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Industrieansiedlung

TNach heftigem Streit: Stade sagt Ja zum Holzkraftwerk

Direkt neben den Anlagen der AOS mit ihrer roten Erde soll das Holzkraftwerk an der Elbe entstehen. Die Visualisierung zeigt die geplanten Gebäude.

Direkt neben den Anlagen der AOS mit ihrer roten Erde soll das Holzkraftwerk an der Elbe entstehen. Die Visualisierung zeigt die geplanten Gebäude. Foto: Hansekraft

Der Rat der Stadt Stade steht mehrheitlich hinter den Plänen, auf Bützflethersand ein Holzkraftwerk zu bauen. Vor der Abstimmung wurde erbittert gestritten.

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Von Lars Strüning
Donnerstag, 03.07.2025, 05:50 Uhr

Stade. Es ging nur um eine Formalie, um das gemeindliche Einvernehmen zur Errichtung und zum Betrieb eines Biomasseheizkraftwerks in Stade-Bützfleth. Die Investoren wollen dafür einen dreistelligen Millionenbetrag ausgeben und pro Jahr 50.000 Tonnen Altholz verbrennen.

Lange Aussprache: 17 Redebeiträge in 50 Minuten

Daran entzündete sich ein heftiger Streit. Sehr untypisch für den zur Sachlichkeit neigenden Rat in Stade. Die Aussprache ging über 50 Minuten mit 17 Redebeiträgen.

Die nüchternen Tatsachen: Die Stadtverwaltung kommt in ihrer Stellungnahme zu dem Ergebnis, dass sich das Holzkraftwerk in das bestehende industrielle Umfeld auf Bützflethersand einfügt und planungsrechtlich zulässig ist. Entsprechend fiel das Votum der Ratsmitglieder aus. Mehrheitlich stimmten sie bei fünf Gegenstimmen und fünf Enthaltungen für das Erteilen des kommunalen Einvernehmens.

„Damit haben wir in Stade ein klares Zeichen gesetzt und signalisieren, dass wir uns für das Altholzkraftwerk stark machen“, wird Bürgermeister Sönke Hartlef in einer Pressemitteilung der Stadt zitiert. Er selbst war am Abend der Sitzung nicht anwesend. Dem Investor werde Planungssicherheit gegeben und das Genehmigungsverfahren beschleunigt.

In dem Kraftwerk soll Altholz, das nicht mehr anderweitig verwertet werden kann, zu Energie gemacht werden. Das Kraftwerk kann somit Dampf, Strom und CO2, das beim Verbrennen des Holzes entsteht und abgeschieden wird, für die Industrie in Bützfleth sowie Fernwärme für Teile der Stadt produzieren.

Die Argumente der Gegner des Holzkraftwerkes

Tristan Jorde von den Linken und Jochen Witt aus Bützfleth von der WG sehen das Projekt sehr kritisch. Bei der Verbrennung von Holz werde schlagartig gebundenes CO2 freigesetzt, sagte Witt. Es handele sich nicht um eine klimaneutrale Energiegewinnung. Eine mögliche klimaneutrale Stadt mit Hilfe des Holzkraftwerks stehe auf tönernen Füßen.

Tristan Jorde sprach von einem Etikettenschwindel. Beim kontaminierten Holz könne man nicht von Biomasse sprechen. Das Projekt sei eine Sondermüllverbrennungsanlage. Jorde sprach von erheblichen Schadstofffrachten, die in und um Bützfleth auf Menschen und Landschaft niedergingen.

Auch von den Grünen kam Kritik. Tim Evers fand es problematisch, dass der Rat die Verwaltung pauschal ermächtigen solle, grünes Licht zu geben, ohne sich mit dem Projekt ausführlich befasst zu haben. Der Rat solle eine so politisch sensible und rechtlich weitgreifende Entscheidung nicht einfach aus der Hand geben.

Grüne: „Ich weiß nicht genau, was beantragt ist“

Seine Fraktionsvorsitzende Karin Aval konnte die Eile nicht verstehen für das kommunale Einvernehmen. Sie wolle erst Einblick in die Unterlagen nehmen, ehe sie zustimmte. „Ich weiß nicht genau, was beantragt wird“, sagte sie. Für Aval ist wichtig, dass die versprochene CO2-Abscheideanlage auch wirklich vorgesehen ist.

Arne Kramer von der CDU will mit Verweis auf die städtischen Finanzen eine Lanze brechen für Industrie und Gewerbe. „Wir leben davon“, sagte er. Mit der Gewerbesteuer zahle die Stadt Investitionen in Schulen, Kitas, Freibäder oder die Feuerwehr. Kramer: „Wir sollten ein klares Zeichen setzen.“ Das Gewerbeaufsichtsamt fälle die Entscheidung über Bau und Betrieb der Anlage, nicht die Stadt.

Über die Pauschalkritik wunderte sich auch Felix Kruse (CDU). Es handele sich um einen formalen Akt. Er könne dem Holzkraftwerk nur Positives abgewinnen. Die Investoren setzten auf grüne Energiegewinnung und stellten über eine gute Öffentlichkeitsarbeit Transparenz her. Er ärgerte sich zudem über die Behauptung Witts, dass dort Frischholz eingesetzt werden solle. Das stimme definitiv nicht.

CDU und SPD: Investoren in Stade willkommen heißen

SPD-Fraktionsvorsitzender Kai Holm will proaktiv an die Entscheidung herangehen. „Wir als Stadtrat sagen Ja zu dem Projekt, ihr Investoren seid willkommen.“ Das Konzept sei durchdacht und gut. Genosse Kai Koeser sieht es genauso. „Bitte keine falschen Signale setzen“, sagte er zum Rat. Sollte der Rat das Einvernehmen nicht herstellen, werde es vom Gewerbeaufsichtsamt ersetzt.

So sieht es auch Enrico Bergmann (FDP), der auf die neue Deutschlandsgeschwindigkeit bei der Genehmigung setzt. Bergmann: „Wir sollten die Investoren nicht verschrecken.“

Einen emotionalen Redebeitrag hielt Bützfleths Ortsbürgermeister Christoph von Schassen (CDU). Er sei fassungslos, „wie hier mit der Industrie umgegangen wird“. Er beruft sich auf die schweigende Mehrheit in Bützfleth, die ihren Job in der Industrie habe - und ihre Kinder auch. Die Gegner auch aus der Bürgerinitiative Bützfleth seien nur eine kleine Gruppe. Schassen: „Wir sollten den Weg weiter mit der Industrie gehen.“ Die Mehrheit sah es genau so.

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