TEin Jahr 19 Prozent Mehrwertsteuer: Das sind die Folgen für die Gastronomie

Seit einem Jahr gilt in der Gastrobranche wieder der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent auf Restaurant-Essen. 2020 war der Satz aufgrund der Corona-Pandemie auf 7 Prozent abgesenkt worden. Foto: Sina Schuldt/dpa
Die Branche prophezeite bei der Wiedereinführung der Mehrwertsteuer von 19 Prozent ein großes Gastro-Sterben. Das war vor einem Jahr. Wie sieht es jetzt in der Gastro-Szene in der Region aus?
Landkreis Cuxhaven. Seit gut einem Jahr gilt er wieder für die Gastronomie – der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Die Branche prophezeite in der Folge ein großes Gastro-Sterben. Tatsächlich hat es im Landkreis Cuxhaven im vergangenen Jahr eine Reihe von Betriebsaufgaben gegeben. Allein in der Gemeinde Wurster Nordseeküste waren drei Landgasthöfe betroffen. Aber auch bundesweit sei dieser Negativtrend zu spüren gewesen, berichtet Olaf Wurm.
Wurm: Situation für die Branche hat sich nicht verbessert
Der Vorsitzende des DEHOGA-Kreisverbandes Wesermünde-Hadeln und des Bezirksverbandes Stade sieht den Grund für Betriebsaufgaben zwar nicht allein in der Rückkehr zum alten Mehrwertsteuersatz. Allerdings habe sich die Situation für die Branche seither nicht verbessert, bilanziert der gelernte Koch, der in Dorum-Neufeld das Restaurant „Fisch & Meer“ betreibt.
Wir sollen ordentliche Löhne bezahlen, ein angenehmes Ambiente vorhalten, gute Ware einkaufen – das kostet alles auch gutes Geld.
Olaf Wurm, Vorsitzender DEHOGA-Kreisverband Wesermünde-Hadeln
„Wenn man die Kommentare in der Branche verfolgt, hört man immer wieder, dass viele Läden schließen, selbst in Großstädten“, sagt Wurm. Als Grund würden immer wieder auch die infolge der Mehrwertsteueranpassung erhöhten Preise genannt. Auch er hat die Preise in seinem Restaurant erhöht. „Und ich kenne niemanden, der das im vergangenen Jahr nicht getan hat.“
Kunden preissensibler bei Restaurantbesuchen
Doch die Kundschaft sei immer weniger bereit, diese Preise zu bezahlen. „Essen gehen ist immer noch für viele Menschen ein Luxus“, so Wurm. Für Gastronomen bedeutet das am Ende des Tages Verluste, wenn immer weniger Gäste kommen.
Die Kritik an der Preisentwicklung zeigt sich unter anderem bei den Restaurant-Bewertungen im Netz. „Aber was sollen wir tun?“, fragt Wurm. „Wir sollen ordentliche Löhne bezahlen, ein angenehmes Ambiente vorhalten, gute Ware einkaufen – das kostet alles auch gutes Geld.“ Diese Kosten müssten an den Gast weitergegeben werden.
Trend: Kürzere Verweildauer im Restaurant
Ein anderer Trend, den Wurm angesichts der gestiegenen Restaurantpreise beobachtet: „Die Verweildauer ist kürzer, weil die Gäste weniger Getränke bestellen.“ Um die Entwicklung aufzufangen, müssten die Getränkepreise angehoben werden.
Trotz der gestiegenen Kosten zieht er für sein eigenes Restaurant, das in einem touristischen Zentrum im Kreis Cuxhaven liegt, eine verhalten positive Bilanz: „Ich will nicht sagen, dass das Jahr schlechter als 2023 war. Aber wir hätten mehr machen müssen, um Steuerdifferenz vollständig aufzufangen – das haben wir nicht getan.“
Pächter der „Gemütlichen Ecke“ gibt nach einer Saison auf
Bei anderen Gastronomen ist die Bilanz weit weniger positiv ausgefallen. Ein Beispiel ist das Traditionsgasthaus „Zur gemütlichen Ecke“ in Spieka-Neufeld. Ein junger Pächter hatte es zu Beginn des Jahres 2024 übernommen und Ende des Jahres wieder aufgegeben. Zuvor habe er Mitarbeiter entlassen müssen, nachdem die Gästezahlen nach der Saison für ihn unerwartet stark eingebrochen waren.
Wurm, der sein Restaurant ebenfalls in der Gemeinde Wurster Nordseeküste hat, bedauert die Schließung: „Für uns bedeutet das ein gastronomisches Loch, denn zwischen Dorum-Neufeld und Cuxhaven-Sahlenburg gibt es nun kein Restaurant mehr.“
Erfahrungsaustausch bei der ‚Jungen DEHOGA‘
Kann ein Verband nachsteuern, um jungen, in der Selbstständigkeit noch unerfahrenen Gastronomen den Einstieg zu erleichtern? „Wir haben die ‚Junge DEHOGA‘, in der sich viele junge Gastronomen zusammengeschlossen haben“, berichtet Wurm. Sie treffen sich zum Austausch, besuchen einander und lernen innovative Betriebe kennen. Allerdings sei die Sparte hier, anders als etwa in Ostfriesland, nicht so aktiv. Unterstützung, so Wurm, erfordert aber immer auch Eigeninitiative.
Gastronomie
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Initiativ ist Wurm auch in eigener Sache. Seit Jahren hat er für Anfang 2026 seinen Rückzug als DEHOGA-Kreisvorsitzender angekündigt. Einen potenziellen Nachfolger hat er nicht gefunden. Bei der DEHOGA-Mitgliederversammlung am 21. Januar steht deshalb das Thema Fusion mit einem der DEHOGA-Nachbar-Kreisverbände auf der Tagesordnung.
Wirklich vorstellen mag sich Wurm diese Option bisher nicht. „Ich habe die Hoffnung, dass wir doch noch einen Gastronomen finden, der das Amt übernimmt.“ In diesem Fall würde der Vorstand um Wurm noch ein Jahr dranhängen, um die oder den neuen Vorsitzenden Zeit zum Einarbeiten zu geben. Findet sich kein Nachfolger, steht für den DEHOGA Wesermünde-Hadeln das Jahr 2025 im Zeichen von Fusionsgesprächen.