TJutta Schneefuß ist 1986 spurlos verschwunden – Jetzt spricht ihre Tochter

Manuela und Xenia Schneefuß (rechts, Tochter der verschwundenen Jutta Schneefuß) leben in München.Foto: privat Foto: privat
An ihre Mutter hat Xenia Schneefuß kaum noch Erinnerungen. Und doch begleitet sie das Schicksal bis heute. Ihre Mutter Jutta ist seit 1986 verschwunden. Xenia verfolgt aus München eine mögliche Verbindung zum Serienmörder Kurt-Werner Wichmann.
Loxstedt. Trotz der neuen Erkenntnisse und der Hinweise, dass der mutmaßliche Serienmörder Kurt-Werner Wichmann sich im Cuxland aufgehalten hat, glaubt Xenia Schneefuß nicht daran, dass der Fall aufgeklärt wird. Die Tochter von Jutta Schneefuß ist heute 42 Jahre alt und lebt mit ihrer Frau in München. Dort betreibt die gelernte Köchin, Barkeeperin und Grillmeisterin als Konditorin unter anderem einen Pralinen-Online-Shop.
„Ich glaube nicht, dass meine Mutter noch lebt.“ Sicherlich komme es vor, dass sich Menschen eine neue Identität geben und „sich irgendwo ein schönes Leben machen“, aber das schließt sie aus. Gäbe es eine Leiche, könne sie wenigstens damit abschließen.

Jutta Schneefuß ist seit 1986 verschwunden.Foto: privat Foto: privat
„Disco-Morde“: Sieben Frauen verschwinden
Sieben Frauen sind zwischen 1977 und 1986 spurlos verschwunden. Eine der Frauen ist die 25 Jahre alte Loxstedterin Jutta Schneefuß. Ihre Tochter Xenia war damals 5 Jahre alt. Ihre Mutter ist öfter getrampt. Am 13. Juni 1986 will sie per Anhalter gegen 19.30 Uhr oder etwas später nach Bremerhaven fahren. Wahrscheinlich im Bereich Hohewurth verliert sich die Spur der 1,72 großen Frau, die unter einem Auge und am rechten Oberarm tätowiert ist. Sie ist mit einer Jeans, einem T-Shirt und Turnschuhen bekleidet. Bis heute gibt es kein Lebenszeichen von ihr.
Fotos zeigen Xenia mit ihrer Mutter Jutta in Loxstedt
Eine Erinnerung an ihre Mutter hat Xenia „nicht wirklich“. Zwei Fotos zeigen sie. Aufgewachsen ist Xenia damals bei ihren Großeltern, weil es „besser war“. Zu ihrem Vater hat sie heute kaum noch Kontakt. Das Verschwinden war natürlich immer Thema in ihrer Kindheit. „Loxstedt ist doch ein kleines Dorf.“ Und wenn man Xenia heißt, fällt man sowieso auf, sagt sie. Und aufgefallen ist das Mädchen häufig. „Ich war nicht die Unschuld in Person.“ Das Jugendamt ist immer dabei, sie hat aufbegehrt, von Rauchen auf dem Schulhof bis zu Kloppereien mit Mitschülern. Heute glaubt sie, dass sie einfach mit der Situation überfordert war.

Xenia Schneefuß mit ihrer Mutter Jutta (von hinten). Foto: privat
TV-Sendungen machen der Tochter Angst
Natürlich hat sie sich lange gefragt, was wäre, wenn die Mutter auf einmal wieder vor der Tür steht. Gerade, wenn der Fall im Fernsehen gezeigt wird. Sendungen wie „Aktenzeichen XY...ungelöst“ machen ihr Angst, weil sie sich dann vorstellen muss, wie ihre Mutter umgebracht worden sein könnte. Auch bei „Bitte melde dich“ wird über das Verschwinden von Jutta Schneefuß berichtet. „Sechs Frauen haben sich nach der Sendung gemeldet und behauptet, meine Mutter zu sein“, erzählt Xenia. Über die Beweggründe kann die Tochter nur spekulieren („viel zu holen war jetzt bei uns nicht“). Als sie dann auf einen DNA-Test drängt, ist von den Frauen nichts mehr zu hören.
Irgendwann wurde es Xenia Schneefuß auf dem Dorf zu klein: Über Bremerhaven geht es aufs Schiff, dann nach Österreich, in die Schweiz und zurück nach Deutschland. In Wendelstein bei Nürnberg macht sie sich selbstständig. Über Augsburg findet sie den Weg nach München, lernt dort ihre Frau kennen.
Xenia Schneefuß bekommt die Artikel der "Nordsee-Zeitung" zugeschickt
Die Berichte der "Nordsee-Zeitung" über den Serienmörder Wichmann, über Frauen, die sich hundertprozentig sicher sind, ihm im Cuxland begegnet zu sein, werden ihr zugeschickt. Wichmann ist ihr ein Begriff, im vergangenen Jahr wird sie von der Polizei kontaktiert. Sie gibt eine DNA-Probe ab. Die Ermittler wollen prüfen, ob der mutmaßliche Serienmörder etwas mit den verschwundenen Frauen im Elbe-Weser-Dreieck zu tun haben könnte. Zahlreiche Asservate, die Wichmann gehortet hat, werden abgeglichen. Kein Treffer.
Für eine Verbindung zwischen den „Disco-Morden“ und Wichmann gibt es laut Polizei in Cuxhaven derzeit keine Anzeichen. Die Aussagen der Frauen gegenüber der NZ nehme man aber ernst, will sie demnächst auch selbst kontaktieren.

Xenia Schneefuß ist bei ihren Großeltern aufgewachsen. Ein Jahr nach dem Verschwinden ihrer Mutter wird sie eingeschult.Foto: privat Foto: privat
Wichmann nimmt sich 1993 in Untersuchungshaft das Leben
Der Friedhofsgärtner Kurt-Werner Wichmann, 1949 geboren, ist höchstwahrscheinlich verantwortlich für die „Göhrde-Morde“, bei denen 1989 zwei Paare in einem Waldgebiet bei Lüneburg getötet worden sind, und für den Tod von Birgit Meier, die auch 1989 ermordet worden ist. Ihre Leiche findet man erst 2017, unter Wichmanns Garage. 1993 nimmt er sich in Untersuchungshaft das Leben. Die Fälle sind zahlreich verfilmt worden.