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Lokale Wirtschaft

TOffener Sonntag: Darum setzt der Handel auf dieses Angebot

Amir Afschartabbar, Vorsitzender von Stade aktuell: „Ein Stadtbesuch ist nicht mehr das, was er einmal war.“

Amir Afschartabbar, Vorsitzender von Stade aktuell: „Ein Stadtbesuch ist nicht mehr das, was er einmal war.“ Foto: Strüning

Die Bewertung fällt einhellig aus: Verkaufsoffene Sonntage tun den Innenstädten von Stade und Buxtehude gut. Doch es werden auch kritische Töne laut.

Von Lars Strüning Freitag, 10.10.2025, 19:20 Uhr

Stade. Vergangene Woche war Oktoberfest mit Flohmarkt angesagt in Buxtehude. Diesen Sonntag sollen das Shanty-Chor-Festival und eine Autoschau Neugierige in die Stader City locken. Warum setzen Handel und Stadtmarketing auf dieses Instrument?

Lässig shoppen gehen - das war früher

Amir Afschartabbar, Vorsitzender vom Verein Stade aktuell, dem Zusammenschluss der Kaufleute, Gastronomen und Dienstleister in der Innenstadt, sagt: „Ein Stadtbesuch ist nicht mehr das, was er einmal war.“ Früher sei Shoppen ein Erlebnis, bei dem man sich Zeit nahm, durch die Straßen zu schlendern. Heute sehe es anders aus.

Der Stadtbesuch sei oft eine zweckgebundene Angelegenheit. Die Menschen kämen, um gezielt einzukaufen oder Termine wahrzunehmen. Das gemütliche Bummeln und das zufällige Entdecken scheinen immer seltener zu werden. Afschartabbar zieht daraus seine Schlüsse.

Amir Afschartabbar, Vorsitzender von Stade aktuell: „Ein Stadtbesuch ist nicht mehr das, was er einmal war.“

Amir Afschartabbar, Vorsitzender von Stade aktuell: „Ein Stadtbesuch ist nicht mehr das, was er einmal war.“ Foto: Strüning

Heute sei es wichtig, Einkaufsmotive mit besonderen Erlebnissen zu verbinden. „In diesem Zusammenhang spielen die verkaufsoffenen Sonntage eine bedeutende Rolle“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Familien und Freunde hätten an diesen Tagen die Gelegenheit, gemeinsam in die Stadt zu kommen. Die verkaufsoffenen Sonntage werden dabei von Events begleitet, die für zusätzliche Atmosphäre und ein positives Erlebnis sorgen sollen.

Modeshows, Straßenfeste, Livemusik, Jubiläen und Social-Media-Aktionen seien dabei wichtige Bausteine. Um die Wettbewerbsfähigkeit des stationären Handels in einer Zeit rasanter Digitalisierung und wachsendem Online-Handel zu erhalten, seien Events, verkaufsoffene Sonntage, Märkte und Unterhaltungsprogramme unverzichtbar. Afschartabbar: „Sie stärken damit nicht nur die Innenstadt, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl.“

Verkaufsoffene Sonntage beleben die Innenstädte

Michelle Neugebauer vom shell‘s concept store ist auch im Vorstand von Stade aktuell. Sie sagt: „Gerade in Zeiten, in denen Innenstädte vielerorts ruhiger geworden sind, sind verkaufsoffene Sonntage wichtiger denn je.“ Sie schafften Leben, Begegnung und ein echtes Wir-Gefühl in der Stadt.

Michelle Neugebauer, Vize-Vorsitzende von Stade aktuell: „Verkaufsoffene Sonntage sind wichtiger denn je.“

Michelle Neugebauer, Vize-Vorsitzende von Stade aktuell: „Verkaufsoffene Sonntage sind wichtiger denn je.“ Foto: Laudien

Es gehe dabei längst nicht nur ums Einkaufen, sondern um Erlebnisse, Inspiration und das gemeinsame Gefühl, „dass unsere Stadt lebt“. Neugebauer: „Für uns Händler und Händlerinnen ist es zudem eine wertvolle wirtschaftliche Chance und ein Zeichen dafür, dass lokales Engagement sich lohnt.“

Das Stader Stadtmarketing, das eng mit Stade aktuell zusammenarbeitet, stimmt dem zu. In Stade finden jährlich drei verkaufsoffene Sonntage statt: Zum Craftbeer & Gourmet Festival im Frühjahr, zum Familientag beim Altstadtfest und zum Shantychor-Festival im Oktober, listet City-Managerin Christine Plath auf.

Stades Citymanagerin Christine Plath: „Verkaufsoffene Sonntage stärken Handel, Gastronomie und die lokale Kultur.“

Stades Citymanagerin Christine Plath: „Verkaufsoffene Sonntage stärken Handel, Gastronomie und die lokale Kultur.“ Foto: Stehr

Seit März können in Stade die Besucherzahlen durch Laserscanner analysiert werden. Das Ergebnis ist eindeutig. An normalen Sonntagen liegen die Besucherwerte in Stade bei 2000. Plath: „Bei unseren verkaufsoffenen Sonntagen lagen wir bei Besucherwerten von über 10.000.“ Die Zahlen zeigten, dass verkaufsoffene Sonntage die Innenstädte beleben und so den lokalen Handel, die lokale Gastronomie und die lokale Kultur stärkten.

Menschen kommen, die sich sonst nicht sehen lassen

Ein weiterer, für den Handel wichtiger Effekt: Verkaufsoffene Sonntage lockten Kunden in die Innenstadt, die sonst selten das Stadtgebiet aufsuchen, sagt Ulrich Wiegel, Vorsitzender des Altstadtvereins Buxtehude.

