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Nachruf

TRauer Ton, großes Herz: Michael Jungblut war die Seele des BSV

BSV-Betreuer Michael Jungblut ist tot.

BSV-Betreuer Michael Jungblut ist tot. Foto: Buxtehuder SV

34 Jahre saß er auf der BSV-Bank, verpasste kaum ein Spiel und war für viele einfach „Michel“: Am Wochenende ist Betreuer-Legende Michael Jungblut gestorben.

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Von Tim Scholz
Montag, 01.09.2025, 17:40 Uhr

Buxtehude. Es war ein Moment mit großer Symbolkraft: Beim Legendenspiel des Buxtehuder SV, mit dem sich Verein und Fans vor drei Monaten von der alten Halle Nord verabschiedeten, saß Michael Jungblut im Rollstuhl im Foyer. Tränen standen ihm in den Augen - und nicht nur ihm. Als er dort die Aufstiegsheldin von 1989, Jara Ivancikova, traf, war es ein Augenblick voller Emotionen und Erinnerungen.

Was beide nicht wussten: Es sollte ihr letztes Wiedersehen sein. Am vergangenen Sonntag ist Jungblut im Alter von 75 Jahren verstorben. Verein, Stadt und viele Menschen hätten ihm eine Menge zu verdanken, teilte der BSV am Montag mit.

Jungblut schreibt ungewollt BSV-Geschichte

Für viele Buxtehuder war er schlicht „Michel“, ein Mann mit rauer Schale und großer Leidenschaft für den Handball. 34 Jahre lang saß Jungblut als Betreuer auf der BSV-Bank, nie im Rampenlicht, und doch eine Institution.

Sein Weg zum BSV war Zufall. Mitte der Achtziger war Jungblut noch Betreuer beim VfL Bad Schwartau. Weil er gegen die Wertung eines Spiels Protest einlegte, wurde einem Konkurrenten Punkte aberkannt - Buxtehude profitierte und stieg 1987 in die zweite Liga auf. „Da schrieb Jungblut zum ersten Mal Handball-Geschichte in Buxtehude“, sagt BSV-Geschäftsführer Peter Prior.

Michael Jungblut (rechts) und der Fernsehmoderator Jörg Wontorra.

Michael Jungblut (rechts) und der Fernsehmoderator Jörg Wontorra. Foto: Verein/nomo

Mit der ersten Zweitliga-Saison wechselte Jungblut auf die BSV-Bank - und blieb mehr als drei Jahrzehnte, arbeitete mit neun Bundesligatrainern zusammen. Vertragsverhandlungen habe es nie gegeben, erinnert sich Prior. „Der Mann hat doch eh einen Vertrag auf Lebenszeit.“

Der Handball war seine Familie

Jungblut war mehr als ein Betreuer. Er organisierte Auswärtsfahrten, schloss die Halle auf, begleitete verletzte Spielerinnen ins Krankenhaus, brachte ihnen selbst nachts Medikamente. Auch kannte er sich wie kaum ein anderer mit sportrechtlichen Fragen aus, war immer da, wenn es Probleme gab. Auf Jungblut war Verlass.

Tränen beim Legendenspiel im Mai.

Tränen beim Legendenspiel im Mai. Foto: Jan Iso Jürgens

Dabei konnte sein Ton barsch sein. Mancher erschrak, wenn er von seinem „verbalen Vorschlaghammer“ getroffen wurde - so drückte es BSV-Trainer Dirk Leun mal aus. Doch wer ihn kannte, wusste, dass sich dahinter ein sensibler und herzlicher Mensch verbarg, der schnell zu Tränen gerührt war und die Spielerinnen wie eine Familie behandelte.

Selbst nach einer Halswirbel-OP ließ er es sich 2010 nicht nehmen, beim Europapokalfinale in der Halle Nord dabei zu sein und mit der Mannschaft den Titel zu feiern. „Das größere Gesundheitsrisiko wäre für mich gewesen, diesen Tag zu verpassen“, sagte Jungblut, der kaum mehr als ein Dutzend BSV-Spiele verpasste.

„Wir mussten mit dem Schlimmsten rechnen“

Neben dem Handball leitete Jungblut bis zu seinem Ruhestand viele Jahre die Intensivstation des Buxtehuder Elbe Klinikums - der Umgang mit Leben und Tod gehörte für ihn zum Alltag. Anfang 2022 kehrte er auf seine frühere Station zurück, diesmal als Patient.

Jungblut war Diabetiker. Mit heftigen Schmerzen kam er ins Krankenhaus, verlor ein Bein, seine Nieren versagten. Wochenlang lag er im künstlichen Koma. „Wir mussten mit dem Schlimmsten rechnen“, sagte BSV-Mannschaftsarzt Hans-Wolfram Körner, der ihn im Elbe Klinikum behandelte. Doch Jungblut kämpfte sich zurück, lernte den Umgang mit der Prothese, zog mithilfe seiner Handball-Familie in ein Pflegeheim. „Ich habe gut gelebt“, sagte er dort im Gespräch mit dem TAGEBLATT.

Michael Jungblut auf dem Weg zu einem Bundesliga-Spiel des BSV.

Michael Jungblut auf dem Weg zu einem Bundesliga-Spiel des BSV. Foto: Scholz

Als er acht Monate später erstmals wieder im Rollstuhl in die Halle Nord zurückkehrte, jubelten die Zuschauer. Der BSV sprach von einem kleinen Wunder. Fortan kam er regelmäßig als Zuschauer zu den Heimspielen. Seinen 75. Geburtstag im Februar feierte er mit Weggefährten im Pflegeheim, beim Legendenspiel im Mai trat er zum letzten Mal öffentlich auf.

Den Blick in die neue Halle Nord aber erlebte er nicht mehr. Auf dem Weg zum Tag der offenen Tür im August erlitt er einen Schwächeanfall, von dem er sich nicht mehr erholte. Am Samstag, vor dem ersten Bundesliga-Spiel in der neuen Halle, wird der BSV mit einer Schweigeminute an Michael Jungblut erinnern.

Michael Jungblut mit dem ehemaligen Mannschaftsarzt Körner und Torwarttrainerin Klijn.

Michael Jungblut mit dem ehemaligen Mannschaftsarzt Körner und Torwarttrainerin Klijn. Foto: Jan Iso Jürgens

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