TMitten im Wahlkampf: SPD-Brief sorgt für Unruhe bei der CDU

Kai Koeser, SPD-Politiker und demnächst Bürgermeisterkandidat in Stade? Foto: Susanna Brunkhorst
Ein Wochenende liegt hinter dem Brief, den die SPD-Kreisvorsitzenden an die CDU schickten. Beim Absender scheinen sich die Gemüter beruhigt zu haben. Jetzt ärgert sich aber die CDU.
Stade. Mit deutlichen Worten hatten Kai Koeser und Corinna Lange als die beiden Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Stade das CDU-Verhalten im Bundestag kritisiert. Es ging nicht nur um den Vorstoß von CDU-Chef Friedrich Merz zur Migration, der von der AfD unterstützt wurde, sondern auch um das Geplänkel in den sozialen Medien anschließend.
SPD wirft CDU bleiernes Schweigen vor
Die SPD beschwert sich bei der CDU „über Vorwürfe und Rhetorik aus Euren Reihen uns gegenüber“. Es blieben „Vorwürfe lokaler Funktionsträger:innen uns gegenüber“. Es bleibe die aggressive Rhetorik einiger weniger. Es bleibe „das bleierne Schweigen der vielen anderen“.

Die SPD-Spitze im Kreis: Corinna Lange und Kai Koeser. Foto: Strüning (Archiv)
Es bleibe der Hohn in den sozialen Medien über die Sorge vieler Menschen über die Stabilität unserer Demokratie. Das alles zerstöre Vertrauen. Lösungsvorschlag der SPD: Die CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Melanie Reinecke solle sich vom Vorgehen von Friedrich Merz in der Migrationsdebatte und dem Nachspiel zum Teil auch auf lokaler Ebene distanzieren. Die SPD wisse sonst nicht, wie vor Ort die Zusammenarbeit in Zukunft laufen solle.
CDU reagiert mit Unverständnis auf die Vorwürfe
Ein frommer Wunsch, der nicht in Erfüllung geht. Reinecke, im Brief immer wieder als „liebe Melanie“ angesprochen, hat das Schreiben inzwischen gelesen. Darauf reagieren möchte sie nicht. Das Unverständnis über das Vorgehen ist ihr aber anzuhören.

Die CDU-Kreisvorsitzende Melanie Reinecke aus Stade ist auch Abgeordnete im Kreistag. Foto: Wisser
„Wenn die SPD vor Ort die Tischdecke zerschneiden möchte, werde ich mich daran nicht beteiligen“, sagt sie. Wozu solle diese Diskussion führen, so Reinecke. Sie löse keine Probleme. Zwei Wochen vor der Wahl gehe es darum, sich fair in der Sache zu streiten, so wie die Kanzlerkandidaten am Sonntagabend im TV-Duell.
Zu dem Thema, so Reinecke, sei alles gesagt, ob auf Bundes- oder auf kommunaler Ebene. Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Im Kreistag zum Beispiel, gebe es eine Absprache auch zwischen CDU und SPD, wie mit der AfD umzugehen sei.
Keine Zusammenarbeit mit Antidemokraten
Im Stader Kreistag gibt es trotz inhaltlicher Differenzen einen respektvollen Umgang zwischen den großen Fraktionen. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die CDU-Kreistagsfraktion nicht mit antidemokratischen Parteien zusammenarbeiten wird“, sagt Björn Protze, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Tatsächlich gibt es viele Beispiele dafür, dass die AfD im Kreistag komplett isoliert ist.
„Deshalb gibt es keinen Grund, an der Zusammenarbeit im Kreistag etwas zu ändern. Wir tun das zum Besten für die Menschen in der Region“, sagt Protze.
CDU-Fraktion setzt weiter auf Gespräche
Helmut Dammann-Tamke ist Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion und sieht das ähnlich - das Miteinander im Kreistag will er nicht infrage stellen. „Für mich ist der offene Brief der verzweifelte Versuch, den Vorgang bis in die letzte Verästelung zu skandalisieren“, sagt der ehemalige Landtagsabgeordnete.
Es gebe aus seiner Sicht keinen Grund, an der konstruktiven Zusammenarbeit etwas zu ändern. „Wenn Kai Koeser und Corinna Lange im Kreistag sitzen würden, hätten sie diesen Brief vielleicht nicht geschrieben“, sagt Dammann-Tamke.
In Buxtehude bleibt es bei der Gemeinsamkeit
Auch auf der lokalen Buxtehuder Ebene haben sich die Gemüter schnell wieder beruhigt. Als Reaktion auf den offenen Brief hatte der CDU-Stadtverbandsvorsitzende Marcel Haberkorn in einem Facebook-Post davon gesprochen, dass die SPD die Tür zugeschlagen und dann zugenagelt habe.
„Das gilt nicht für unsere Zusammenarbeit mit der SPD in Buxtehude“, sagt Haberkorn mit etwas Abstand. In Buxtehude schätze man sich gegenseitig. Auch die SPD in der Hansestadt setzt auf ein gutes Verhältnis zur CDU. „Wir arbeiten mit der CDU vertrauensvoll zusammen“, sagt Christian Krüger, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Buxtehude.
Nach der Bundestagswahl wieder vertragen
Übers Wochenende scheint sich der Groll bei Kai Koeser etwas gelegt zu haben. Seine Worte klingen deutlich versöhnlicher als noch in dem Brief an die CDU. Er gibt zu, den Brief verfasst zu haben, den dann die Co-Vorsitzende Lange als auch der SPD-Geschäftsführer Andre Borowsky unterschrieben haben. Sie wollten ein Zeichen setzen.

Kai Koeser, SPD-Politiker und demnächst Bürgermeisterkandidat in Stade? Foto: Susanna Brunkhorst
Kai Koeser hatten Nachrichten der Bützflether CDU zur Mahnwache in Harsefeld als auch der Jungen Union zum Sturm auf die CDU-Geschäftsstelle in Hannover auf die Palme gebracht. Das sagte er dem TAGEBLATT auf Nachfrage am Montag.
„Keiner hat sich davon distanziert“, kritisiert er weiterhin. Aber er sagt auch: „Die Wogen werden sich wieder glätten.“ Und wenn es nach der Bundestagswahl zur großen Koalition von CDU und SPD komme, „dann müssen wir uns sowieso wieder alle vertragen“.