THand in Hand für frisches Brot: Ein Blick in die Backstube

Der angehende Bäckermeister Max Welluhn (links) und Bäckermeister und Juniorchef Jochen Dietz formen die Teigstücke aus der Maschine zu Brotlaiben. Foto: Silvia Dammer
In der Wolfsstunde von 3 bis 4 Uhr pulsiert die Bäckerei Dietz in Hedendorf. Draußen schlummert die Welt, doch drinnen formen Händepaare unermüdlich Teig. „Ein gutes Brot muss ruhen“, meint Ralf Dietz. Doch Ruhe kennt diese Backstube nicht.
Hedendorf. Es ist 3 Uhr morgens in Hedendorf. Während die Welt noch in tiefer Dunkelheit versunken ist, wirft das Schaufenster der Bäckerei Dietz in der Harsefelder Straße 19 bereits einen zarten Lichtschein auf die Straße. Noch ist es still hinter der Theke, die Auslagen sind leer. Doch in der Backstube hinter dem Laden pulsiert das Leben.
Öffnet man die Tür, schlägt einem sofort eine wohlige Wärme entgegen, begleitet vom verführerischen Duft von frisch gebackenem Brot. Das Licht der Lampen wirft weiche Schatten an die Wände, lässt die großen Rührkessel glänzen und taucht die verschiedenen Räume in eine gemütliche Atmosphäre.
Gemütlich haben es hier allerdings nur die Teiglinge im Garraum, denen eine lange Ruhezeit und Kälteschlaf gegönnt wird, damit sie später als Brot und Brötchen oder süße Teilchen den Kunden am Frühstückstisch schmecken und gut bekommen. Ansonsten geht es hier sprichwörtlich zu wie in einem Ameisenhaufen.
Das Geheimnis der leckeren Kruste
Die 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wuseln in den verschiedenen Bereichen der Backstube umher und kommen sich doch nicht in die Quere. Da ist der Chef, Ralf Dietz. Er steht vor einem Regal mit Croissant-Teiglingen, die Ofenführer Toni Schulz gerade aus dem Garraum gerollt hat.
Die perfekt geformten und offensichtlich gut aufgegangenen Teilchen scheinen den Bäcker zufrieden zu stellen. „Die kommen jetzt in den Ofen“, erklärt Ralf Dietz und zeigt auf einen „Schrank“ mit drei Türen.
Hinter zwei der Türen, das ist durch die Glasscheibe zu sehen, drehen sich Regale mit Gebäck. Ganz langsam, aber stetig. Diese Drehbewegung ist wohl neben der richtigen Backtemperatur und der Luftfeuchtigkeit im Ofen das Geheimnis für die leicht knusprige Kruste der leckeren Buttercroissants. Toni Schulz wartet vor der Ofentür.
Hier leuchtet eine rote Lampe. Als sie auf grün umschaltet, öffnet der Bäckermeister die Tür und schiebt ein Regal mit Teiglingen in den Ofen. „Bei Rot“, erklärt er, „hat der Ofen noch nicht die richtige Temperatur.“
Ein Job für Frühaufsteher
Es ist Viertel nach drei und es scheint, als würde in der Backstube Dietz schon seit Stunden gearbeitet. Mit geübten Griffen formen Max Welluhn und Junior Jochen Dietz aus Teigstücken, die ihnen aus der Portioniermaschine auf einem Band engegen rollen, längliche Laibe, die die beiden Bäcker geschickt in viereckigen Formen platzieren. Immer drei Stück in eine, zwischen die Teiglinge streicht Max Welluhn mit einem breiten Pinsel eine weiße Masse.
„So lassen sich die Brote nach dem Backen besser trennen“, sagt er.
Bereitet ihm der frühe Dienstbeginn Probleme? „Ach wo, das ist der Beruf.“ Ein Beruf, den er erlernen wollte. Die Lehre machte er bei Dietz, dann ging er auf Wanderschaft und nun ist er wieder hier, um seinen Bäckermeister zu erlangen.
24-Stunden-Reportage
T Nachtschicht beim TAGEBLATT: So wird die Zeitung gedruckt
Ralf Dietz lacht, auf den frühen Arbeitsbeginn angesprochen: „Ja, wir haben einen Frühaufsteherberuf. Tatsächlich aber sind wir eine Bäckerei, die ziemlich spät anfängt.“ Zwar komme schon gegen zwei Uhr der erste Mitarbeiter in die Backstube und bereite alles für das Backen vor.
Die Teige, die an diesem Morgen verarbeitet werden, müssen aus dem Kälteschlaf geholt werden. Und es ist eine Menge Teig, der während der Frühschicht durch die Portioniermaschinen und die Hände der Bäcker geht. Bis zu 2000 Brote in 16 Sorten und noch mehr Brötchen in 18 Sorten werden hier bis gegen 8 Uhr gebacken.
Versandleiter bereitet die Lieferungen vor
Dabei laufen verschiedene Produktionsphasen gleichzeitig ab: das Kneten der Teigstücke, das Gehen, das Backen und die Vorbereitung für den Transport zu Altenheimen, Betriebskantinen oder Markthändlern. Ab vier steht Versandleiter Karsten Scharf bereit, um von den Komissioniererinnen Regina Strauer und Harjindah Johal die Körbe mit Gebäck entgegenzunehmen.
