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24-Stunden-Reportage

TLogistikzentrum Viebrockhaus: Wie ein Mega-Baumarkt für den Hausbau

Waldemar Heller packt alles für den nächsten Transport zusammen.

Waldemar Heller packt alles für den nächsten Transport zusammen. Foto: Fehlbus

Von der orthopädischen Einlegesohle für Arbeitsschuhe bis zum kompletten Dach: Von Harsefeld aus wird fast alles an die Baustellen von Viebrockhaus in ganz Deutschland geliefert.

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Von Miriam Fehlbus
Samstag, 29.06.2024, 17:50 Uhr

Harsefeld. Es ist 4 Uhr morgens. Ein paar letzte Handgriffe noch, dann geht es für Fahrer Danny Köhn mit dem Lkw zu einer Baustelle von Viebrockhaus. Im Büro der Disponenten hat Leiter Jan Peper alle Daten gesammelt. Sie werden aufs Navigationsgerät geschickt. Der Computer hat die beste Route errechnet, zu tiefe Unterführungen und andere für den Wagen mit Kran nicht passierbare Straßen gemieden.

Hin mit Steinen und zurück mit dem Baustellen-Müll

Auf dem Wagen stehen Paletten mit Steinen. Es sind Klinkersteine, die nicht einfach nur auf den Boden neben dem Haus, sondern gleich auf das Gerüst ins Obergeschoss gesetzt werden.

Fahrer Danny Köhn macht seinen Lkw-Zug mit Teleskopkran abreisefertig.

Fahrer Danny Köhn macht seinen Lkw-Zug mit Teleskopkran abreisefertig. Foto: Fehlbus

Ebenso wird mit den Dachziegeln verfahren und allem, was ins Obergeschoss gehört. Das Hochtragen fällt weg. Dafür müssen die Fahrer mehr können als nur einen Lkw lenken. Danny Köhn zeigt den großen Teleskopkran. Auch Deckenplatten aus Beton werden damit direkt aufgelegt. Zurück von der Baustelle werden kleine Mulden-Container mit Müll mitgenommen.

„Wir sind hier in Weißenfelde in Harsefeld so etwas wie ein riesiger Baumarkt mit Wertstoffsortierung“, sagt Stephan Hoffmann, Leiter Zentraleinkauf und Logistik bei der Viebrockhaus AG. Schon marschiert er los, quer über die Pflasterfläche zur ersten Halle.

Die durch ein Feuer 2022 zerstörte Halle steht wieder

In dieser Halle hat es 2022 gebrannt. Ein Großaufgebot an Feuerwehren war da. Das Lagergebäude ist komplett neu entstanden. Ein Hochregallager ist jetzt hier wiederzufinden. Es erinnert an ein Lego-Spielzeugregal in Mega-Größe.

Alles, was für ein Haus, das Stein auf Stein gemauert wird, benötigt wird, scheint hier zu liegen. Dämmung, Gipskartonplatten, Steine, Anschlüsse. Der Dachstuhl kommt direkt aus Bargstedt von der Holzfirma Quelle. Die Dachziegel, Regenrinnen und Photovoltaikanlagen werden aus Horneburg von der Firma Kühn geliefert und weiterverschickt.

Stephan Hoffmann ist bei Viebrockhaus Leiter für den Zentraleinkauf und der Logistik in Weißenfelde.

Stephan Hoffmann ist bei Viebrockhaus Leiter für den Zentraleinkauf und der Logistik in Weißenfelde. Foto: Fehlbus

Grundsätzlich aber ist alles vorhanden. „Wir haben festgestellt, dass die Lieferzeiten zu lang sind, wenn wir es nicht zentral selbst vorhalten“, sagt Stephan Hoffmann.

Altes Firmenlogo blieb an der Brandschutzmauer bestehen

Ein paar Stahlträger liegen an der Wand im hinteren Bereich. Dahinter ist die Wand noch rußig schwarz.

In dieser Halle hat es 2022 gebrannt. Dieser Schriftzug an der Brandschutzmauer hat es überstanden. Die anderen Reste der Halle wurden abgerissen und neu gebaut.

In dieser Halle hat es 2022 gebrannt. Dieser Schriftzug an der Brandschutzmauer hat es überstanden. Die anderen Reste der Halle wurden abgerissen und neu gebaut. Foto: Fehlbus

Dieser Teil der Halle ist nach dem Brand stehen geblieben, als besondere Erinnerung. Reste einer alten Zeichnung sind zu sehen. Das Logo stammt aus der Zeit, als das Harsefelder Unternehmen noch nicht bundesweit agierte, noch keine 1000 Mitarbeiter und mehr hatte.

