TGesprächsthema in Stade: Politik diskutiert über den Angstraum Pferdemarkt

Der Pferdemarkt in der Stader Innenstadt: Bei vielen löst er Unsicherheit aus, besonders nach Einbruch der Dunkelheit. Foto: Richter
Der Pferdemarkt in Stade löst bei vielen ein Gefühl der Unsicherheit aus - und das nicht nur im Dunkeln. Politik und Verwaltung nehmen das Thema ernst. Im Ausschuss für Feuerwehr, Sicherheit und Ordnung diskutierten sie darüber. Das kam heraus.
Stade. Die beiden Artikel im TAGEBLATT, die das Thema „Angstraum Pferdemarkt“ behandelten, schlagen hohe Wellen. Die sind jetzt auch in den Ausschuss für Feuerwehr, Sicherheit und Verkehr geschwappt. Treibende Kraft war Christian Demski. Kurz nachdem die Sitzung eröffnet worden war, kam der Grünen-Politiker auf den jüngsten Artikel und die Sicherheit am Pferdemarkt zu sprechen. Er schlug vor, das Thema spontan auf die Tagesordnung zu heben. Dem stimmten alle Ausschussmitglieder zu.
Statistiken bilden nicht das Unwohlsein ab
Dreckige Fassaden, die Trinkerszene unter der Kastanie, viele Jugendliche, häufig lebendig, laut, manchmal pöbelnd. Auch Menschen mit Migrationshintergrund. Das sei ein heikles Thema, denn „schnell steht ausländerfeindliche Stimmung im Raum“, sagte Demski. Er wollte wissen, ob aus Sicht der Polizei der Pferdemarkt neben dem Bahnhof ein weiterer Angstraum sei.
Demski erwähnte auch die im Bericht angesprochene zeitliche Verschiebung der ordnungsamtlichen Dienste. Die begrüße er. Damit sprach Demski die im Bericht genannte Aussage des Polizeipressesprechers Rainer Bohmbach an. „Wenn wir den Freiraum haben, fahren wir mehr Streife und versuchen, besonders in der kritischen Zeit von 18 bis 20 Uhr mehr Präsenz vor Ort zu zeigen“, hatte Bohmbach gesagt.
„Bei uns kommt an, dass man sich dort nicht wohlfühlt“
In Punkto Kriminalität gebe die Statistik zum Pferdemarkt kaum eine Steigerung her, sagte Stadtrat Carsten Brokelmann. „Bei uns kommt aber an, dass man sich dort nicht wohlfühlt.“ Eine räumliche Überwachung per Kamera? „Eher nicht“, sagte Brokelmann. Das zu ermöglichen, sei ein langwieriges und sehr kompliziertes Verfahren. Mehr Präsenz am Pferdemarkt? Brokelmann: „Wir haben keinen kommunalen Ordnungsdienst, kein Personal, nur Verkehrsüberwacher.“ Die seien aber für andere Aufgaben da. Und zwar für den ruhenden Verkehr.
Stader Innenstadt
T Diskussion um die Angst auf dem Pferdemarkt und die Mittel dagegen
Stader Innenstadt
T Angstraum Pferdemarkt: Was ist dran an der gefühlten Unsicherheit?
„Wir können ihnen nicht Dinge zuweisen, auf die sie nicht vorbereitet sind“, so der Stadtrat mit Blick auf die Verkehrsüberwacher. „Wenn wir das wollen, müssen wir mehr Personal vorsehen, einstellen und ausbilden.“ An dieser Stelle äußerte er Bedenken wegen möglicher Eskalationen. „Da müsste man drauf vorbereitet sein.“ Seitens der Polizei gebe es auch keine personellen Ressourcen. Ein Ausschussmitglied brachte noch etwas anderes aufs Tapet.
Auch strafrechtlich nicht Relevantes ist unangenehm
SPD-Fraktionsmitglied Oliver Kellmer sprach Faktoren an, die nicht strafrechtlich relevant sind und darum statistisch nicht erfasst werden. Trotzdem lösen sie ein Gefühl von Unsicherheit aus. Er nannte „Alkohol und Dreck“, sprach damit die im TAGEBLATT erwähnten Trinker an und auch die Menschen, die auf dem Pferdemarkt ihre Notdurft verrichten. „Das ist unangenehm“, so Kellmer. „Das müsste man verbessern und das könnte schon mal etwas helfen.“ Seine Fraktion hatte das Thema „Angstraum Pferdemarkt“ angeschoben und zum Runden Tisch geladen. Zu Kellmers Anmerkung könnte es bald eine Lösung geben.
Lesen Sie auch:
- Das fordern Bürger im Landkreis für den Verkehr – Kritik an Stader Bahnhof
- Hotspot Stader Bahnhof: Diese Bürger zeigen Präsenz
- Mehr Straftaten in Stade als 2021
Der Ausschuss kam auf den Kriminalpräventionsrat Stade zu sprechen, der sich gerade neu aufstellt. Da wäre das Thema gut aufgehoben, sagte Brokelmann. Es sei gut, sich zusammenzusetzen, Ideen zusammenzutragen und auch die Bürger im Dienst daran zu beteiligen.
Jugendliche haben in Stade keinen Ort zum Aufhalten
Christian Demski lag noch etwas anderes auf dem Herzen. Jugendliche hätten signalisiert: „Wir haben keinen Ort.“ Das sei auch ein sozialpolitisches und pädagogisches Problem. „Wir müssen ihnen auch Angebote machen, dass sie sich nicht ausgegrenzt fühlen“, schlug er vor. „Wir sind eine Stadt im Wandel.“ In diesem Bereich sollte auch sozialpädagogische Arbeit mit untergebracht werden.
Die Ausschussmitglieder waren von Demskis Vorschlag überrascht worden und hatten vorher keine Möglichkeit gehabt, die Problematik in ihren Fraktionen zu erörtern. Deshalb schlug der Ausschussvorsitzende Bernhard Augustin (SPD) vor: „Wir geben das Thema in die Fraktionen und gehen über die Ausschüsse. Mit der Aufgabe werden wir uns sehr intensiv beschäftigen.“
Schon der erste Bericht im TAGEBLATT zur gefühlten Unsicherheit auf dem Pferdemarkt hatte in der Redaktion zu einem riesigen Echo geführt. Allein in den sozialen Medien gab es mehr als 200 Rückmeldungen, dazu viele Zuschriften und Anrufe.
Darin wurden ähnliche Vorschläge gemacht, wie sie im Ausschuss angesprochen wurden: mehr Angebote für Jugendliche, zum Beispiel Streetworker.