeutigkeit in allen sechs Punkten sei Grund zur Freude. Jetzt gebe es Planungssicherheit. „Wir gehen jetzt davon aus, dass es bald auch losgeht.“
Hans Wehber, Vorsitzender des Gewerbevereins Himmelpforten hat’s und Nachbar des künftigen Einkaufszentrums, freut sich, „dass es jetzt endlich losgehen kann“. Die Entscheidung des OVG habe in Himmelpforten eine Aufbruchsstimmung ausgelöst. Er gehe davon aus, dass die Planung innerhalb von zwei bis drei Jahren umgesetzt wird.
Der Rechtsstreit habe viel zu lange gedauert. Jetzt seien alle Argumente gewürdigt und ein tragbarer Kompromiss gefunden. Einen persönlichen Wermutstropfen müsse er allerdings schlucken: Weder Baumarkt noch Restaurant Wehbers Mühle seien vernünftig angebunden. „Man sieht uns nicht, weil der neue Aldi als Riegel vor uns stehen wird.“
Bauantrag muss noch gestellt werden
Eine Bauvoranfrage hatte der Landkreis Stade bereits im März 2024 positiv beschieden. Laut Landkreis laufe noch eine Klage gegen die Bauvoranfrage, die sich auf die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung bezieht. „Ob diese Klage nach der Entscheidung des OVG Lüneburg zurückgenommen wird, kann die Kreisverwaltung nicht beurteilen“, teilt Landkreis-Sprecherin Nina Dede mit. Eine Bauvoranfrage sei nicht mit einer Baugenehmigung gleichzusetzen. Ein Bauantrag müsse folglich noch gestellt werden. „Wie lange die Bearbeitung dann dauert, kann nicht vorausgesagt werden, da dieser vollumfänglich geprüft werden muss“, so die Auskunft.
Rechtsanwalt: Projekt bleibt eine Dummheit
Udo Paschedag hatte als Rechtsanwalt die Klage gegen den Bebauungsplan vor dem OVG geführt. Er hatte den Naturschutzverband Niedersachsen (NVN) vertreten. Seine Enttäuschung ist ihm anzumerken: Nach seiner Einschätzung war „das Gericht bemüht, die entscheidenden Fragen zugunsten der neunjährigen gemeindlichen Planung auszulegen, obwohl ich zahlreiche Urteile für die gegenteilige Auffassung schriftlich vorgelegt hatte, ohne dass der Senat hierauf eingegangen ist“.
Aber Paschedag sagt auch: „Es macht keinen Sinn, dagegen zum Bundesverwaltungsgericht zu gehen, weil die Hürden für eine Nichtzulassungsbeschwerde zu hoch liegen. Ich habe mich gegen dieses Vorhaben seit 2016 engagiert und habe das Normenkontrollverfahren vor dem OVG seit 2023 ehrenamtlich für den NVN geführt. Für mich ist jetzt ein Ende erreicht.“
Einen Seitenhieb kann sich Paschedag nicht verkneifen: „Es bewahrheitet sich der alte Spruch meines Münsteraner Professors Menger für Kommunalrecht: ‚Kommunale Selbstverwaltung beinhaltet auch das Recht, auf eigene Kosten Dummheiten zu begehen‘. Wir konnten das Projekt politisch und juristisch nicht verhindern, aber eine Dummheit bleibt es trotzdem - schade für die betroffenen Arten und die Kulturhistorie von Himmelpforten.“
Grünen-Ratsfrau wurde geächtet und beschimpft
Das sieht Ursula Männich-Polenz von den Grünen ähnlich. Auch sie war mit Mitstreitern und Gegnern des Projekts bei der Verhandlung in Lüneburg vor Ort. „Wir sind entsetzt, wie schnell in Lüneburg unsere Einwände an die Seite gelegt und nicht tiefer berücksichtigt wurden“, sagt die Grünen-Ratsfrau. Sie denkt dabei insbesondere an die fünf Zentimeter kleine Mückenfledermaus, die nachweislich im Steinmetzpark ihren Brutbereich habe, um den sie sich nur in einem kleinen Radius bewegt. Das Ausweichquartier im Kathener Oberholz sei mit seinen sieben Kilometern Entfernung zu weit weg. „Geschützte Arten dürfen nicht getötet werden, das heißt: Wir dürfen auch ihre Brutbereiche nicht beschädigen“.

Vor ziemlich genau einem Jahr sägten Unbekannte 100 Jahre alte Bäume im Steinmetzpark an. Foto: Susanne Helfferich
Zehn Jahre hatte Männich-Polenz versucht, den Steinmetzpark für Himmelpforten zu erhalten. Sie sei dafür geächtet und beschimpft worden. Mit dem Bau des Einkaufszentrums verliere Himmelpforten nicht nur einen artenreichen Park, sondern auch ein besonderes Ensemble - mit Steinmetzhaus und Amtspark - und eine historische Wegeführung.

Das Nahversorgungszentrum soll in Himmelpforten auf dem Steinmetz-Areal entstehen. Unbekannte hatten hier in den vergangenen Jahren Bäume beschädigt. Foto: Klempow