Gustav Viebrock, 2019 verstorbener Firmengründer und Großvater der heutigen Firmeninhaber-Generation, hatte das Unternehmen mit dem Schriftzug Viebrock - ursprünglich versehen mit zwei Giebeln und rotem V in der Mitte - 1984 an Sohn Andreas Viebrock übergeben. Jetzt sind es die Brüder Dirk, Lars und Jan Viebrock, die die Geschicke des Familienunternehmens leiten.

Kein Haus mit Gas- oder Ölheizung mehr seit 2007

Viele Innovationen hat es seit dem ersten Typenhaus V1 gegeben - entstanden aus Erfahrung. Uwe Seba packt gerade ein Komplettpaket für die Sohle.

Uwe Seba packt das Paket mit allen Teilen für eine Sohle.

Uwe Seba packt das Paket mit allen Teilen für eine Sohle. Foto: Fehlbus

Schalungsbretter, Spezialfolie und eine Kiste mit Dreifach-Hausanschlüssen. Ein Unternehmen hat zusammen mit Viebrockhaus ein System für die Einbindung von Leitungen durch die vor Ort aus flüssigem Beton entstehende Bodenplatte ins Haus mitentwickelt. „Meistens braucht man zwei Leitungen ins Haus, für Strom und Telefon. Eine Leitung lassen wir leer, für spätere Veränderungen erklärt Hoffmann.

Es ändert sich immer etwas beim Hausbau. Gerade halten in vielen Gebäuden neue Heizungsformen Einzug. Viebrockhaus baut seit 2007 keine Häuser mehr, die mit Öl oder Gas beheizt werden.

Nachttransfer beliefert Zwischenlager in Castrop-Rauxel

Es ist die hellste Zeit des Jahres. Um kurz vor 5 Uhr geht die Sonne auf, schon seit 4 Uhr morgens braucht es keine zusätzlichen Lampen. Im Winter ist es noch dunkel, wenn die ersten Fahrzeuge vom Hof fahren und sogar noch, wenn sie wiederkehren. Um 8 Uhr geht die zweite Runde los auf ihre Reise zu den Baustellen. Der Nachttransfer ist um 2 Uhr morgens losgefahren. Er hat Castrop-Rauxel in Nordrhein-Westfalen zum Ziel. Dort gibt es ein Lager für die Bauprojekte im Westen, eine Spedition übernimmt diese Touren.

Vergangenes Jahr wurden mehr als 1000 Viebrock-Häuser gebaut

Alleine 2023 entstanden mehr als 1000 neue Viebrock-Häuser zwischen Küste und Baden-Württemberg, sehnlichst erwartet von Familien, die in ihr eigenes Haus einziehen wollten. Das Angebot reicht vom Einfamilienhaus mit 106 Quadratmetern Wohnfläche bis zur 200-Quadratmeter-Villa. Durch Corona, steigende Zinsen und Veränderungen bei der Förderung gab es einen kleinen Knick in der Konjunktur. Aber Stephan Hoffmann blickt zufrieden über die Laster, die sich zwischen den Hallen hin und herbewegen. „Wir können uns nicht beschweren, es gibt genug zu tun“, sagt er.

480.000 Quadratmeter Dämmung und 13.500 Innen-Türen

600.000 Quadratmeter Gipskartonplatten verlassen im Jahr das Logistiklager in Weißenfelde. Dazu kommen 480.000 Quadratmeter Dämmung und 13.500 Innen-Türen. Die „Bauherren“ - meist Familien - haben sich die Modelle in der Musterhausausstellung ausgesucht. Alles wird fertig je Haus abgepackt. Von der Tür bis zur letzten Schraube. Das System findet sich überall auf dem Gelände wieder.

Links steht der vorinstallierte Toilettenspülkasten auf dem Kopf. Diese vormontierten Teile vereinfachen den Badeinbau.

Links steht der vorinstallierte Toilettenspülkasten auf dem Kopf. Diese vormontierten Teile vereinfachen den Badeinbau. Foto: Fehlbus

In der nächsten Halle steht eine Hinterwandkonstruktion für ein halbes Badezimmer. Links ist der Kasten für die Toilettenspülung zu erkennen, weiter rechts die Anschlüsse für das Waschbecken. Da muss nichts mühsam mit Schellen befestigt werden. „Das sitzt bombenfest“, sagt Hoffmann und zeigt auf das Stahlgerüst, an dem alles hängt. Später wird dieses mit Fliesen verkleidet. Oben entsteht dadurch eine Ablage. Auch dieses System ist made bei Viebrockhaus in Weißenfelde.

Jeder Lkw kann über Satellit geortet werden

Weiter vorne an der Ausfahrt hat Logistikleiter Jan Peper die Fahrzeiten der Lkw im Blick. Im Moment ist alles staufrei. Sollte ein Fahrer seine Lenkzeiten nicht einhalten können, bekommt er das sofort auf den Bildschirm. Jan Peper sieht auch, wenn es an der Baustelle hakt.

