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TMesserattacke in Bremerhaven: 20-Jähriger Opfer von rassistischer Gewalttat

Am Sonntag, 9. Juni, wurde ein 20-Jähriger im Bürgerpark Bremerhaven Opfer einer mutmaßlich rassistischen Gewalttat.

Am Sonntag, 9. Juni, wurde ein 20-Jähriger im Bürgerpark Bremerhaven Opfer einer mutmaßlich rassistischen Gewalttat. Foto: Hartmann

Das „nicht deutsche“ Aussehen eines jungen Mannes reichte für drei Männer offensichtlich aus, um ihn anzugreifen. Die Polizei ermittelt. Das Opfer, ein angehender Zollbeamter aus Bremerhaven, steht nach der Messerattacke unter Schock.

Von Wiebke Schwind Mittwoch, 19.06.2024, 16:53 Uhr

Bremerhaven. M.K. (seinen vollen Namen möchte er aus Angst vor weiteren Angriffen nicht veröffentlicht sehen) ist 20 Jahre alt. Sportbegeistert, freundlich, zuvorkommend und angehender Zollbeamter. Er engagiert sich für sein Heimatland - Deutschland. M.K. ist in Deutschland geboren, aber sein südländisches, „nicht deutsches“ Aussehen - seine Familie hat türkische Wurzeln - reichte für drei unbekannte Täter offensichtlich aus, um ihn anzugreifen: Beim Joggen im Bürgerpark überfielen sie ihn, schlugen auf ihn ein und verletzten ihn mit einem Messer.

Die Polizei betätigte den Vorfall auf Nachfrage der Nordsee-Zeitung. Die Ermittlungen wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung gegen Unbekannt seien nach Erstattung einer Anzeige aufgenommen worden.

„Ich dachte, das war’s“

Über den Angriff sprechen kann M.K. gerade nicht mehr. Zu tief sitzt der Schock. Zu tief sind die Verletzungen. „Mama, ich dachte nur: Das war’s für mich“, gibt seine Mutter Mutlu I. seine Worte nach der Tat wider und ringt dabei um Fassung. Gemeinsam mit Sülmez Çolak, SPD-Abgeordnete in der Bremer Bürgerschaft, suchte sie stellvertretend für ihren Sohn das Gespräch mit der NZ.

Çolak setzt sich seit Jahren gegen Rassismus und für Integration ein. Die Politikerin reagierte tief bestürzt auf die Gewalttat. Auch, weil sie sich am gleichen Tag ereignete wie ein rassistisch motivierter Vorfall in einem Wahllokal.

Opfer wird beim Joggen angegriffen

Schockiert und betroffen berichtet Mutlu I. über den Vorfall, der sich gegen Mittag am 9. Juni im Bürgerpark Bremerhaven zugetragen hat. „Du scheiß Ausländer, geh zurück in dein Land“, riefen die drei Männer ihrem Sohn zunächst beim Joggen hinterher. Er habe vorher schon ein ungutes Gefühl gehabt, wollte seiner Angst jedoch keinen Raum geben, sagt die Mutter des Opfers. „Die haben einfach Streit gesucht.“

Dann soll alles ganz schnell gegangen sein. „Die sind einfach auf ihn losgegangen und haben auf ihn eingeschlagen“, Mutlu I.s Hände zittern. Aufgeregt berichtet sie, dass er versucht habe, der Situation zu entkommen. Die drei Täter hätten ihn jedoch immer wieder an seinem T-Shirt zurückgerissen. Auf dem Boden liegend, habe der junge Mann nur noch versucht, seinen Kopf zu schützen.

Gewaltbereitschaft nimmt zu

Dann hätten sie vor seinem Gesicht mit einem Messer „herumgespielt“ und seinen Hals freigelegt. Die Stimme der 44-Jährigen versagt. Sie kämpft mit den Tränen. „Das war eine Tötungsabsicht und keine Spielerei mehr“, ergänzt Sülmez Çolak. Als Volljuristin könne sie das beurteilen. Auch sie ist sichtlich ergriffen. „Die Gesellschaft spaltet sich immer mehr. Die Gewaltbereitschaft nimmt zu.“ Der Politikerin mache das „große Sorgen“.

Älteres Ehepaar rettet M.K. das Leben

Ein älteres Ehepaar eilte dem jungen Mann zu Hilfe. Nach Aussagen des Opfers sollen sie verbal auf sich aufmerksam gemacht haben. „Lassen Sie den Mann in Ruhe“, habe er sie rufen hören. Die drei Männer ließen daraufhin von M.K. ab und flüchteten.

Das Ehepaar kümmerte sich um den 20-Jährigen. So boten sie an, die Polizei und einen Rettungswagen zu rufen. Das unter Schock stehende Opfer lehnte die Hilfe zunächst ab. „Ich wollte da nur noch weg“, erzählte er seiner Mutter nach der Tat. Erst später erstattete die Familie Anzeige.

Menschlichkeit und Dankbarkeit

Es sei „schon komisch“ sagte M.K. „Ich werde von Deutschen fast getötet und von Deutschen gerettet.“ Auch seine Mutter sieht trotz allem Bösen noch etwas Gutes in der Gesellschaft und weint. Dieses Mal vor Dankbarkeit: „Ich möchte mich einfach nur bei den beiden bedanken. Denn ohne sie wäre mein Sohn nicht mehr am Leben.“