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Verkehr

TIst die neue S-Bahnlinie 5 besser? Das sagen Fahrgäste aus dem Landkreis Stade

Ein S-Bahnzug der Linie S5 in Richtung Stade hält am Bahnhof Buxtehude. In den Hauptverkehrszeiten wurde der Zehn-Minuten-Takt zwischen der Hansestadt und Hamburg-Zentrum ausgeweitet.

Ein S-Bahnzug der Linie S5 in Richtung Stade hält am Bahnhof Buxtehude. In den Hauptverkehrszeiten wurde der Zehn-Minuten-Takt zwischen der Hansestadt und Hamburg-Zentrum ausgeweitet. Foto: Thomas Sulzyc

Weniger Störungen, weniger Wartezeit im Berufsverkehr: Die Erwartungen an die neu eingeführte S5 waren und sind hoch. Haben sie sich erfüllt? Pendler aus dem Landkreis Stade üben jede Menge Kritik. Doch es gibt auch eine Verbesserung.

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Von Thomas Sulzyc
Mittwoch, 20.12.2023, 18:30 Uhr

Landkreis. Verspätungen und Zugausfälle im Betrieb der S-Bahn - für Fahrgäste aus dem Landkreis Stade sind sie zur Gewohnheit geworden. Mit der Umstrukturierung des S-Bahnnetzes und der Einführung der neuen Linie S5 sollte alles besser werden.

Unter dem Motto „easy peasy“ bewarb die S-Bahn Hamburg die Umstellung. Einfacher und zuverlässiger als zuvor soll das S-Bahnfahren nun sein. „Easy peasy“ eben, wie der Engländer umgangssprachlich sagt und was kinderleicht bedeutet.

Mit dem Netzumbau sollen sich Störungen künftig lokal begrenzen lassen und nicht mehr auf das ganze Netz ausweiten. Die wichtigsten Versprechen der S-Bahn an die Pendler: ein größeres Platzangebot und ein zuverlässigerer Betrieb.

Einigen Pendlern ist die gute Laune vergangen

Die Kampagne der damit beauftragten Frankfurter Werbeagentur Huth + Wenzel will gute Laune vermitteln. Die ist einigen Pendlern nach fast zwei Wochen S5 aber schon wieder vergangen. Ihr Alltag will nicht so recht mit der schönen neuen S-Bahnwelt zusammenpassen. Grund: Anschlussmöglichkeiten zu Bussen oder anderen S-Bahnen auf dem Weg zum Arbeitsplatz sind ihnen verloren gegangen.

Ein Ärgernis für manchen: Mit der S5 ist Pendlern aus Buxtehude und Stade die bisherige Möglichkeit genommen, ohne Umsteigen zu den Bürokomplexen mit seinen zahlreichen Arbeitsplätzen am Jungfernstieg und der Stadthausbrücke zu gelangen. Sie müssen zwischen Neugraben und Hauptbahnhof in die S3 umsteigen.

Die Grafik zeigt das neue Liniennetz der Hamburger S-Bahn. Die neue, für den Landkreis Stade relevante Linie S5 hat die Farbe blau.

Die Grafik zeigt das neue Liniennetz der Hamburger S-Bahn. Die neue, für den Landkreis Stade relevante Linie S5 hat die Farbe blau. Foto: Hamburger Verkehrsverbund GmbH

Die neue Linienführung über Dammtor bedeute für ihn einen jeweils fünf Minuten längeren Fußweg pro Strecke - oder Umsteigen im Hauptbahnhof mit anderen zehntausenden Menschen, sagt Achim Biesenbach aus Buxtehude. Ernüchternd fällt sein ganz persönliches Fazit aus: neue Linie, keine Verbesserung, aber längere Fahrtzeit. „Liebe Bahn, das sind Anreize zum Autofahren“, sagt er.

Laut einer Pendlerin, die nicht mit Namen genannt werden möchte, sei mit der Dammtor-Route der Arbeitsweg vor 6 Uhr morgens aus dem Landkreis Stade zu einem der größten Arbeitgeber in Hamburg, dem Universitätsklinikum Eppendorf, zu einer Zumutung geworden. Grund: Anschlussmöglichkeiten an Busse seien verloren gegangen. Das schrieb die Frau dem TAGEBLATT in einer E-Mail.

Um sieben Minuten pro Strecke habe sich die Fahrzeit zu seinem Arbeitsplatz an der Stadthausbrücke verlängert, sagt der Kaufmännische Angestellte Michael Nowitzki aus Buxtehude. Dass er umsteigen müsse, sei eine Verschlechterung gegenüber dem alten S-Bahnnetz.

