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Entführungsdrama

TFlughafen will hohe Schadenssumme von Buxtehuder Geiselnehmer

Salman E. bei seiner widerstandslosen Festnahme nach 18 Stunden Geiseldrama.

Salman E. bei seiner widerstandslosen Festnahme nach 18 Stunden Geiseldrama. Foto: Jonas Walzberg/dpa

Neue Entwicklungen in der Aufarbeitung des Geiseldramas um ein Stader Mädchen: Der Airport will an Salman E. ein Exempel statuieren – aber auch an Klimaklebern.

Von Redaktion Samstag, 27.01.2024, 18:03 Uhr

Hamburg/Stade/Buxtehude. Wegen der dramatischen Geiselnahme im November vergangenen Jahres will der Hamburger Flughafen dem Buxtehuder Salman E. Schadenersatz einfordern. Eine sehr hohe Summe, nämlich eine halbe Million Euro, will der Airport von dem Geiselnehmer verlangen, der den Flugbetrieb am 4. und 5. November für rund 18 Stunden lahmgelegt hatte - seine kleine Tochter (4) in seiner Gewalt.

Der 35-Jährige hatte mit einem Auto eine Absperrung durchbrochen und war auf das Vorfeld gerast. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft gab er drei Schüsse aus einer Pistole ab, warf zwei Brandsätze und drohte mit einer Bombe, die sich später als Attrappe herausstellte. Es hatte sich um ein mit Alufolie umwickeltes Buch gehandelt, in das Drähte gesteckt waren.

Hintergrund der Tat war ein Sorgerechtsstreit: Salman E. wollte die gemeinsame Ausreise mit seiner zuvor aus der Wohnung seiner Ex-Frau in Stade entführten gemeinsamen Tochter in die Türkei erzwingen. Salman E., türkischer Staatsbürger, soll seine Ex-Partnerin in der Stader Udonenstraße mit einer halbautomatischen Selbstladekurzwaffe bedroht und dabei einen Schuss in die Luft abgegeben haben.

Darum fordert der Flughafen Hamburg Schadenersatz vom Geiselnehmer

Airport-Geschäftsführer Christian Kunsch ist in diesem Fall zwar nicht sehr optimistisch, dass der 35-Jährige - sollte er verurteilt werden - die Kosten auch wirklich erstatten wird. Der Flughafenchef betonte aber: „Es geht nicht, dass jemand uns schädigt und wir das dann nicht in Rechnung stellen.“ Es gehe auch um eine Signalwirkung.

Der Schaden durch Flugausfälle sei immens gewesen. Mindestens 213 der insgesamt 286 geplanten Flüge waren laut Airport zuvor gestrichen worden. Flughafen und Terminals mussten evakuiert, der gesamte Bereich weiträumig abgesperrt werden. Zahlreiche Passagiere mussten die Nacht in einem Flughafen-Hotel verbringen. Insgesamt waren rund 920 Beamte aus Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und der Bundespolizei im Einsatz.

Hamburg: Flughafen-Zufahrten werden jetzt massiv geschützt

Bundesweit entbrannte durch den Fall eine Debatte um fehlende Sicherheitsstandards auf Flughäfen. In Hamburg-Fühlsbüttel ist bereits reagiert worden. Es gibt neue bauliche Sicherheitsvorkehrungen an den Zufahrten. Dazu zählen Betonbarrieren und mobile Rammschutzanlagen. Einige Ausfahrten seien auch verlegt worden. Die Umbauten sollen verhindern, dass Fahrzeuge mit Gewalt in das Gelände des Airports eindringen können.

Eine mobile Rammschutzanlage sichert eine Einfahrt zum Flugfeld am Südende des Hamburger Flughafens.

Eine mobile Rammschutzanlage sichert eine Einfahrt zum Flugfeld am Südende des Hamburger Flughafens. Foto: Christian Charisius/dpa

Geplant ist in den kommenden Wochen die Installation von massiven Schutzanlagen wie stählerne Falttore und hydraulisch versenkbare Stahlpoller. Der Flughafen investiert dafür über eine Million Euro.

Buxtehuder Geiselnehmer den Behörden in Stade bekannt

Der Geiselnehmer war bereits im Frühjahr 2023 zu einer Geldstrafe von 3600 Euro wegen Entziehung Minderjähriger verurteilt worden. Salman E. hatte das Mädchen im März 2022 in seine Heimat mitgenommen. Die Mutter hatte Anzeige erstattet, dann aber zunächst versucht, auf anderem Wege die Sache zu regeln. Zunächst war das Verfahren daher eingestellt worden.

Am 2. September 2022 hatte die Frau dann noch einmal Anzeige erstattet. Zuvor hatte im Juli das Familiengericht des Amtsgerichts Stade dem Vater die elterliche Sorge entzogen und das Sorgerecht allein der Mutter übertragen. Die Frau holte ihre Tochter demnach am 17. September aus der Türkei ab und brachte sie zurück nach Deutschland.

Salman E. wollte die Ausreise mit seiner Tochter in die Türkei erzwingen.

Salman E. wollte die Ausreise mit seiner Tochter in die Türkei erzwingen. Foto: Bodo Marks/dpa

Airport Hamburg will hohen Schadenersatz von Klimaklebern

Eine ebenfalls hohe Summe von 150.000 Euro stellt der Flughafen Mitgliedern der Protestgruppe Letzte Generation in Rechnung. Die Klimaaktivisten, die am 13. Juli vergangenen Jahres den Flughafenzaun durchschnitten und mit einem Klebeprotest den Flugbetrieb unterbrachen, müssten insgesamt mit 550.000 Euro an Schadenersatzforderungen rechnen.

„Das sind die 1:1 zurechenbaren Kosten“, sagte Geschäftsführer Kunsch. In der Summe seien die Reparaturkosten für den Zaun und die Rollbahn sowie die entgangenen Entgelte für Starts und Landungen enthalten. Zunächst werde aber das Strafverfahren abgewartet.

Klimaaktivisten kleben auf einem Rollfeld des Hamburger Flughafens.

Klimaaktivisten kleben auf einem Rollfeld des Hamburger Flughafens. Foto: Bodo Marks/dpa

Die Lufthansa hatte bereits im Dezember Schadenersatzforderungen über die Tochter Eurowings angekündigt. Der Konzern nannte eine Summe von 740.000 Euro im Zusammenhang mit den Störaktionen in Hamburg, Düsseldorf und Berlin. Allein in Hamburg seien 57 Flüge der Lufthansa-Gruppe (LH, Eurowings, Swiss) und 8500 Passagiere betroffen gewesen. Dabei sei ein Schaden von 400.000 Euro entstanden. (dpa/tip)

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