Geschäftsaufgabe
T Nächster Bäcker in der Region insolvent – Lebenstraum geplatzt
Scharf kennt jede Tour, prüft die Lieferscheine und belädt einen Transporter. „Ich lass ihn einfach machen“, sagt Ralf Dietz. „Karsten weiß am besten Bescheid, welcher Kunde was und wann bekommen muss.“ Ab 8 Uhr ist das Gros der Arbeit getan und die Produktion für den nächsten Tag wird vorbereitet. Und da kommen dann die großen Kneter zum Einsatz. 200 Liter fasst so ein Kessel.
Sechs Meister arbeiten bei Dietz
Der Chef hat Vertrauen zu seinen Mitarbeitern. 130 Frauen und Männer sind es im gesamten Betrieb mit seinen Filialen, circa 30 vor Ort in Hedendorf. Sechs Meister hat der Meister in seinem Betrieb beschäftigt. Dazu kommen noch „eine Menge guter, toller Azubis“ und der Rest der Belegschaft, von der viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lange im Unternehmen arbeiten. Viele schon an die 25 Jahre. Sie kamen mit Ralf Dietz, der den Betrieb Mitte der 1990er Jahre von seinem Vater übernommen hat.
24-Stunden-Reportage
T „Hier ist ständig Alarm“: Eine Nacht auf der Intensivstation im Stader Elbe Klinikum
24-Stunden-Reportage
T „Da simmer dabei“: Wenn die Schützen auf den Tischen tanzen
„Wir sind aber keine Methusalem-Bäckerei, sondern haben eine gute Altersstruktur, also auch Mitarbeiter, die mit meinen Kindern, der fünften Generation, alt werden können“, beschreibt Ralf Dietz. Und für diese, kommt er auf den späten frühen Dienstbeginn zurück, möchte der Chef vernünftige Arbeitsbedingungen schaffen, den Arbeitsbeginn sogar zukünftig auf noch später legen.
Auf alle Fälle sollen sich die Mitarbeiter wohlfühlen. Dafür gibt es sogar Musik im Hintergrund. An diesem Morgen muss man genau hinhören. Manchmal tönt sie viel lauter. Von Skihütten-Hits bis zu Heavy Metal: Auf der Bäcker-Dietz-Play-List mit 1500 Titeln bekommt jeder Mitarbeiter seine Wunschmusik.
Bäckerei ist in fünfter Generation Familienbetrieb
In der Backstube dreht sich aber nicht nur alles um Brot und Brötchen. Hier bekommen auch Kuchen, Torten, süße Teilchen und Frühstücksnacks dieselbe frühe Aufmerksamkeit. Auf mehreren Blechen glänzen rot die saftigen Erdbeerkuchen.
Erfolgsgeschichte
Mit Käsekuchen zum Millionär? Kuchenklassiker macht Karriere
Konditormeisterin Annelen Dietz, die Tochter des Bäckermeisters und mit ihrem Bruder, Bäckermeister Jochen Dietz die fünfte Generation im Familienbetrieb, steht vor einem Tisch mit hellbraunen, glänzenden Baguette-Brötchen und schneidet sie mit einem langen Messer auf. Die Kruste knackt appetitlich.
Am Tisch dahinter bekommen die „Handwerkerbrötchen“ ihre schmackhafte Füllung aus Wurst, Fleisch, Käse, Ei und viel Gemüse. Brötchen, erzählt Annelen Dietz, habe sie schon als kleines Mädchen gemeinsam mit ihrem Bruder hier gebacken. Klar, dass der Weg der beiden Bäckerskinder vorbestimmt war. „Sie hätten beide auch andere berufliche Wege gehen können“, sagt Vater Ralf. „Wir haben uns ganz bewusst für das Bäcker- und Konditorhandwerk entschieden“, bestätigt Annelen.
Frische Brötchen schon um 4.30 Uhr
Was den Bäckerladen in der Harsefelder Straße betrifft: Da ist Dietz mit seiner Öffnungszeit um halb fünf einsame Spitze im Landkreis. „Das ergab sich“, erzählt Ralf Dietz. „Hier kommen viele Frühschichtler von Airbus vorbei und hin und wieder, weil das Licht im Laden schon an ist, gingen sie um den Laden herum zur Backstube, um schon frische Brötchen zu bekommen.
Also konnten wir den Laden doch gleich um halb fünf öffnen.“ Für Petra Becker, eine der Verkäuferinnen, war das kein Problem. Ihr Arbeitstag beginnt um vier. Und man glaubt es kaum: Der erste Kunde steht auch schon eine halbe Stunde später vor der Tür.

Annelen Dietz (hinten), die Tochter des Bäckermeisters Ralf Dietz, ist Konditormeisterin und Barista. Sie und ihre Kolleginnen bereiten die Snacks und die Kuchen für den Verkauf vor. Foto: Silvia Dammer