TProtest in Neukloster: Bürger möchten Bahn-Lärmschutz nicht

Anwohner der Bahnstrecke in Neukloster möchten keine hohen Lärmschutzwände. Das Foto zeigt die Siedlung an den Straßen Am Gleise und Heitmannshausen. Foto: Sulzyc
Im Buxtehuder Ortsteil Neukloster herrscht ein Konflikt um Schallschutz an der Bahnstrecke. Anders als normalerweise: Anwohner wollen ihn nicht, die Bahn schon.
Buxtehude. Ingrid Korfmacher befürchtet, bald gegen eine Wand zu laufen, wenn sie das Haus verlässt. Zusammen mit ihrem Ehemann Herbert lebt sie im Buxtehuder Ortsteil Neukloster direkt am Bahngleis.
Die Deutsche Bahn hat die Absicht, in Neukloster entlang der Bahnstrecke Schallschutzwände zu bauen. Bisher ungeschützt vor Geräuschen fahren S-Bahnzüge, Regionalzüge und Güterzüge an dem Haus der Korfmachers vorbei.

In Höhe der Siedlung Heitmannshausen stehen Häuser ungeschützt vor Zuggeräuschen an der Bahnstrecke. Foto: Sulzyc
Da könnte man meinen, dass es keine schlechte Idee ist, wenn die Deutsche Bahn einen Lärmschutz baut. Nur verhält es sich so: Viele Anwohner wollen die Wand überhaupt nicht haben.
Lärmschutz nicht erwünscht
„Ich kann mit so einer Wand nicht leben. Das macht depressiv“, sagt Ingrid Korfmacher mit Blick auf die Zukunft. Deshalb haben sich die Korfmachers im laufenden Planfeststellungsverfahren mit einer schriftlichen Einwendung gegen das Bauvorhaben ausgesprochen. Damit sind sie nicht alleine.
Im Dorf regt sich Widerstand. Auch im benachbarten Buxtehuder Ortsteil Hedendorf, wo ebenfalls der Bau von Lärmschutzwänden vorgesehen ist. Das berichten Anwohner im Gespräch mit dem TAGEBLATT.
Die Zuggeräusche empfinden Anwohner nicht als Lärm. „An die Geräusche haben wir uns gewöhnt. Wir nehmen sie nicht mehr wahr“, sagt Anwohnerin Waltraud Raatz. Lokomotiven neueren Typs führen heute ohnehin leiser. Schall können Ingenieure messen - das gefühlte Empfinden der Menschen aber nicht, gibt Herbert Korfmacher in seiner Einwendung zu bedenken.
Aus der Küche schaut Waltraud Raatz in die Weite, fast bis ins Moor. Diese Aussicht würde ihr mit der Wand genommen werden. Zudem befürchtet Waltraud Raatz eine Verschattung ihres Hauses.
Anwohner befürchten Teilung des Dorfes
Ein anderes Argument gegen die Wand: Das Bauwerk würde die Nachbarschaft kaputt machen. „Man kennt sich, man grüßt sich. Wenn man einen Nachbarn mal länger nicht sieht, macht man sich Gedanken“, sagt Anwohner Michael Burchert.
„Die Gemeinschaft in der Siedlung würde zerschnitten“, sagt auch Nicola Bade. Dabei ist es das Miteinander im Dorf, warum die 36-Jährige aus Hamburg in ihren Heimatort Neukloster zurückgekehrt ist. Weil die Lärmschutzwand das Dorf teilen würde, ist in Neukloster von der Berliner Mauer die Rede.
Die Lärmschutzwände würden zudem das Sichtfeld an den Bahnübergängen einschränken. „Der Schulweg für Kinder würde unsicherer werden“, sagt Ursula Jaeger-Bade.
Anwohner befürchten auch, dass bei den Bauarbeiten, das Rammen der Pfähle in den Moorboden, die Bausubstanz ihrer Häuser Schaden nehmen könne. Sie fordern die Zusage der Deutschen Bahn zu Beweissicherungsverfahren.
Zuglärm würde um fast die Hälfte reduziert
Die Deutsche Bahn verfolgt den Plan, den Schienenverkehrslärm in Deutschland zu reduzieren. Neukloster und Hedendorf sind Teil dieses Plans. Deutlich weniger Lärm verspricht die Deutsche Bahn den Anwohnern: „Die Maßnahme senkt den Geräuschpegel um etwa acht Dezibel. Zum Vergleich: Ein Minus von zehn Dezibel halbiert den wahrgenommenen Lärm“, erklärt eine Bahnsprecherin dem TAGEBLATT.
Deshalb begrüßten andere Einwohner den Bau der Wände. Etwa die Hälfte der Menschen in Neukloster sei für den Bau, die andere Hälfte dagegen, sagt ein Lärmschutzwandgegner. Das ist ein Eindruck. Genau weiß das niemand.
Vorgesehen ist der Bau von zwei Lärmschutzwänden mit einer Gesamtlänge von ungefähr 4000 Metern entlang der Ortsdurchfahrt Neukloster. Die Lärmschutzwände sollen entlang der Strecke von Heitmannshausen über Neukloster bis Hedendorf aufgestellt werden. Zweieinhalb bis drei Meter hoch würden die Wände sein. Geplanter Baubeginn ist im zweiten Quartal 2026.
Diesen Vorschlag macht ein Anwohner
Besteht Aussicht auf einen Kompromiss? Herbert Korfmacher bringt neu entwickelte, durchsichtige Schallschutzwände ins Gespräch. Sie seien an der Strecke der S-Bahn-Linie S4 in Hamburg vorgesehen.
Drei Meter hohe, undurchsichtige Wände, die das Dorf teilen, würden für Ingrid Korfmacher den Horror bedeuten: „Wir wären schuldlos eingesperrt.“