TEin Fall für die Polizei: Schlägerei am Buxtehuder Bahnhof

Gemeinsam anpacken: Der Motorroller mit gestohlenem Kennzeichen wird in den Polizei-Bus gehievt. Foto: Wisser
Es beginnt mit Routine und endet mit einer spektakulären Blaulichtfahrt durch die Stadt. Die Polizisten des Kommissariats Buxtehude bewältigen das alles zwischen Unfallaufnahme, streitenden Menschen und Vogelrettung.
Buxtehude. Bastian Daebler und Richard Herrmann starten ihre Streifenfahrt gegen 19 Uhr mit einem Routineeinsatz. Ein schwarzer Mercedes auf dem Parkplatz bei der Festhalle in Buxtehude wurde offenbar von einem anderen Fahrzeug an der Seite schwer beschädigt.
Mit dem Streifenwagen durch Buxtehude
Ein Teil der Plastikverkleidung des Verursachers liegt neben dem beschädigten Fahrzeug. Ein kurzer Blick genügt: „Das war offenbar ein Audi“, sagt Richard Herrmann. Die beiden jungen Beamte des Polizeikommissariats Buxtehude dokumentieren den Schaden und versorgen die geschädigte Frau mit dem Aktenzeichen. Das braucht sie für die Versicherung. Ein paar Minuten später setzen Daebler und Herrmann ihre Fahrt durch Buxtehude schon fort.

Zwischen Verkehrskontrolle und Verbrechensbekämpfung: Richard Herrmann (stehend) und Bastian Gaebler bei der Aufnahme eines Unfallschadens. Foto: Wisser
„Wir haben keine feste Route, es gibt aber Punkte, bei denen wir häufiger vorbeischauen“, sagt Bastian Daebler. Der Bahnhof und die Bahnhofstraße gehören dazu. Viel Zeit für die Ortskontrollrunde haben die beiden an diesem Abend nicht.
Ein Pärchen streitet sich am Melkerstieg
In der Bahnhofstraße erreicht sie ein Funkspruch aus der Buxtehuder Wache. Ein junges Paar habe sich lautstark im Bereich Melkerstieg gestritten. Der Meldende befürchtet, dass dies auch handgreiflich werden kann. Als die Polizisten das Pärchen erreichen, sitzen die beiden innig auf einer Bank. Von Streit keine Spur. Dass es vor ein paar Minuten noch nicht so harmonisch war, geben aber beide sofort zu.

