TMit 100 km/h durch Buxtehude: Bewährungsstrafe für Raser nach tödlichem Unfall

Am Schützenhofweg in Buxtehude war am 18. Februar 2023 ein BMW gegen die Hauswand geprallt. Foto: Feuerwehr/Gerken
Das Amtsgericht Buxtehude hat einen Mann wegen fahrlässiger Tötung und Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Er saß am Steuer eines BMW, der in Buxtehude gegen eine Hauswand prallte. Sein Beifahrer verstarb an den schweren Verletzungen.
Buxtehude. Als die Rettungskräfte am Abend des 18. Februar 2023 an der Unfallstelle am Schützenhofweg, Einfahrt Organistenweg, in Buxtehude kamen, bot sich ihnen ein schreckliches Bild: Ein BMW war gegen eine Hauswand geschleudert und zerstört worden.
Schwager des Fahrers kam bei dem Unfall ums Leben
Für den 24 Jahre alten Beifahrer kam die Hilfe zu spät. Er starb noch in dieser Nacht an seinen schweren Verletzungen im Elbe Klinikum Stade. Es handelte sich um den Schwager des Fahrers. Zwei weitere Wageninsassen und der Fahrer kamen schwer verletzt in andere Krankenhäuser.
Der heute 31 Jahre alte Fahrer musste sich am Dienstag vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Buxtehude dafür verantworten. Die zentrale Frage des Prozesses: Hätte der Fahrer den Unfall vermeiden können, bei dem sein Schwager ums Leben kam?
Seit einem Jahr in der Psychiatrie
Schwer gezeichnet ist der Angeklagte seit dem Unfall. Der 31 Jahre alte Mann aus Hamburg befindet seit einem Jahr vollstationär in psychiatrischer Behandlung an der Asklepius Klinik in Harburg. Der Vater von vier Kindern erhält starke Medikamente, ist berufsunfähig. Depressionen habe er.
Wie es zu dem Unfall kam, bleibt ungeklärt. Der Angeklagte habe keine Erinnerung daran. Retrograde Amnesie habe sein Mandant, erklärte Rechtsanwalt Rolf Huschbeck. Gedächtnisverlust also, was das Unfallgeschehen betrifft. Die anderen beiden bei dem Unfall schwer verletzten Männer könnten sich ebenfalls nicht erinnern, hätten sie gegenüber der Polizei erklärt. Als Zeugen waren sie nicht geladen, sie leben nicht in Deutschland.
Noch vor den Rettungskräften an der Unfallstelle eingetroffen war ein 33 Jahre alter Polizeibeamter, der vor Gericht seine Erinnerungen schilderte. Der Polizist hatte den Fahrer aus dem Fahrzeugwrack geborgen, weil Rauch aus dem Motorraum aufstieg.
Er könne sich nicht erinnern, dass der Fahrer etwas gesagt habe. Ersthelfer am Unfallort hätten sich hysterisch verhalten, chaotisch und wuselig sei es zugegangen. Laut einem der Ersthelfer soll einer der Schwerverletzten gesagt haben, alle Wageninsassen hätten Alkohol getrunken, berichtete der Polizeibeamte. Eine Blutprobe ergab später: Der Fahrer hatte Cannabis geraucht - gemessen wurde aber eine so geringe Konzentration, dass sie seine Fahrtüchtigkeit wohl nicht beeinflusst habe.
Vorbestraft wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
Entscheidender dürfte dagegen gewesen sein: Der Angeklagte hat nie einen Führschein erworben - weder in Deutschland noch in seiner früheren Heimat Polen. Dreimal zuvor ist er bereits wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden.
Anhand der Schäden am Fahrzeug rekonstruierte ein Sachverständiger der Prüfgesellschaft Dekra, in welchem Tempo der BMW kurz vor dem Unfall durch Buxtehude gerast sein muss. Mindestens 100 km/h schnell sei das Fahrzeug gefahren, erlaubt sind lediglich 50 km/h. Mit mindestens 90 km/h sei der BMW gegen das Gebäude geprallt.
Die überhöhte Geschwindigkeit müsse aber nicht Ursache des Unfalls gewesen sein, entgegnete Rechtsanwalt Huschbeck. Eine defekte Bremse oder ein Griff in das Lenkrad seien denkbare Auslöser. Wie es zu dem Unfall kam, werde nie geklärt werden. Auch, weil das Fahrzeug unfalltechnisch nie untersucht worden sei. Viele Unwägbarkeiten seien das. Deshalb sprach sich der Rechtsanwalt für eine Freiheitsstrafe zur Bewährung aus.
Die Staatsanwältin dagegen forderte eine Gefängnisstrafe - zwei Jahre und zehn Monate. Sie erinnerte an mehrere Urteile, in denen Gerichte bei Rasern von einem vorsätzlichen Tötungsdelikt ausgingen und langjährige Gefängnisstrafen verhängten.
Gericht verhängt Freiheitsstrafe
Am Ende verurteilt das Schöffengericht den 31-Jährigen wegen fahrlässiger Tötung und Fahrens ohne Führerschein zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung. Innerhalb von fünf Jahren darf er keine Straftat begehen, sonst muss er ins Gefängnis. Außerdem ordnet das Gericht eine lebenslange Führerscheinsperre an.
Der 31-Jährige hätte den Unfall vermeiden können, bei dem sein Schwager starb. Er hätte das Auto überhaupt nicht fahren dürfen - und auch nicht so schnell. „Sie sind Mitverursacher eines tödlichen Unfalls“, sagte der Vorsitzende Richter Marcus Aping in der Urteilsbegründung. Seit dem Unfall psychisch schwer krank, gehöre der Mann in dem Zustand aber nicht in ein Gefängnis.