TElbe-Kliniken-Betriebsrat: Krankenhaus-Reform ist „brandgefährlich“

Kai Holm ist seit der Fusion von Stade und Buxtehude 2000 Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Elbe Kliniken. Foto: Wisser
Durch eine Reform sollen sich Krankenhäuser noch mehr spezialisieren, zugleich droht vielen Kliniken das Aus. Was Krankenhaus-Chef, Betriebsrat und Landrat kritisieren.
Buxtehude. Große Enttäuschung bei den Verantwortlichen für die Krankenhäuser in Stade und Buxtehude. Trotz der Bedenken der betroffenen Kommunen in Niedersachsen hat das Land, wie berichtet, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) nicht in den Vermittlungsausschuss überwiesen.
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Die Kliniken hatten das Land zuvor aufgefordert, sich für ein Vermittlungsverfahren einzusetzen, um Nachbesserungen durchzusetzen. Der Stader Kreistag hatte sich ebenfalls dafür in einer Sondersitzung ausgesprochen.
Kliniken-Chef: Letzte Chance auf Kompromiss verpasst
„Die letzte Chance für einen kurzfristigen politischen Kompromiss und schnelle Korrekturen an der Reform wurde verpasst“, sagt Siegfried Ristau, Geschäftsführer der Elbe Kliniken Stade und Buxtehude.

Elbe Kliniken-Geschäftsführer Siegfried Ristau. Foto: Stephan
„Korrekturen an der Reform werden voraussichtlich erst nach der Bildung einer neuen Bundesregierung möglich sein, obwohl die Krankenhäuser bereits jetzt Planungssicherheit benötigen“, so Ristau, auch Vorsitzender der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen des Verbands der Krankenhausdirektoren Deutschlands.
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Das sind die Ziele der Reform: Durch mehr Spezialisierung soll die Versorgung der Patienten verbessert werden. Krankenhäuser sollen durch ein neues Finanzierungssystem wirtschaftlich entlastet werden, in kleineren Häusern auf dem Land sollen verstärkt Fachärzte ambulant praktizieren. Die Umsetzung soll bis 2029 dauern und mit 50 Milliarden Euro finanziert werden.
Reform-Kernstück ist ein neues Vergütungssystem
Kernstück ist ein neues Vergütungssystem, das die Kliniken von dem Druck befreien soll, mehr Patienten behandeln zu müssen, um rentabel zu sein. Bislang finanzieren sich Krankenhäuser über Fallpauschalen.
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Die Fallpauschalen sollen nun auf 40 Prozent abgesenkt werden. 60 Prozent sollen Kliniken allein für das Vorhalten von Leistungsangeboten bekommen. Die Reform sieht vor, dass jeder Bürger Kliniken mit Abteilungen für Innere Medizin und Allgemeine Chirurgie in 30 Minuten Auto-Fahrzeit erreichen kann.
„Vielen Kliniken läuft die Zeit davon. An der strukturellen Unterfinanzierung ändert sich mit der Reform nichts. Die Lage für die Kliniken ist und bleibt absehbar dramatisch“, sagt Ristau. Er erwartet vom Land Niedersachsen jetzt maximale Unterstützung. Höchste Priorität habe die Stabilisierung der Krankenhäuser. Dazu zählen ein Inflationsausgleich für die Jahre 2022 bis 2024 sowie eine Überbrückungsfinanzierung bis 2027.
Landrats-Garantie: Buxtehude wird nicht infrage gestellt
Landrat Kai Seefried (CDU) nutzt die Debatte für ein Bekenntnis zu beiden Standorten der Elbe Kliniken. „Ich stehe voll und ganz zu beiden Häusern“, sagt er. „Ich habe immer gesagt - und dazu stehe ich auch heute -, dass es keinen Grund für eine Debatte um den Standort Buxtehude gibt. Die Klinik in Buxtehude wird nicht im Geringsten infrage gestellt“, so Seefried. Buxtehude taucht immer wieder in der Diskussion auf, weil es der kleinere Standort ist. Von 1700 Krankenhäusern in Deutschland werden Hunderte aufgrund der Reform schließen müssen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) rechnet damit, dass 20 Prozent der Kliniken nicht überleben.

Der Apfel als Symbol für eine gute Gesundheit: Landrat Kai Seefried gibt den Elbe Kliniken maximalen Support. Foto: Wisser
„Es ist und bleibt ein richtiger Fehlstart für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz. Dass der Bundesrat die Gesundheitsreform ohne eine bessere Finanzierung habe passieren lassen, sei eine herbe Enttäuschung. Leider hätten die massiven Bedenken der Landkreise und der Klinikverbände die Landesregierung zu keiner anderen Entscheidung bewegen können.
Verheerende Entscheidung für die Krankenhäuser
„Für die niedersächsische Kliniklandschaft ist diese Entscheidung verheerend“, sagt Kai Seefried. Bereits heute seien 90 Prozent der niedersächsischen Kliniken nicht mehr in der Lage den laufenden Betrieb finanzieren zu können. „Ich kann einfach nicht begreifen, dass die Bundesregierung und die Landesregierung einfach nur zuschaut und die Kliniken und auch die Träger, wie uns als Landkreis, in diese finanzielle Lage bringen“, so der Landrat.
Land soll Kreise bei Krankenhaus-Finanzierung helfen
„Da die niedersächsische Landesregierung die Reform ohne eine finanzielle Unterstützung der Kliniken und ihrer Träger umsetzen lässt, erwarten wir eine Erhöhung des kommunalen Finanzausgleichs durch das Land Niedersachsen, um das strukturelle Defizit beim Betrieb der Kliniken auszugleichen“, so Kai Seefried.
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Die Elbe Kliniken sind mit 3000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber im Landkreis. „Was jetzt passiert ist, ist brandgefährlich“, sagt Kai Holm, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Elbe Kliniken Stade und Buxtehude als deren Vetreter. Brandgefährlich, weil es keine Zwischenfinanzierung für die Zeit gebe, die bis zur Reform greife. Die Kosten überfordern die kommunalen Träger, „wir sind dankbar für das, was der Kreis tut, aber das geht nicht lange gut“, sagt Kai Holm gegenüber dem TAGEBLATT.
Stade sei durch seine Bedeutung für die Versorgung nicht gefährdert. Kreis und Land werden dort in den nächsten zehn Jahren über 300 Millionen Euro investieren. Vom Kreis werden dafür wohl über 100 Millionen Euro kommen müssen.
Neue Aufgaben für Buxtehude und Bremervörde
Buxtehude und Bremervörde müssten auch durch die Umverteilungen im Elbe-Kliniken-Verbund so gestärkt werden, dass sie auch nicht in Gefahr geraten würden. „Da sind wir intern auf einem guten Weg“, so Holm. Das Krankenhaus in Bremervörde gehört über die Ostemed zum Elbe Kliniken-Verbund.

Kai Holm ist seit der Fusion von Stade und Buxtehude 2000 Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Elbe Kliniken. Foto: Wisser