TEskalation bei Bauern-Blockade: Diese Strafen drohen den Teilnehmern

Mit Treckern wurden die Zufahrten zum Gewerbegebiet Carl-Schurz abgeriegelt. Die Polizei leitete später 115 Ermittlungsverfahren ein, meist wegen Nötigung. Das könnte böse Folgen haben. Foto: Scheschonka
115 Ermittlungsverfahren wurden eröffnet während der Blockade der Landwirte Anfang Februar in Bremerhaven. Dabei geht es auch um Straftatbestände, die mehrjährige Haftstrafen zur Folge haben können.
Bremerhaven. Am Freitag, 2. Februar, hatten sich 80 Personen spontan an einer Blockade an der Wurster Straße beteiligt. Nachdem die offizielle Versammlung beendet wurde, blieben fast alle Teilnehmer vor Ort und setzten die Blockade fort. Die sei damit nicht mehr von der Versammlungsfreiheit gedeckt gewesen, die Teilnehmer seien zu Beschuldigten geworden, heißt es in einem Bericht des Innenressorts.
Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren möglich
Dort sind auch die Ermittlungsverfahren aufgelistet. 115 Fälle sind es insgesamt. Allein 110 Verfahren sind wegen Nötigung eingeleitet worden. Sollte die Tat nachgewiesen werden, kann das schwerwiegende Folgen haben. Das Strafgesetzbuch sieht einen Strafrahmen von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor.

Die Blockade der Landwirte Anfang Februar an der Wurster Straße war spontan. Freiwillig wurde sie nicht beendet. Die Polizei griff durch. Am Ende gab es 115 Ermittlungsverfahren. Foto: Scheschonka
In zwei Fällen geht es um den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. In einem Fall geht es um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Das Gesetz sieht hier eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor oder eine Geldstrafe. In schweren Fällen ist eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren möglich.
Bei einem Fall geht es um Fahren ohne Fahrerlaubnis. Auch dabei ist eine Freiheitsstrafen von bis zu 6 Monaten möglich oder eine Geldstrafe. Ein weiterer Fall wird unkonkret als Umweltdelikt gelistet.
Schlag mit der Kelle auf Frontscheibe
Laut Ressorbericht des Innenministeriums versuchte zunächst ein Pkw-Fahrer, einen von der Polizei abgesperrten Bereich zu durchbrechen. Er stoppte, als ein Beamter mit der Kelle auf die Frontscheibe schlug. Der Fahrer wurde festgenommen und ein Verfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet, heißt es dort weiter. Danach sei ein Platzverweis ausgesprochen worden, dann konnte der Mann gehen.
Jetzt lesen:
- Zeigt die Nacht-Blockade in Bremerhaven, dass der Bauernprotest eskaliert?
- Misthaufen vor Druckerei in Bremerhaven: Bauern sagen, sie sind es nicht gewesen
Beim zweiten Vorfall handele es sich um einen Traktor-Fahrer, der gezielt auf einen Beamten zugefahren sei. „Dieser konnte sich nur durch einen Sprung aus dem Gefahrenbereich der Situation entziehen“, heißt es. Die Antwort auf die Frage der SPD, ob der Mann festgenommen wurde, überrascht. In dem Bericht ist von einer „dynamischen Situation“ die Rede. Die sei dafür verantwortlich, dass weder die Person noch ein Kennzeichen oder das Fabrikat erkannt wurde. Eine Videoaufzeichnung liege auch nicht vor. „Die Ermittlungen dauern an“, heißt es weiter.
Kein freiwilliges Ende der Blockade
In dem Bericht wird betont, dass das Ende der Blockade keine freiwillige Angelegenheit gewesen sei. Nachdem die offizielle Versammlung beendet wurde, blieben laut Bericht nahezu alle Teilnehmer vor Ort und setzten die Blockade fort. Die sei damit nicht mehr von der Versammlungsfreiheit gedeckt gewesen, die Teilnehmer seien zu Beschuldigten geworden.
In dem Bericht wird betont, dass man versucht habe, die „Situation auf kommunikativem Weg zu lösen“. Aber die Beteiligten seien nicht mehr „gesprächs- oder kooperationsbereit“ gewesen. Die „Beschuldigten“ wurden dann separiert, um die Identitäten festzustellen. Auf eine Beschlagnahme der Fahrzeuge verzichtete die Polizei.
An diesem Abend wurden viele Ermittlungsverfahren eingeleitet. Bei 110 Fällen ging es um Nötigung, bei zwei Fällen um einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Ermittelt wird auch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und Fahren ohne Fahrerlaubnis.
Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Claus Seebeck (CDU) hatte sich laut Bericht beim Polizeiführer gemeldet, um zur Deeskalation beizutragen. Die Teilnehmer hätten auf den Abgeordneten „jedoch durchgängig ablehnend“ reagiert. Sie hätten dann erklärt, die Blockade nur aufzugeben, wenn auf Identitätsfeststellung und Strafverfolgung verzichtet werde.
Blockade des Druckzentrums
In einem weiteren Bericht bewertet das Innenressort die Blockade des Druckzentrums der "Nordsee-Zeitung" abermals als „grundlegend antidemokratische Aktion“. Die Auslieferung einer Zeitung zu blockieren, weil deren Berichterstattung missfalle, „zeugt von einer Missachtung oder gar Ablehnung der Meinungs- und Pressefreiheit und deutet auf eine Radikalisierung in Teilen des bäuerlichen Spektrums hin“. Der Bericht verweist auch auf die Versuche „der extremistischen Gruppierung Gemeinsam Stark Bremerhaven“, die Proteste zu instrumentalisieren. In den vergangenen Wochen seien weitere Versuche jedoch gescheitert. Von einer Unterwanderung der Proteste geht der Senator derzeit nicht aus.

Mit Treckern wurden die Zufahrten zum Gewerbegebiet Carl-Schurz abgeriegelt. Die Polizei leitete später 115 Ermittlungsverfahren ein, meist wegen Nötigung. Das könnte böse Folgen haben. Foto: Scheschonka