Für die Säulenoptik des Polizeikommissariats Buxtehude gibt es einen Grund. Die Wache war früher das Hotel Widukind. Foto: Wisser
„Ich bin wohl etwas laut geworden“, sagt der junge Mann. Das tue ihm leid. Beendet ist der Einsatz damit nicht. Die beiden Beamten trennen das Paar räumlich, befragen beide.
Kurzzeitige Trennung bringt keine Erkenntnisse
Damit bekommt die junge Frau die Möglichkeit, um Hilfe zu bitten, ohne dass ihr Freund daneben steht und das sofort mitbekommt. Am Ende ist die Version vom kurzen Streit zweier Verliebter so glaubwürdig, dass der VW Passat in den Farben der Polizei seine Runde durch die Stadt fortsetzt.
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Vom Melkerstieg geht es zurück auf die Harburger Straße und von dort auf die Konrad-Adenauer-Allee. Auch hier stoppt die Streifenfahrt schnell.
Authentisch und um keinen Spruch verlegen
Ein mit zwei jungen Männern besetzter Motorroller fällt durch eine sehr sportliche Fahrweise auf, und da Verkehrskontrollen zum Auftrag gehören, folgt der Streifenwagen dem Motorroller auf den angrenzenden Rewe-Parkplatz. Da die Rückspiegel des Rollers falsch eingestellt sind, dauert es, bis die beiden Männer den Polizeiwagen überhaupt wahrnehmen. Nachdem der Motorroller anhält, wird klar, dass Aufklärung notwendig ist. Fahrer und Beifahrer sind 22 Jahre alte Männer. Sie sind um keinen Spruch verlegen.
Kein Führerschein und ein geklautes Kennzeichen
„Wir sind euch echt nicht böse, ihr macht ja auch nur euren Job“, sagt der Beifahrer zum Streifenwagen-Gespann, als klar wird, dass der Fahrer in Schwierigkeiten steckt. Der gibt ziemlich schnell zu, dass er keinen Führerschein hat. Bei der Kontrolle der Versicherungskennzeichen kommt außerdem heraus, dass diese gestohlen wurden - vor zwei Tagen in Brandenburg.
„Das Fahrzeug habe ich heute über Ebay-Kleinanzeigen in der Schröderstraße gekauft“, sagt der Fahrer. Einen Kaufvertrag habe er nicht, die Papiere für die Maschine lägen zu Hause. Klar ist: Die beiden werden ihren Weg zu Fuß fortsetzen. Ohne Versicherung und Klärung der Eigentumsverhältnisse gibt es keine Weiterfahrt. Bastian Daebler ordert einen VW-Bus von der Wache.
Plötzlich Streit nach einem Blickduell
Währenddessen schafft es der Beifahrer nur via Augenkontakt einen Streit mit einem anderen Passanten anzufangen. „Was guckst du so“, sagt der zufällig Vorbeigehende nach einem Blickduell und auch der Beifahrer schaltet sofort einige Gänge höher.
Die beiden Beamten machen den beiden Zufallsstreithähnen ruckzuck klar, dass sie diesen Unsinn sofort zu lassen haben.
„Wir sind euch echt nicht böse, ihr macht ja auch nur euren Job.“
Beifahrer des Motorrollers
Der Fahrer ist derweil ziemlich niedergeschlagen. „Ich mache gerade meinen Führerschein, was passiert da jetzt?“, fragt er die beiden Buxtehuder Polizisten hilfesuchend. Da können ihm die Polizisten nicht weiterhelfen. Das Fahren ohne Führerschein ist aber kein guter Punkt beim Erwerb einer Fahrerlaubnis.
Roller aus Buxtehude, Papiere aus Brandenburg
Auf der Wache stellt sich heraus, dass Kennzeichen und Motorroller nicht zusammengehören. Der in Brandenburg gestohlene Roller und das Kennzeichen sind verschiedene Wege gegangen. Der Buxtehuder Roller ist nicht als gestohlen gemeldet.
Wenn der mutmaßliche Besitzer seinen Anspruch am Fahrzeug durch das Vorzeigen der Papiere bei der Wache nachweisen kann, bekommt er den Motorroller zurück. Er will am nächsten Tag kommen und den Roller nach Hause schieben.
Schmaler Grad zwischen Beweisstück und Schrott
Dafür wären die Polizisten dankbar. Vieles von dem, was die Polizei an Fahrrädern, Mofas und Rollern einsammelt, wird nicht wieder abgeholt und steht rum. Der Grad zwischen Beweisstück und Schrott ist oft nicht groß. Wenn die Dinge aus polizeilicher Sicht oder für die juristische Aufarbeitung nicht mehr gebraucht werden, gehen sie nach einer Zeit an die Stadt. Die bessere Sachen landen in der Online-Versteigerung, die anderen im Müll.
Elf gegen zwei auf dem Buxtehuder Bahnhof
Wie schnell ein Streit zwischen jungen Männern eskalieren kann, zeigt sich eine halbe Stunde später. Eigentlich ist die Schicht schon zu Ende. „Schlägerei am Buxtehuder Bahnhof - elf gegen zwei, alles junge Männer in Jogginghosen“, heißt es plötzlich. Ab da geht alles sehr schnell.
Grundlagenforschung
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Eine Minute nach der Alarmierung sind drei Streifenwagen besetzt und auf dem Weg. Eine weitere Minute später sind die Autos auf beiden Seiten des Bahnhofs in Position. Die Fahrt mit Blaulicht von der Wache an der Hansestraße hat nicht einmal eine Minute gedauert. Als die Beamten am Bahnhof sind, ist von einer Schlägerei allerdings nichts mehr zu sehen.
Viel Aufregung, aber keine Anzeigen oder Verletzte
Der Anrufer ist noch da. Auch einige der Beteiligten sind noch vor Ort und werden befragt. Andere sind weggelaufen. Einer ist sogar in das Fahrzeug einer am Bahnhof auf der Südseite wartenden Frau gesprungen und fordert sie auf, bei der Flucht zu helfen. Als sie sich weigert, verlässt der junge Mann das Auto und rennt in Richtung Aldi. Das dauert nur Sekunden, die Frau ist aber trotzdem sichtlich geschockt.

Das Kontrollzentrum in der Wache in Buxtehude. Von hier werden alle Einsätze koordiniert. Foto: Wisser
Es ist eine dieser Situationen, die in den sozialen Medien schnell große Resonanz finden kann und für das Sicherheitsgefühl der Menschen in der Stadt Gift ist. Viel passiert ist letztendlich nicht. Es gibt keine Anzeigen und keine Verletzten. Zu mehr als ein paar Schubsern ist es offenbar nicht gekommen. Nach 15 Minuten vor Ort endet der Einsatz, und die Beamten kehren in die Wache im ehemaligen Hotel Widukind zurück.
Ein verlorenes Portemonnaie und ein verletzter Vogel
Sie sind gerade rechtzeitig zurück, um zwei andere Probleme zu lösen. Ein ältere Frau holt ihr Portemonnaie ab. Sie hatte es in Jork verloren, und ein ehrlicher Finder gab es bei der Polizei ab. Sie bedankt sich mehrfach und ist sichtlich glücklich. Die Frau ist gerade aus das Wache raus, da klingt das Telefon.
Ein verletzter Vogel ist in Horneburg gefunden worden und bedarf der Hilfe. Eigentlich ist das ein Fall für einen Tierarzt. Tatsächlich öffnet der Wachhabende mit wenigen Klicks eine Liste mit Vogelkundigen, die in solchen Situationen helfen. Es ist ja nicht der erste Anruf dieser Art.

Kontrolle mit Folgen: Der Fahrer hatte keinen Führerschein und keinen Versicherungsschutz für den Motorroller. Foto: Wisser