Jan Peper hat alle Lkw im Blick. Grüne Linien zeigen staufreie Straßen an.

Jan Peper hat alle Lkw im Blick. Grüne Linien zeigen staufreie Straßen an. Foto: Fehlbus

Die Fahrzeuge haben GPS. Jeder Lkw ist ein kleiner Punkt mit weißem Fähnchen auf der Karte. Die Strecken werden in grün bei freier Strecke oder rot bei Stau angezeigt.

Kommen die Fahrzeuge zurück, sind sie nicht leer. Dann geht es rüber auf den Wertstoffplatz. Altholz, Plastik und Porenbeton werden da getrennt. Aus dem Ytongstein der Firma Xella werden neue Steine, „aber auch Katzenstreu“, sagt Stephan Hoffmann. Was nicht mehr für den Hausbau wiederverwendet werden kann, dient noch einmal als geruchsbindende Einlage im Heimtierklo.

Ein Radlader schaufelt den Porenbeton auf. Er wird vom Lieferanten zurückgenommen und zu etwas Neuem verarbeitet.

Ein Radlader schaufelt den Porenbeton auf. Er wird vom Lieferanten zurückgenommen und zu etwas Neuem verarbeitet. Foto: Fehlbus

Die Kreislaufwirtschaft spielt eine große Rolle in Weißenfelde. Ganze Häuser wie der alte Harsefelder Aldi-Markt werden zurückgebaut. In der Smart-City sind eingeschmolzene Kunststofffenster, abgeklopfte Klinkersteine und alte Balken neu verbaut worden. Der besondere Musterhauspark soll Vorbild für die Zukunft des Bauens sein.

Pro Jahr verlassen 4.100 Lkw-Züge das Gelände in Weißenfelde

Im Bereich der Einfamilienhäuser gehen heute schon Verschnitte von Klemmfilz und Rigips zurück an die Lieferanten.

Der nächste Lkw mit Anhänger rollt vom Parkplatz. Auch wenn es nicht falsch ist, dass hier in Harsefeld jeden Tag das Material für ein ganzes Haus auf die Reise geht, jedes Viebrockhaus wird Stein auf Stein gemauert, darauf legt die Geschäftsführung wert. Alleine für das Hintermauerwerk verlassen jedes Jahr 4.100 Lkw-Züge das Gelände in Weißenfelde. Die Laster fahren mit Bioethanol. „Sobald es eine praktikable Lösung mit elektrischen Fahrzeugen gibt, werden wir umsteigen“, sagt Hoffmann. Die Stapler sind bereits E-Fahrzeuge.

Jacken, Arbeitsschuhe und Hosen: Auch sie lagern hier

Zwei Gabelstapler kreisen gerade durch ein großes Zelt. Alles für Rohbau, Trockenbau sowie Heizung-, Sanitär- und Elektrobereich lagert in Weißenfelde. Besonders für die Dämmstoffe musste zusätzlicher Lagerraum her. Während unter freiem Himmel Stützstangen und Schalungsbretter in abgezählten Paketen auf den nächsten Einsatz warten, sind einige individuellere Dinge daneben in einem Container zu finden.

Christina Herrmann verschickt Arbeitskleidung für Viebrockhaus zu Mitarbeitenden in ganz Deutschland.

Christina Herrmann verschickt Arbeitskleidung für Viebrockhaus zu Mitarbeitenden in ganz Deutschland. Foto: Fehlbus

Über sie wacht Christina Herrmann. In den Regalen liegen Pullover, Jacken, Hosen, dazu kommen Schuhkartons. Alle Mitarbeiter bekommen Arbeitskleidung gestellt. Die Arbeitssicherheitsschuhe sind wahlweise mit Orthopädie-Einlagen ausstattbar. „Wir verschicken von hier nach ganz Deutschland zu den Mitarbeitern“, sagt Christina Herrmann.

Fast jedes Haus beginnt seine Reise in Harsefeld

Danny Köhn ist mit seinem Laster inzwischen unterwegs. Jan Peper zeigt auf einen Punkt auf dem Bildschirm. Für ein paar Menschen transportiert Danny Köhn den Traum vom eigenen Haus auf die Baustelle. Drei Monate Bauzeit sind als Obergrenze bei Viebrockhaus garantiert. Nur die wenigsten wissen, dass fast jedes Teil dafür in Harsefeld im Landkreis Stade seine Reise begonnen hat.

Waldemar Heller packt alles für den nächsten Transport zusammen.

Waldemar Heller packt alles für den nächsten Transport zusammen. Foto: Fehlbus

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