TMagischer Ort: Großsteingräber im Dohrenwald bald wieder zugänglich

Bäume gefährden die 5500 Jahre alten Großsteingräber im Dohrenwald zwischen Bliedersdorf und Grundoldendorf. Die markierten Bäume sollen gefällt oder gestutzt werden. Foto: Vasel
Achtung Lebensgefahr! Betreten des Waldes verboten. So steht es auf Schildern am Dohrenwald bei Bliedersdorf. Der Besuch der 5500 Jahre alten Steingräber ist verboten - doch das wird sich ändern.
Bliedersdorf. Die imposante Megalithanlage mit ihren vier Großsteingräbern zwischen Grundoldendorf und Bliedersdorf „zählt zu den bedeutendsten im Norden“, unterstreicht Kreisarchäologe Daniel Nösler. Die Gräber im Dohren sind älter als die Pyramiden von Gizeh in Ägypten. Sie liegen im Schatten von 250 Jahre alten Buchen. Diese mächtigen Bäume ragen wie Säulen gotischer Kathedralen in den Himmel.
Doch die Tage der Riesen sind gezählt. Viele Buchen sind am Ende ihrer Lebenszeit angelangt. Die Grabanlage ist bereits seit 2017 für die Öffentlichkeit gesperrt. Unter anderem Pilze setzen den Buchen zu. Jederzeit können Bäume umkippen oder Äste abbrechen. Wer den Dohrenwald heute betritt, begebe sich in Lebensgefahr. Jetzt haben die Forstarbeiter fast 25 Bäume im Dohrenwald mit orangener Farbe markiert.

Achtung Lebensgefahr. Betreten des Waldes verboten - heißt auf den Schildern an den Eingängen zum Buchenhain. Foto: Vasel
Es sei „eine Schande“, dass ein so eindrucksvolles Wandergebiet den Erholungssuchenden vorenthalten wird, klagten der Sprecher des Landeswanderverbandes Niedersachsen, Frank Bludau, und Kommunalpolitiker wie der Bliedersdorfer Bürgermeister Tobias Terne (CDU) im September 2024 im TAGEBLATT.
Landrat Kai Seefried (CDU) schaltete sich nach dem Artikel ein. Er brachte die Denkmal- und Naturschützer in den Behörden auf Kreis- und Landesebene sowie die drei Eigentümer an einen Tisch. Das Ziel: Ausflüglern ein Geschichts- und ein Naturerlebnis ermöglichen. „Mir ist es ein großes Anliegen, die Großsteingräber im Dohrn mit ihrer besonderen historischen Bedeutung wieder für die Bevölkerung sicher zugänglich zu machen“, betont Seefried gegenüber dem TAGEBLATT.
Landrat bringt Naturschützer und Archäologen an einen Tisch
Vor Ort entwickelten Kreisbaurätin Madeleine Pönitz, Naturschutzamtsleiter Dr. Uwe Andreas, Kreisarchäologe Daniel Nösler mit Planungsamtsleiter Simon Grotthoff und Seefried die Kompromisslösung. Diese werde den Ansprüchen des Landschafts-, Natur- und Denkmalschutzes gleichermaßen gerecht. Schließlich leben im mächtigen Buchenhain unter anderem bedrohte Fledermäuse und Pflanzen wie der gefährdete Scheidige Gelbstern. Dieser liebt insbesondere bodenfeuchte Buchenwälder.
Ringwallanlage
T Kreisarchäologe: Das „Stonehenge“ der Stader Geest stand in Oersdorf
Der Buchenhain liegt in einem 50 Hektar großen Landschaftsschutzgebiet und ist seit 1939 geschützt. Der etwa 6,5 Hektar große Wald ist in seiner Größe selten und mit dem Totholz ein wertvolles Biotop. Des Weiteren muss beachtet werden, dass die geplanten Fällungen die Stabilität der anderen Bäume bei Starkwind nicht bedrohen. Auch ein Forstexperte ist zu Rate gezogen worden.
Bäume und Unterholz werden auf den Gräbern entfernt
Einige der Bäume im Bereich der vier Großsteingräber werden gefällt und entfernt, andere lediglich gestutzt. Ein Teil der Stämme wird als Totholz im Wald verbleiben. Einige Bäume seien „nicht mehr standsicher und drohen die einmaligen Großsteingräber zu beschädigen“, sagt Kreisarchäologe Nösler.
Die Auswahl der Bäume erfolgte nach forst- und naturschutzfachlichen sowie denkmalpflegerischen Aspekten. Die Forstarbeiter werden im Laufe des Jahres loslegen. Außerdem soll das auf den Gräbern wuchernde Unterholz entfernt werden.

25 Bäume sind im Dohrenwald markiert worden. Foto: Vasel
„Wir werden darüber hinaus aber auch ein Konzept zur Sicherung und Erhaltung des Denkmals, möglicherweise mit Unterstützung von Stiftungen, erarbeiten“, kündigt Seefried an. Nach der Pflegeaktion wird der Bereich der Großsteingräber wieder zugänglich sein.
In den Grabkammern bestatteten die vom Ackerbau lebenden Steinzeitmenschen der Trichterbecherkultur ihre Toten. Archäologen fanden mit Fingernageleinstichen verzierte Keramikgefäße, aber auch Flintgeräte wie Beile, Pfeile oder Messer in den Steinkammern. Das erste Grab zählt 75 Findlinge. Bestattungen gab es bis in die Bronzezeit.

Bäume auf den Großsteingräbern werden entfernt. Foto: Vasel
Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege in Hannover ist mit im Boot. Der Kreis Stade hatte dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur angeboten, den landeseigenen Bereich des Dohrenwaldes zu erwerben. „Doch das Land will aufgrund der archäologischen Bedeutung der Grabanlage weiterhin Miteigentümerin bleiben“, so Nösler. Der andere Teil des Waldes gehört dem Landkreis, die Zuwegung der Gemeinde Apensen.
Dohrenwald wird trotzdem kein Archäologiepark
Die entfernte Archäologie-Informationstafel wird nicht wieder aufgestellt. Es wird keinen ausgeschilderten Archäologie- und Naturpfad wie in der Goldbecker Hügelgräberheide oder in der Nekropole Daudieck geben. „Dadurch bestünden weiterreichende Aufgaben zur Verkehrssicherungspflicht, die derzeit nicht erfüllbar sind“, erklärt der Kreissprecher Christian Schmidt. Er verweist auf Paragraf 14 des Bundeswaldgesetzes. Dort heißt es: „Die Benutzung geschieht auf eigene Gefahr. Dies gilt insbesondere für waldtypische Gefahren.“

Blick in den Dohrenwald - mit Steingrab und Totholz. Foto: Vasel