In Neugraben aus der S-Bahn geworfen

Ist der S-Bahnbetrieb mit der S5 zuverlässiger geworden? „Verspätungen gibt es leider nach wie vor täglich, meist aber nur wenige Minuten“, sagt die Verlagsangestellte Ina Frank, die täglich von Buxtehude nach Hamburg-Eimsbüttel und zurück fährt. Es komme oft vor, dass Züge mit Start beziehungsweise Ziel Buxtehude in Neugraben ausgesetzt würden, sobald es Probleme auf der Strecke gebe. „Dann wird man in Neugraben aus der S-Bahn geworfen und muss auf die Bahn Richtung Stade warten.“

Verspätete S-Bahnzüge auf der S5 fallen auch Michael Nowitzki nach wie vor auf. Zu den Versprechungen der S-Bahn sagt er: „Lieber ein Takt in 20 Minuten, auf den man sich verlassen kann, als einen Zehn-Minuten-Takt, auf den man sich nicht verlassen kann.“ Auch Achim Biesenbach bestätigt: Verspätungen seien weiterhin mehr Norm als Ausnahme.

Berufspendler Achim Biesenbach aus Buxtehude in einem S-Bahnzug der Linie S5: "Neue Linie, keine Verbesserung, aber längere Fahrtzeit."

Berufspendler Achim Biesenbach aus Buxtehude in einem S-Bahnzug der Linie S5: "Neue Linie, keine Verbesserung, aber längere Fahrtzeit." Foto: Achim Biesenbach

Umsteigen von der EVB auf die S-Bahn hat sich verschlechtert

Veränderte Abfahrtzeiten der S5 wirken sich auch auf Pendler aus dem Landkreis Stade aus, die zusätzlich zur S-Bahn die Züge der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser (EVB) nutzen. Für eine Elektronikerin aus Harsefeld zum Beispiel, die mit Namen nicht genannt werden möchte, bringt die S5 eine Verschlechterung mit sich. Das Umsteigen in Buxtehude von der S-Bahn auf den EVB-Zug gelinge nicht mehr so reibungslos. „Mein Arbeitsweg verlängert sich um elf Minuten pro Strecke“, sagt sie.

Ist denn gar nichts besser geworden? Studenten aus dem Landkreis Stade fahren ohne Umsteigen zum Universitätscampus am Dammtor. Feiernde von der Reeperbahn seien am Wochenende spät nachts pünktlich mit der S3 nach Buxtehude und Stade gelangt, sagt Studentin Linnea Weber. „Früher fuhren die Züge meist mit Verspätung.“ Zur Erklärung: An Wochenenden fahren auch Züge der Linie S3 weiterhin bis Stade.

S-Bahn spricht von einer höheren Stabilität

Die S-Bahn Hamburg zeigt sich sehr zufrieden mit dem neuen S-Bahnnetz und der Linie S5. Die Umstrukturierung habe reibungslos funktioniert, antwortete ein Bahnsprecher dem TAGEBLATT. „Nach Störungen im S-Bahnbetrieb konnten wir deutlich schneller als zuvor in den regulären Zustand gelangen“, nennt der Bahnsprecher eines der wichtigsten Ergebnisse. Unterbrechungen im Bahnbetrieb würden sich also nicht mehr so lange auswirken. Das umstrukturierte S-Bahnnetz zeige eine höhere Stabilität im Vergleich zum alten Liniennetz auf.

Die neue Linie S5 sei nach dem Start des umstrukturierten S-Bahnnetzes die zweitpünktlichste gewesen. Pünktlicher seien die Züge lediglich auf der Linie S2 (Elbgaustraße - Aumühle) gewesen. Nähere Angaben zu der erreichten Pünktlichkeit machte der Bahnsprecher nicht.

Pendler haben nun mehr Sitzmöglichkeiten

Laut der S-Bahn Hamburg fänden die Fahrgäste aus dem Landkreis Stade und dem südlichen Hamburg ein deutlich besseres Sitzplatzangebot vor. „Durch den durchgehenden Langzugeinsatz im südlichen Streckenabschnitt erreichen wir mehr Verteilung der Fahrgäste“, sagt der Bahnsprecher.

Das kann Bahnpendlerin Ina Frank bestätigen. „Dadurch, dass die S3 Richtung Neugraben jetzt meistens in Vollzügen mit mehr Wagen fährt, ist es in der S5 Richtung Stade leerer. Früher stand man in den Stoßzeiten meistens gedrängt in den Gängen, jetzt bekommen die meisten einen Sitzplatz“, sagt sie.

Wie erfolgreich ist die neue S5 nun? Wie tief die Skepsis bei Pendlern aus dem Landkreis Stade sitzt, zeigt eine Aussage des Studenten Carsten Stephan: „Selbst wenn die Züge zuverlässiger fahren sollten, ist das noch kein Grund dafür, der S-Bahn Hamburg einen Blumenstrauß zu überreichen. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.“

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Was halten Sie, liebe Leserinnen und Leser, von der neuen S-Bahnlinie? Schreiben Sie uns gerne Ihre Meinung: sulzyc@tageblatt.de.

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