TGastronomie-Krise: „Heutzutage kann jeder einfach ein Restaurant eröffnen“
Der Fachkräftemangel stellt die Gastronomie vor Probleme, sagt Olaf Wurm, Vorsitzender des Dehoga-Bezirksverbandes Stade. Foto: Leuschner/dpa
Olaf Wurm, Vorsitzender des Dehoga-Bezirksverbandes Stade, blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Was ihm und anderen Gastronomen die größten Probleme bereitet.
Stade/Kreis Cuxhaven. „Gastro liegt nicht mehr im Trend“, sagt Olaf Wurm und bezieht sich damit auf die Zahlen der Auszubildenden im Gastgewerbe. Zwar gebe es laut Deutschem Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nur einen Rückgang von -1,3 Prozent bei den neuen Ausbildungsverträgen in Niedersachsen.
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Doch die Zahl der Abbrüche und auch die Durchfallquote haben sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, so Wurm. Und auch immer mehr Betriebe, in denen ausgebildet wird, schließen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Betreiber finden keine Nachfolger, sagt Wurm.
Hinzu kommt der Kostendruck durch gestiegene Energiepreise, Inflation oder zurückzuzahlende Corona-Hilfen. Auch Bürokratie und Mehrwertsteuer nennt er stellvertretend für seine Berufskollegen als Aufgabegründe.
Dehoga-Vorsitzender beklagt fehlende gastronomische Qualifikation
Hinzu käme, dass „heutzutage jeder einfach einen Imbiss oder ein Restaurant öffnen kann. Egal, ob gelernt oder nicht“. Viele seien der Annahme, man benötige keine gastronomische Ausbildung. Die Folge: Qualitätsverlust. „Sowohl beim Essen als auch beim Service“.
Dazu kämen mangelnde Hygiene- und Buchhaltungskenntnisse. „Echte Gastgeber, die auch auf die Wünsche der Gäste eingehen können“, gebe es zukünftig dann nur noch wenige. Er hat Angst, dass es bald keine Lokale mehr gibt, in denen etwa „eine Hochzeit oder Trauerfeier vernünftig ausgerichtet werden kann“.
Warum Gastgewerbe als Lehrberuf unattraktiv ist
Doch woran liegt es, dass immer weniger Menschen sich für gastgewerbliche Berufe entscheiden? Olaf Wurm mutmaßt, es liege vorrangig an den Arbeitszeiten. „Wochenende, Feiertage, Dienste am Abend – das ist nicht attraktiv, gerade für junge Leute.“
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Auch die Bezahlung sei ein Manko. Fachpersonal kostet den Arbeitgeber mehr Geld, weshalb einige auf Ungelernte zurückgreifen (müssen). Und auch ausgelernte Arbeitnehmer schauen, ob sie in anderen Branchen vielleicht mehr verdienen.
Ein Kollege von Wurm formuliert es drastischer: „Früher hat man keine guten Leute bekommen, heute kriegt man nicht mal schlechte.“ Ein Teufelskreis.
Ohne Ungelernte geht es nicht mehr
Viele Gastronomen setzen daher auf Kräfte aus dem Ausland. Da scheitere es aber oft nach kurzer Zeit an der Sprachbarriere. Dieses Problem haben Kollegen von Wurm bereits erkannt und steuern mit internen Maßnahmen gegen.
So setzt ein Hotelier aus Cuxhaven etwa auf einen Lehrer, der ausländischen Auszubildenden im Hotel- und Gastgewerbe ehrenamtlich Deutsch beibringt.
Regelmäßig findet ein Kurs statt, an dem Auszubildende aus umliegenden Betrieben teilnehmen können, wie Olaf Wurm lobend berichtet.
„Man muss lösungs- und nicht problemorientiert denken“, sagt er. Er selbst beschäftigt in seinem Lokal Fisch und Meer in Dorum-Neufeld zusätzlich zum Fachpersonal auch ungelernte Kräfte, denn ganz ohne ginge es nicht mehr.
Reduzierte Mehrwertsteuer bei Speisen?
Kürzlich war Wurm Gast auf dem Dehoga-Branchentag in Berlin, bei dem Kollegen aus ganz Deutschland sich austauschen konnten. Auch Politiker wie Kanzlerkandidat Friedrich Merz, der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki und der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt kamen zu Wort.
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Alle drei sprachen sich für die Reduzierung der Mehrwertsteuer bei Speisen auf sieben Prozent aus, wie es in einer Pressemitteilung des Dehoga heißt. Wurm setze daher „große Hoffnung in die neue Regierung“, um zukünftig faire Löhne zahlen zu können und auch Gästen ein bezahlbares Angebot zu liefern.