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Landgericht Stade

TGefälschte Corona-Zertifikate: Zwei weitere Polizisten verurteilt

Insgesamt vier Polizisten standen in zwei Prozessen vor dem Stader Landgericht.

Insgesamt vier Polizisten standen in zwei Prozessen vor dem Stader Landgericht. Foto: Stefan Puchner/dpa

Auch der zweite Prozess im Skandal um die gefälschten Corona-Zertifikate bei der Stader Polizei endet mit einem Schuldspruch. Zuvor kam es zu hitzigen Debatten.

Von Wilfried Stief Mittwoch, 30.07.2025, 11:50 Uhr

Stade. Richter am Landgericht verurteilten nun zwei weitere Beamte der Polizei Stade, die im Zusammenhang mit gefälschten Corona-Impfausweisen für Aufsehen gesorgt hatten. Damit erhielten im letzten halben Jahr alle vier involvierten Polizistinnen und Polizisten ihr Urteil wegen Urkundenfälschung oder der Anstiftung dazu.

Im Zentrum der Verfahren stand eine Polizeianwärterin aus Zeven, die zu Corona-Hochzeiten vor gut drei Jahren an ihrer Dienststelle in Stade falsche Bescheinigungen vorlegte und begann, Impfausweise zu fälschen. Als sie aufflog, nahmen Ermittlungen gegen sie und weitere Polizisten ihren Lauf. Die Ermittlungsergebnisse mündeten in Anklagen wegen Urkundenfälschung und Anstiftung dazu.

Rund ein Dutzend Fälle stand in der Anklageschrift

Die 34-jährige Polizeianwärterin wurde von der 2. Großen Strafkammer zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, was eine Strafaussetzung zur Bewährung ausschließt. Zudem attestierte die Kammer eine rechte und rechtsfeindliche Gesinnung. Dieses Urteil beschäftigt derzeit die Richter am Bundesgerichtshof, weil Revision eingelegt wurde.

Zu hitzigen Debatten zwischen Staatsanwalt und Verteidigern kam es auch im jetzt über Wochen geführten Prozess gegen den angeklagten Polizisten und die angeklagte Polizistin. Sie sollen gefälschte Impfausweise bestellt und an Familienangehörige und Bekannte weitergeben haben. Ein Dutzend Fälle stand in der Anklageschrift.

Die Verteidiger führten immer wieder ins Feld, dass es lediglich Chatverläufe, aber keine echten Zeugen gebe. Dabei brauche es Belege, Nachweise und eben Beweise, um verurteilen zu können, sagte Rechtsanwalt Lausen, der zusammen mit dem Corona-Spezialanwalt Künnemann den Polizisten vertrat.

Zudem seien Impfpässe für ihn – Lausen - nur Erinnerungsbescheinigungen, nicht aber Ausweise im eigentlichen Sinne. Daher gebe es auch kein Impfausweisgesetz. Vor dem Stader Landgericht aber werde ein „Riesenzauber“ von der Staatsanwaltschaft veranstaltet, um davon abzulenken, dass es nichts Handfestes zulasten der Angeklagten gebe. Er forderte für seinen Mandanten Freispruch, ebenso wie der Verteidiger für die angeklagte Polizistin Freispruch forderte.

Richter sprechen von „erdrückenden Beweismitteln“

Auf die Richter der 2. Großen Strafkammer unter Vorsitz von Richter Zaszow wirkten die engagiert vorgetragenen Plädoyers wenig beeindruckend. Richter Zaszow sprach in seiner Urteilsbegründung sogar von „erdrückenden Beweismitteln“. Denn der Polizist und die bereits verurteilte Impfpassfälscherin hätten offen kommuniziert.

Die Chats seien zwar verklausuliert gewesen, aber in der Menge eindeutig. Besonders unbedacht wirkte da eine Äußerung der Impfpassfälscherin, die schrieb, sie sei jetzt „Impfarzt“. Zudem sei deutlich geworden, dass sich bei den beiden Kollegen/innen in deren Chats zunehmend verfestigter Hass auf die rechtsstaatlichen Instanzen eingestellt hätte, auch wurde rechtsextremes Gedankengut seitens der Kammer unterstellt. „Das muss ernst genommen werden“, sagte der Vorsitzende.

Nach Urteil: Dürfen die Angeklagte im Polizeidienst bleiben?

Die Kammer verurteilte den derzeit dienstfrei gestellten Polizisten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und setzte die Strafe zur Bewährung aus. Die Polizistin erhielt wegen Anstiftung zur Urkundenfälschung eine Strafe von 120 Tagessätzen à 40 Euro.

Ob ein Verbleib im Polizeidienst mit solchen Strafen möglich ist, klärt sich im weiteren Verlauf der Disziplinarverfahren. Das wird bei der Polizeidirektion in Lüneburg geführt. Eine Beobachterin aus Lüneburg war am Tag der Urteilsverkündung im Gerichtssaal. Wenn die Urteilsbegründungen vorliegen und die Urteile rechtskräftig sind, ergibt sich ein Gesamtbild für die jeweilige Person. Bei einer Strafe von 120 Tagessätzen gebe es keinen Automatismus, der zur Entfernung aus dem Dienst führt, sagt Polizeikommissar Laurits Penske von der Pressestelle der Polizeidirektion Lüneburg.

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