Buxtehudes Altstadtvereinsvorsitzender Hans-Ulrich Wiegel: „Kunden kommen von weiter entfernt als üblich.“

Buxtehudes Altstadtvereinsvorsitzender Hans-Ulrich Wiegel: „Kunden kommen von weiter entfernt als üblich.“ Foto: Weselmann

Mit Blick auf Kundendateien und auf Autokennzeichen auf Besucherparkplätzen ist die Organisation der Einzelhändler zu dem Ergebnis gelangt: „An verkaufsoffenen Sonntagen kommen Besucher aus weiter entfernten Einzugsbereichen als sonst üblich“, sagt Ulrich Wiegel.

Geschäftsführer Julius Mohr: „Verkaufsoffene Sonntage haben eine große Strahlkraft.“

Geschäftsführer Julius Mohr: „Verkaufsoffene Sonntage haben eine große Strahlkraft.“ Foto: Strüning

Die gleiche Erfahrung macht auch Julius Mohr, Geschäftsführer des gleichnamigen Modehauses in Dollern. „Wir erschließen neue Käuferschichten, weil auch Menschen aus entfernteren Orten zu uns kommen.“

Mohr nutzt die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit, vier offene Sonntage anzubieten. Sie hätten eine große Strahlkraft, die Umsätze stimmten und es sei „gute Werbung für unser tolles Angebot“. Die Aktionen rund um die Wochenenden mit verkaufsoffenen Sonntagen bescherten eine hohe Aufmerksamkeit. Mohr plant immer zwei für die Frühjahr-Sommer-Saison und zwei für Herbst/Winter.

In Buxtehude öffnen die Läden sonntags viermal

Viermal im Jahr öffnen auch in Buxtehude sonntags die Geschäfte. Demnächst am 2. November, dann ist Ringel-Markt. Der Markt für Kunsthandwerk und anderes gilt als Publikumsmagnet. Am 28. Dezember endet der Weihnachtsmarkt in Buxtehude mit dem verkaufsoffenen Sonntag.

Der Altstadtverein, das Stadtmarketing Buxtehude und das Modehaus Stackmann sind Akteure, die Anlässe zu verkaufsoffenen Sonntagen auf die Beine stellen. „Als mittelständisches Familienunternehmen sind wir darauf angewiesen, dass diese Tage gut besucht sind, damit es sich durch Kundenbindung und Umsatz für uns lohnt“, sagt Fabian Stackmann, Geschäftsführer des gleichnamigen Modehauses. Aus Sicht seines Unternehmens gelinge das mit Erfolg: „Wir haben das Ziel immer erreicht.“

Geschäftsführer Fabian Stackmann: „Als mittelständisches Familienunternehmen sind wir darauf angewiesen, dass diese Tage gut besucht sind.“

Geschäftsführer Fabian Stackmann: „Als mittelständisches Familienunternehmen sind wir darauf angewiesen, dass diese Tage gut besucht sind.“ Foto: Sulzyc

Dabei würden hohe Hürden des Gesetzgebers die Sonntagsöffnung erschweren. Fabian Stackmann: „Ohne die gebündelten Kräfte der Innenstadtakteure sowie der Stadt wären diese Tage durch die hohen Vorgaben der Gesetzeslage nicht möglich.“

Die IHK Elbe-Weser hat das Thema seit Jahren auf dem Schirm und kritisiert die überbordenden Regelungen. Zahlreiche Urteile und Vorgaben haben das Verfahren für verkaufsoffene Sonntage in den letzten Jahren erheblich erschwert, sagt Kathrin Wiellowicz von der IHK in Stade.

Statt eines kurzen Antrags müssten Gewerbevereine und Händler heute seitenlange Begründungen bei der Kommune einreichen – inklusive eines umfangreichen Rahmenprogramms, das im Vordergrund stehen müsse.

IHK: Ein wichtiges Instrument, das immer noch zieht

Trotz der bürokratischen Hürden bleibe die Sonntagsöffnung für die Standorte, die Betriebe und für die Innenstädte „ein wichtiges und gefragtes Instrument“. Sie sei eines der letzten analogen Marketingmittel, „das immer noch zieht“.

Die verkaufsoffenen Sonntage böten nicht nur den teilnehmenden Unternehmen, sondern auch der gesamten Kommune die Chance, sich zu präsentieren, zu inszenieren und sichtbar zu machen, so Kathrin Wiellowicz.

In einer Zeit, in der die Kluft zwischen digitaler und analoger Welt immer größer zu werden scheint, seien sie eine wertvolle Gelegenheit für persönliche Begegnungen und echtes Erleben. Kathrin Wiellowicz: „Sie sind damit ein wichtiger weicher Standortfaktor, der auch im kommunalen Wettbewerb eine Rolle spielt.“

Die im Gesetz vorgesehenen vier bis acht verkaufsoffenen Sonntage – je nach Ortstyp – seien laut IHK vollkommen ausreichend, um die Kommune als attraktiven, lebenswerten Standort erlebbar zu machen. Wichtig sei, schreibt sie den Läden ins Stammbuch, dass möglichst viele Betriebe mitmachen und einheitliche Öffnungszeiten einhalten.

Ein uneinheitliches Bild wirke wenig einladend. Die Kritik geht noch weiter: Für die IHK sei nicht nachvollziehbar, warum in Niedersachsen nach wie vor ein Öffnungsverbot an Adventssonntagen besteht. Die IHK fordert vom Gesetzgeber die Freigabe von zumindest einem Adventssonntag pro Gemeinde. Dies dann auch gern mit Beschränkung der Öffnungszeiten und Rücksicht auf Gottesdienstzeiten.

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