TEx-Polizistin angeklagt: Gerät Stader Polizeiführung in Erklärungsnot?

Eine Stader Polizistin soll Covid-19-Bescheinigungen gefälscht haben (Symbolbild). Foto: Sven Hoppe/dpa
Der Umgang mit Corona-Tests bei der Polizei stand im Zentrum des dritten Verhandlungstages im Prozess um eine angeklagte Ex-Beamtin. Eine Frage könnte noch entscheidend für die Urteilsfindung sein.
Stade. Im Prozess gegen die Ex-Polizistin wegen Urkundenfälschung will die Verteidigung nun die ganze Chefetage der Stader Polizeiinspektion aus dem Jahr 2022 antanzen lassen.
Am dritten Verhandlungstag arbeitete der Corona-Spezial-Anwalt Ivan Künnemann grundlegende „Ungereimtheiten“ beim Umgang mit geimpften und nichtgeimpften Beamten auf der Dienststelle heraus. Das müsse geklärt werden.
Die 34-jährige damalige Polizistin gehörte zu den Nicht-Geimpften. Sie und 15 weitere Nicht-Geimpfte mussten täglich vor Dienstbeginn einen frischen Corona-Test vorlegen. Der wurde dann abgeheftet. So machte es auch die Angeklagte, allerdings mit gefälschten Testdokumenten, wie der Staatsanwalt ihr in seiner Anklageschrift vorwirft.
Freizügiges Prozedere bei geimpften Polizisten
Für die geimpften Beamten der Polizeidienststelle Stade galt eine andere Regelung: Sie mussten laut Verfügung lediglich drei Mal die Woche einen Test machen, aber dafür galt ein viel freizügigeres Prozedere. Denn anscheinend machten geimpfte Polizisten die Tests einfach nicht, was auch niemanden groß störte.
Der damalige Vorgesetzte der Angeklagten, der den ganzen Fall ins Rollen gebracht hatte, was in der Folge zur Suspendierung der Beamtin und zur Anklage führte, wurde am Mittwoch vor Gericht befragt.
Aus seinem Bereich habe sich kein geimpfter Mitarbeiter testen lassen, er habe das auch nie kontrolliert, und er habe dazu auch nicht den Auftrag von Vorgesetzten gehabt. Außerdem, so der ehemalige Fachkommissariatsleiter vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts, sei das in allen anderen Kommissariaten so gehandhabt worden.
Anwalt Künnemann fragte daraufhin nach etwaigen Unstimmigkeiten oder Zerwürfnissen zwischen seiner Mandantin und dem ehemaligen Vorgesetzten. Nein, die Polizistin habe im Bereich Kinderpornografie normal gearbeitet. Dass sie mit den Corona-Maßnahmen nicht einverstanden gewesen sei, habe er zwar gemerkt, aber dazu dürfe ja jeder seine Meinung haben, so der Zeuge.
Bei einem Vorfall sei die Angeklagte „unverschämt“ gewesen
Einmal habe er sie aber als „unverschämt“ empfunden, als er sie mehrfach vergeblich versucht hatte, in einer Krankheitswoche zu Hause zu erreichen. Als sie dann zurückrief, habe sie gefragt, was es so Wichtiges gebe, dass es nicht warten könne.
Auf dem Programm des Prozesstages stand noch das grundsätzliche Rechtsgespräch, in dem Gedanken ausgetauscht wurden. Darin stellte Anwalt Künnemann, laut Internet auf Corona-Fragen spezialisiert, infrage, ob viele der von der Anklagebehörde vorgelegten Dokumente überhaupt als Urkunden anzuerkennen seien, wenn die Unterschrift eines Arztes, eine Chargennummer oder die Bezeichnung der Krankheit fehle, gegen die geimpft worden sei.
Hat die Angeklagte eine pandemiebedingte Notlage ausgenutzt?
Staatsanwalt Dr. Lahmann hingegen warf eine Ansicht in den Ring, die noch zu einer Strafverschärfung führen könnte. Der neue Rechtsgedanke: Die Angeklagte habe bei ihrem Tun eine pandemiebedingte Notlage ausgenutzt.
Der Vorsitzende, Richter Zazoff, machte deutlich, dass er vor allem auf den Bundesgerichtshof (BGH) blicke, der vom Impfpass als einer Urkunde ausgehe. Das sei der Ausgangspunkt, alles weitere werde Stück für Stück in die Verhandlung eingeführt und bewertet.
Die Verhandlung wird am 7. November mit einer Handvoll Zeugen fortgesetzt.