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Ärzteversorgung

TGrafikerin wird Hausärztin: Quereinsteigerin übernimmt Fredenbecker Praxis

Nadine Ramm übernahm die Praxis von Dr. Friedhelm Kahl in der Fredenbecker Bahnhofstraße.

Nadine Ramm übernahm die Praxis von Dr. Friedhelm Kahl in der Fredenbecker Bahnhofstraße. Foto: Laudien

Eine Hausarztpraxis auf dem Land war ihr großer Traum. Doch der Weg dorthin war für Nadine Ramm nicht einfach. Welche Hürden sie bewältigen musste.

Von Susanne Laudien Mittwoch, 15.10.2025, 19:20 Uhr

Fredenbeck. Die Arztpraxis ist herbstlich dekoriert und neue Bilder hängen an der Wand. „Ich fühle mich hier pudelwohl“, sagt Nadine Ramm, die seit kurzer Zeit in der Praxisgemeinschaft in der Bahnhofstraße 8 in Fredenbeck als neue Hausärztin praktiziert.

Früher war die 45-Jährige bei einer Hamburger Tageszeitung erfolgreich als Kommunikations-Designerin beschäftigt. Mit 30 Jahren sattelte sie noch einmal komplett um und begann ein Medizin-Studium.

„Ich fühlte mich in meinem Beruf in dem großen Verlag nicht mehr wohl“, begründet sie ihren damaligen Entschluss. Sie half beim Deutschen Roten Kreuz und bewarb sich schließlich um einen Studienplatz für Medizin in Hamburg. Insgesamt zwölf Jahre dauerte ihre medizinische Ausbildung. Keine leichte Zeit. „Ich hatte keine finanziellen Rücklagen und musste neben dem Studium in einem Lager jobben, um meine Miete zahlen zu können.“

Doch die Welt der Medizin faszinierte sie und ließ sie nicht mehr los. „Ich habe viel Neues gesehen und kann mir inzwischen keinen schöneren Beruf vorstellen.“

Anfangs war sie als Ärztin im Bereich Arbeitsmedizin viel unterwegs. Doch ihr großer Traum war von Anfang an eine eigene Hausarztpraxis auf dem Land.

Dr. med. Friedhelm Kahl wollte sich zur Ruhe setzen

Gemeinsam mit einem Berater informierte sich Nadine Ramm über die Anforderungen und potenzielle Angebote. Der Zufall ergab sich, dass in Fredenbeck der langjährige Facharzt für innere Medizin, Dr. med. Friedhelm Kahl, in absehbarer Zeit in den Ruhestand gehen wollte.

„Zuerst dachte ich, es würde sich um eine Einzelpraxis handeln“, erzählt Ramm. Dann sah sie, dass es eine Praxisgemeinschaft ist, in der Allgemeinmediziner David Ibrom als weiterer Arzt praktiziert.

In Fredenbeck fühlt sich die Hamburgerin Nadine Ramm sehr wohl.

In Fredenbeck fühlt sich die Hamburgerin Nadine Ramm sehr wohl. Foto: Laudien

Sie schaute sich die Praxis genauer an und hospitierte für kurze Zeit. „Ich fand es toll, wie dort alles aufgebaut war und profitierte davon, mich mit einem erfahrenen Kollegen austauschen zu können“, schwärmt Ramm. Aber auch das gut ausgebildete Team aus medizinischen Fachangestellten begeisterte sie. „Ich wurde von Anfang an von allen unterstützt.“

Doch bei der Umsetzung ihres Traumjobs als Hausärztin in eigener Praxis gab es auch einige Hürden zu bewältigen. „Ich hatte keine Ersparnisse und wusste nicht, ob ich einen Kredit für die Finanzierung der Praxis bekommen würde.“

Als angestellte Ärztin in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) zu arbeiten, war für die Ärztin keine Option. „Ich wollte mein eigener Chef sein und eine Medizinerin mit Herz und Verantwortung“, so die Hamburgerin.

Bürokratisches Prozedere für die KVN

Der Kredit für die Übernahme der Fredenbecker Praxis wurde von der Apotheker- und Ärztebank bewilligt. Danach meldete sich Nadine Ramm bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) zur Bewilligung als niedergelassene Ärztin an.

„Das Prozedere war sehr aufwendig, bis ich die Zulassung bekam. Viele Fragebögen musste ich ausfüllen, um ins Ärzteregister aufgenommen zu werden. Zeitweise habe ich sogar daran gedacht, meine Pläne für eine Hausarztpraxis einfach wieder zu verwerfen.“ Hier hätte sie sich mehr Unterstützung erhofft. Zumal die Nachfrage nach Hausärzten sehr hoch ist.

Nadine Ramm - Hausärztin mit Herz und Verantwortung.

Nadine Ramm - Hausärztin mit Herz und Verantwortung. Foto: Laudien

Laut Bundesministerium für Gesundheit haben vor allem im ländlichen Raum Ärzte Schwierigkeiten, Nachfolger für ihre Praxis zu finden. Dies betrifft insbesondere Hausarztsitze.

Im Juli war dann aber alles unter Dach und Fach und Nadine Ramm konnte in die Räume der Praxisgemeinschaft mit David Ibrom einziehen. „Das Team ist inzwischen wie meine kleine Familie“, schwärmt die 45-Jährige.

Eine Exotin unter den Quereinsteigern

Derzeit nimmt sie noch neue Patienten auf und hat einiges vor: Als Fachärztin für Verkehrsmedizin möchte die Allgemeinmedizinerin Kurse für Tauglichkeitsuntersuchungen anbieten und unbedingt ihr Team verstärken - gerne auch mit Quereinsteigern und Auszubildenden.

„Mein Arbeitspensum ist zwar hoch, aber ich bereue nichts, sondern hoffe, dass andere Ärzte meinem Beispiel folgen.“ Die Hamburgerin zieht jetzt nach Stade, um dichter an ihrer Praxis zu sein. „Ich wollte auch privat den totalen Tapeten-Wechsel“, sagt Nadine Ramm.

Ein Berufswechsel mit Medizinstudium wie bei Nadine Ramm ist äußerst selten. Gründe dafür sind die Schwierigkeit, einen Studienplatz zu erhalten, und die Studienzeit zum Allgemeinmediziner von elf Jahren.

Laut KVN fehlen in Niedersachsen 250 Ärzte.

Dem Mangel will die Landesregierung mit einem Zehn-Punkte-Plan entgegenwirken, etwa mit mehr Studienplätzen, neuen Förderprogrammen und Entlastung bei der Arbeit.

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