TMarinella Senatore: Künstlerin mit internationaler Strahlkraft in Stade

Marinella Senatore vor einer ihrer Lichtinstallationen, die für Besucher im Kunsthaus Stade zum Selfie-Point werden soll. Foto: Weselmann
Marinella Senatores Kunstaktionen haben Millionen von Menschen auf der ganzen Welt bewegt. Wo sie eingeladen ist, bricht sie gesellschaftliche Muster auf und schafft so ein neues Wir-Gefühl. Das soll auch in Stade gelingen.
Stade. Mit Marinella Senatore ist es dem Kunsthaus Stade gelungen, eine herausragende Gegenwartskünstlerin von internationaler Strahlkraft in die Stadt zu holen. Nach einer Ausstellung in der Villa Stuck in München und dem Museum der Moderne in Salzburg wird Senatores Werk damit erstmals in Norddeutschland vorgestellt.
Die Ausstellung steht unter dem Titel „Together We Stand“. Dieses Credo ist Versprechen, Hoffnung und Botschaft zugleich. Ein kurzer Satz, der aus Einzelnen eine Gemeinschaft werden lassen kann. „Wir stehen zusammen“ bedeutet, aktiv zu werden, sichtbar zu sein und Haltung zu zeigen. Genau diese Selbstermächtigung ist Marinella Senatores künstlerischer Motor.
Die Aktivistin stößt kollaborative Prozesse an
Die Italienerin ist Aktivistin, Dozentin und eine der wichtigsten Vertreterinnen von jungen, weltweiten Bewegungen, die sich für einen gesellschaftlichen Wandel einsetzen. Ausgebildet in bildender Kunst, Orchesterspiel und Filmregie entwickelt sie kollaborative Prozesse.
Ihr Schaffen lebt vom Moment des Geschehens. Die 1977 in in Cava de’ Tirreni geborene Künstlerin ist bekannt für ihre öffentlichen Paraden, die mit Menschen aus der Bevölkerung vor Ort entstehen. Dabei verbindet sie Tanz, Musik, Popkultur und Aktivismus zu kollektiven Kunstaktionen von gesellschaftspolitischer Sprengkraft. Denn all ihren Arbeiten liegt die Aufforderung zugrunde, Teilhabe und Miteinander neu zu denken.
Es geht um die Erfahrung „gemeinsamen Herzschlags“
Die öffentlichen Paraden sind gemeinschaftlich erwachsene Aktionen, für die Senatore einen Rahmen aus Workshops, Raum und Zeit bereitet. Die in Berlin lebende Künstlerin versteht diese als ein Zusammenkommen, das an traditionelle Festumzüge anschließt und zugleich neue Narrative entstehen lässt.
Hierfür nutzt sie die Straße als einen außerinstitutionellen Ort des Zeigens und Veränderns. Entgegen sich zuspitzender Logiken von Perfektion, Produktion und Erfolg geht es um die Erfahrung eines „gemeinsamen Herzschlags“, wie die Künstlerin sagt, und um eine „Wiedergutmachung auf der Straße“.
Sieben Millionen Menschen sind Teil ihrer Kunst
Wenn sie zu ihren Aktionen im öffentlichen Raum aufruft, dann geht es um eine neue Erfahrung von Gemeinschaft, Verbundenheit und Selbstwirksamkeit. Eingeladen sind Gruppen oder Einzelpersonen jedes Alters, besonders willkommen sind diejenigen, die selten zu sehen sind, oft übersehen werden oder um Anerkennung kämpfen müssen. Mehr als sieben Millionen Menschen in 23 Ländern haben auf diese Weise schon in ihrer School of Narrative Dance mitgewirkt.

Marinella Senatores Lichtinstallationen, skulpturalen Werke und Collagen speisen sich aus ihren Kunstaktionen und sind geprägt von Traditionen der Fest- genauso wie der Protestkultur. Foto: Weselmann
Die Schau gibt einen umfassenden Einblick in Senatores Werke, die sie aus ihren partizipativen Projekten heraus entwickelt: Zeichnungen, Grafiken, Collagen, Skulpturen, Videos und Installationen verweisen auf die Orte und Begebenheiten, in denen Menschen für sich einstehen oder vergnüglich zusammenkommen. Zurückliegenden Projekten wird dadurch eine erneute Öffentlichkeit geboten und lokalen Initiativen eine globale Sichtbarkeit zuteil.
„Together we stand“ macht Selbstwirksamkeit erlebbar
Auch Stade ist aufgefordert, mitzumachen. Für den Zeitraum der Ausstellung vom 9. Juni bis 9. September sind zum regulären Programm mit Artist Talk und Führungen diverse Aktionen geplant. Unter dem Motto „Together We Stand“ laden sie ein, ganz im Sinne der Künstlerin neue Formen von Gemeinschaft zu erleben und zum Wir-Gefühl der Stadt beizutragen.
Museumsdirektor Sebastian Möllers sieht einen großen Wert in Kunst, „die nicht um ihrer selbst willen existiert, sondern versucht, aus sich heraus etwas in Bewegung zu setzen“. „Es ist das Beste, was Kunst vermag. Das macht Marinella Senatores Werk so stark und wichtig in unserer heutigen Zeit“, so Kuratorin Luisa Fink.
Aktionen bringen die Stader zusammen
Damit geht das Kunsthaus so weit in den öffentlichen Raum wie noch nie zuvor. „Das Wir geht in unserer Gesellschaft gerade verloren“, sagt Museumsdirektor Sebastian Möllers. Vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen und Probleme, sei Marinella Senatores tragende Idee, Menschen zu verbinden, umso wichtiger.
„Wir sind gespannt, wie die Stadt darauf reagiert, und ob wir andere Menschen erreichen als sonst“, so Möllers. Einladungen in den meistgesprochenen Sprachen Stades und ein freier Eintritt für alle, die sich beteiligen, sind Teil des Programms. Näheres dazu findet sich unter www.museen-stade.de.

Marinella Senatore ist bekannt für ihre öffentlichen Paraden, die mit Menschen aus der Bevölkerung vor Ort entstehen. Foto: Andrea Samonà