TJetzt ist es offiziell: Die Kreisstraßen werden immer schlechter

Das Warnschild steht dort völlig zu recht. Die Kreisstraße K 40, die Rübker Straße, ist in einem schlechten Zustand. Hier läuft die Sanierung gerade. Foto: Wisser
Das dürften viele Autofahrer bestätigen: Experten sehen einen historisch schlechten Zustand der Stader Kreisstraßen. Ein Grund dafür ist die A26.
Landkreis. Es geht um insgesamt 388 Kilometer Kreisstraßen. In den vergangenen fünf Jahren ist deren Zustand immer schlechter geworden. Rund 154,6 Kilometer weisen einen besorgniserregenden Zustand auf. Die Fachleute vergeben Schwellenwerte, die ähnlich funktionieren wie Schulnoten. Je höher der Wert desto schlechter ist die Straße.
41 Prozent der Straßen sind über dem Schwellenwert 4,5 und benötigen demnach sofort eine Sanierung. Innerhalb von fünf Jahren seit dem letzten Zustandsbericht ist die Zahl der kaputten Straßen damit um 6,5 Prozent oder 24,3 Kilometer angewachsen. Das bedeutet: Die Straßen gehen schneller kaputt, als sie repariert werden können.
Kommentar
T A26: Harter Schlag für die ganze Region
Das ist aber nicht das Ende der schlechten Nachrichten: Weitere 96,9 Kilometer weisen einen Zustand über dem Warnwert 3,5 auf. Damit besteht für weitere 25,7 Prozent der Straßen Anlass zur Beobachtung und zur Planung von Sanierungsmaßnahmen.
Kreis Stade steht im Vergleich mit anderen schlecht da
Die neue Zustandsbewertung der Kreisstraße bestätigt damit den Eindruck vieler Verkehrsteilnehmer. Die neuen Daten wurden im Bau- und Wegeausschuss des Stader Kreistags von Henning Balck von der Heller Ingenieurgesellschaft vorgestellt.

Die Kreisstraße K 9 zwischen Oederquart und Krummendeich könnte bei einem Wettbewerb um die schlechteste Straße in der Region gute Chancen haben, ganz vorne zu liegen. Foto: Helfferich
Auch im Vergleich mit anderen Landkreisen steht die Region schlecht da. „Wir haben 100 vergleichbare Untersuchungen durchgeführt, und der Landkreis befindet sich im unteren Bereich des Spektrums“, sagte Balck.
Die Gründe für den schlechten Zustand
Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Der moorige Untergrund, besonders in Kehdingen, trägt eine Mitschuld. Auch die lange Wartezeit auf die Fertigstellung der Autobahn A 26 trägt zu den Schäden bei.

Bei der Kreisstraße K 9 ist die Asphaltdecke auf dem alten Ziegelsteinpflaster aufgetragen worden. Foto: Helfferich
Wie stark eine Straße durch ein Fahrzeug kaputt gemacht wird, hängt von dessen Gewicht ab. Daher gehen Experten davon aus, dass die meisten Straßenschäden durch Lkw entstehen. Ein 30-Tonner belastet die Straße 100.000-mal so stark wie ein Pkw. Ohne den Autobahn-Lückenschluss nach Hamburg sind viele Lkw auf Kreisstraßen angewiesen.
Jahrzehntelang zu wenig Geld ausgegeben
Wesentlich ist allerdings auch, dass in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig in die Kreisstraßen investiert wurde. Inzwischen ist mehr Geld da, es fehlt aber das Personal. Die pro Jahr zur Verfügung stehenden acht Millionen Euro werden daher nicht ausgegeben.
Die neuen Zustandsdaten setzen sich aus einem Substanzwert und einem Gebrauchswert zusammen. Der Gebrauchswert ist dabei in der Regel besser als der Substanzwert.
76,5 Prozent der Straßen müssen saniert werden
Bei der Betrachtung der Substanzwerte allein ist der Zustand der Straßen noch schlechter. Insgesamt haben sogar 76,5 Prozent der Straßen Sanierungsbedarf. Bei knapp sechs Prozent müssen alle Schichten einschließlich der Tragschicht und Frostschutzschicht erneuert werden. 42,2 Prozent brauchen eine neue Asphaltdecke und bei 28,5 Prozent sind Reparaturen notwendig.
Wollte der Kreis die Sanierung sofort umsetzen, bräuchte es laut Zustandsbericht knapp 80 Millionen Euro. Das ist allerdings nur eine theoretische Größe. Praktisch ist es nicht möglich, alle Straßen parallel zu sanieren.
Kosten: Jährlich 26,5 Millionen Euro nötig
Wollte der Kreis die Schäden in einem Zehn-Jahres-Programm beseitigen, müsste er pro Jahr 26,5 Millionen Euro ausgeben. Auch das ist angesichts der personellen und finanziellen Ressourcen unrealistisch.
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Da die acht Millionen Euro in den vergangenen Jahren oft nicht ausgegeben wurden, stehen knapp 20 Millionen Euro bereit. Personell hat sich die Situation verbessert - sie ist aber immer noch nicht gut. Es fehlt die Amtsleitung und eine Abteilungsleitung. Kreisbaurätin Madeleine Pönitz hat diese Aufgaben zusätzlich übernommen.
So reagiert die Politik auf die neuen Fakten
In ersten Reaktionen war die Politik nicht überrascht: Der FWG-Kreistagsabgeordnete und Ahlerstedter Bürgermeister Uwe Arndt forderte eine überarbeitete Prioritätenliste. „Wir müssen einen Weg finden, um den Bestand zu retten und die Befahrbarkeit zu sichern“, sagte er: „In Rotenburg wird wie verrückt gebaut und die Menschen fragen sich, was bei uns los ist.“ Der Bau-Ausschuss-Vorsitzende Rolf Suhr, Bürgermeister von Sauensiek und CDU-Kreistagsabgeordneter, nahm die Verwaltung mit dem Hinweis auf die schwierige Personallage in Schutz.