T„Katastrophe für Frauen-Handball“ - BSV nach Ludwigsburg-Aus besorgt

Xenia Smits, hier im Spiel gegen den BSV, steht mit Ludwigsburg vor einer ungewissen Zukunft. Foto: Jan Iso Jürgens
Herber Schlag für den deutschen Frauen-Handball: Meister HB Ludwigsburg steht vor dem Aus. In Buxtehude ist die Sorge groß - Trainer Leun findet deutliche Worte.
Buxtehude. Die Verantwortlichen der HB Ludwigsburg haben trotz intensiver Gespräche in den vergangenen Wochen keine Lösung gefunden, um die Finanzierung der kommenden Saison zu sichern. Bereits vor zwei Wochen hatte der Club einen Insolvenzantrag gestellt.
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Nun informierte der Vereine seine Mannschaft darüber, dass die Verträge der Spielerinnen nicht mehr bindend seien. Sie können sich also neue Vereine suchen - oder zu geringeren Bezügen bleiben. Dem Aushängeschild des deutschen Frauen-Handballs droht damit das Aus - nur wenige Monate vor der Heim-WM.
Das sagt der BSV zum Fall Ludwigsburg
Beim Buxtehuder SV verfolgt man die Entwicklung mit großer Sorge. In einer Stellungnahme machte der Verein deutlich, welche Tragweite das mögliche Aus für die Liga haben könnte: Für den Frauen-Handball in Deutschland und die Bundesliga sei das ein „herber Rückschlag gerade jetzt, wo die Zuschauerzahlen steigen, die Weiterentwicklungs-Strategie fruchtet und mit Alsco erstmals ein Namenssponsor für die Liga gefunden wurde“. Der Verein fordert nun eine schnelle Lösung für die anstehende Bundesliga-Saison mit womöglich nur elf Teams.

BSV-Manager Peter Prior. Foto: Jan Iso Jürgens
„Bleibt zu hoffen, dass die Frauen-Nationalmannschaft nicht auch noch Schaden nimmt - nur vier Monate vor der Heim-WM“, so der BSV weiter. Der BSV wählte seine Worte in der Stellungnahme mit Bedacht. „Es geht auch darum, unser Produkt zu schützen“, erklärt Geschäftsführer Peter Prior auf Nachfrage.
„Die Liga gibt da kein gutes Bild ab“
Deutlicher wird BSV-Trainer Dirk Leun: „Das ist eine Katastrophe für den deutschen Frauenhandball mit nicht absehbaren Folgen für die Liga.“ Er stellt vor allem den neuen Modus infrage, den die Handball Bundesliga Frauen (HBF) kürzlich beschlossen hat. Sollten nur elf Mannschaften am Spielbetrieb teilnehmen, ginge es in der Abstiegsrunde möglicherweise nur um die „Goldene Ananas“, so Leun.
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Außerdem stellt er die Frage, wie Ludwigsburg die Lizenz bekommen konnte - trotz Schulden in Höhe von rund zwei Millionen Euro. Noch im Mai hatte die HBF dem Verein die Lizenz für die neue Saison erteilt. „Das wird sicherlich ein Nachspiel haben“, sagt Prior. Leun: „Die Liga gibt da kein gutes Bild ab.“
Auch beim BSV ist das Geld knapp
Die wirtschaftliche Lage ist nicht nur in Ludwigsburg angespannt. Auch in Buxtehude spürt man den finanziellen Druck. „Mit dem Umzug in die neue Halle kommen erhebliche Belastungen auf uns zu“, sagt Prior. Hallenboden, LED-Banden, Livestream-Technik - Investitionen, die zur Professionalisierung der Bundesliga beitragen sollen. „Das sind alles schöne Dinge, die aber Geld kosten. Darunter stöhnen viele Vereine.“

Der BSV wird künftig in einer neuen Arena spielen. Foto: Jan Iso Juergens
Auch der BSV musste in der Vergangenheit schon häufiger auf die Unterstützung der Gesellschafter zurückgreifen, um Defizite auszugleichen. Die vergangene Saison schloss man mit einem Minus ab - Prior erwartet das auch für die kommende Spielzeit. „Es wird nicht einfacher. Aber wir werden das wie in den letzten 36 Jahren schaffen.“
Topstars auf dem Markt - aber nicht für den BSV
Mit dem möglichen Aus von Ludwigsburg könnten sich auch Topspielerinnen wie DHB-Kapitänin Antje Döll oder Xenia Smits neue Vereine suchen. Für den BSV ist das allerdings kein Thema. „Solche Spielerinnen können wir uns nicht leisten“, sagt Prior. Leun verweist zudem darauf, dass die Kaderplanungen bei den meisten Teams abgeschlossen seien. „Im deutschen Frauen-Handball lässt sich nicht mal eben ein Kader aufstocken“, sagt er.
Dass finanzielle Probleme im Frauen-Handball nicht neu sind, zeigt ein Blick in die Historie: Seit der Wiedervereinigung sind sechs deutsche Meister mit insgesamt 21 Titeln insolvent gegangen - Ludwigsburg droht nun dasselbe Schicksal. Bemerkenswert: Der Verein soll mit einem Etat zwischen drei und vier Millionen Euro gewirtschaftet haben. Der BSV kommt mit knapp einer Million Euro aus.
Die Liga wartet ab
Die HBF hat unterdessen auf die Situation reagiert. Am Dienstag gab sie bekannt, dass der Thüringer HC anstelle von Meister Ludwigsburg am Supercup teilnehmen wird. Die Partie gegen Vizemeister Blomberg findet am 23. August in München statt.
Weitere Entscheidungen will die HBF erst treffen, wenn mehr Klarheit herrscht. Laut Geschäftsführer Christoph Wendt ist nicht ausgeschlossen, dass Ludwigsburg mit einem veränderten Kader doch noch in der Bundesliga startet. Sollte der Verein jedoch zurückziehen, würde die Saison mit elf Mannschaften gespielt. Ludwigsburg stünde dann als erster Absteiger fest.
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