TStader LNG-Debakel: Harsche Kritik und ein Lichtblick

Im Vordergrund ist die Baustelle zu sehen, wo auf Bützflethersand das feste LNG-Terminal entsteht. Im Hintergrund die leere Liegewanne, wo sich das schwimmende LNG-Terminal eigentlich befinden sollte. Foto: Martin Elsen
Der Streit um das schwimmende LNG-Terminal in Stade schlägt hohe Wellen. Die Empörung ist groß - und vor allem die Kritik an der staatlichen Betreibergesellschaft DET ist heftig.
Stade. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) ist sauer wegen des Streits um das schwimmende Stader LNG-Terminal zwischen der Deutschen Energy Terminal (DET) als Betreiber und der mit dem Bau der Anschlussanlagen beauftragten Hanseatic Energy Hub (HEH). Die Verzögerung bei der Inbetriebnahme sei nicht akzeptabel. Lies spricht Klartext: „Ein weiteres Verzögern oder gar ein Scheitern dieses wichtigen Projekts kann und darf sich niemand leisten. Der Hafen ist seit 2023 fertig. Niedersachsen hat wie bestellt geliefert.“
Wie berichtet hatte die Hafengesellschaft Niedersachsen Ports (NPorts) den Anleger für das LNG-Terminal mit einem Investitionsvolumen in Höhe von 300 Millionen Euro in Rekordzeit fertiggestellt. Laut Lies gehe es hier nicht nur um ein einzelnes Projekt, sondern um die Versorgungssicherheit Deutschlands.

Vorne in der Liegewanne sollte sich eigentlich das schwimmende LNG-Terminal befinden. Es ist aber derzeit in Dänemark. Im Hintergrund die Baustelle, wo das feste LNG-Terminal entsteht. Foto: Martin Elsen
„Das Terminal ist ein wichtiger Baustein der Energieinfrastruktur – und allein sein Vorhandensein hat bereits eine preisdämpfende Wirkung auf den Gasmarkt“, so Lies. Er erwarte von allen Beteiligten, dass sie an einer schnellen und tragfähigen Lösung arbeiten.
Kritik an der DET von Bürgermeister und Landrat
Stades Bürgermeister Sönke Hartlef kritisiert die Kommunikation der DET. „Bei einem staatlichen Unternehmen erwarte ich mehr“, sagt er. Die Stadt Stade habe von den Streitigkeiten ausschließlich durch die Berichterstattung in den Medien Kenntnis erhalten.
Aus der Sicht von Landrat Kai Seefried ist vor allem das Handeln der DET „sehr kritisch“ zu hinterfragen: „Hier vor Ort ist ein massiver Vertrauensverlust entstanden. Nicht wenige fragen sich, ob die bundeseigene Gesellschaft DET den Standort Stade überhaupt jemals ernsthaft betreiben wollte.“
Energieversorgung
T Kein LNG in Stade: Heftiger Streit hinter den Kulissen
Vertrauen setzt Seefried dagegen in die HEH und die örtlichen Behörden: „Hier bei uns in Stade agieren echte Profis der Chemie- und Energieindustrie sowie bei den zuständigen Genehmigungsbehörden. Ich bin fest davon überzeugt, dass hier vor Ort das nötige Know-how für den Betrieb vorhanden ist.“
Inspektion der fertigen Anlage schon im März 2024
Für die Genehmigung war das Gewerbeaufsichtsamt in Lüneburg zuständig, Aufsichtsbehörde ist das Gewerbeaufsichtsamt in Cuxhaven. Dessen Leiterin Evelin Wadephul berichtet, dass eine Inbetriebnahme schon seit dem 27. März 2024 grundsätzlich möglich gewesen wäre. Denn damals gab es eine Inspektion der Anlagen vor Ort mit HEH und DET.
Leiterin der Gewerbeaufsicht sieht DET in der Pflicht
Lediglich einige Aspekte in Verbindung mit Arbeitsschutz und Bundesimmissionsschutzgesetz seien noch nicht erfüllt gewesen. Für die Behörde sei klar gewesen, dass die DET in der Pflicht war, die erforderlichen Unterlagen, darunter eine Sachverständigenprüfung, beizubringen. „Das haben wir der DET als Betreiberin auch klar kommuniziert.“ Doch die Unterlagen lägen bis heute nicht vor.
Zudem habe die DET der Behörde bis heute nicht kommuniziert, wann sie die Anlage in Betrieb nehmen wolle. „Wenn ein Wille bestünde, sie in Betrieb zu nehmen, dann hätte es auch einen Weg gegeben“, sagt Evelin Wadephul deutlich.
Was bedeutet das Debakel für den Standort Stade?
Für Stephan Engel, Projektkoordinator für die Standortentwicklung auf Bützflethersand bei der Wirtschaftsförderung Stade, wäre ein Scheitern des schwimmenden LNG-Terminals zwar ärgerlich. Doch aus seiner Sicht würde es für den Standort keinen großen Schaden anrichten.
Wichtig für Stade sei, dass der Bau des landbasierten LNG-Terminals ohne Verzögerung weitergeht. Dieses ist ein Projekt der HEH, eines Konsortiums, zu dem der Hamburger Hafenlogistiker Buss-Gruppe, die Schweizer Private-Equity-Firma Partners Group, der spanische Netzbetreiber Enagás und der US-Chemiekonzern Dow gehören.

Das schwimmende Terminal liegt zurzeit nicht im Stader Energiehafen. Trotzdem tut sich einiges, wie die Kräne zeigen: Das feste Terminal ist im Bau. Foto: Vasel
HEH will in das LNG-Terminal an Land eine Milliarde Euro investieren. Der Bau des festen Terminals geht in Stade sichtbar voran, die künftigen Regasifizierungs-Kapazitäten sind bereits zu 90 Prozent vermarktet. 2027 soll die Anlage in Betrieb gehen - zunächst als Importterminal für LNG, langfristig für Ammoniak als wasserstoffbasierten Energieträger. Für Engel ist es dieses Terminal, das den Standort stärkt und die Transformation voranbringt.
Erfahrene LNG-Ingenieure aus Spanien
„Die Reputation der HEH sollte unter diesem Konflikt nicht leiden“, sagt Engel. Er weist darauf hin, dass HEH mit Dow und Enagás sehr gut aufgestellt ist. Dow-Ingenieure waren in der Startphase involviert, dann übernahmen Enagás-Ingenieure mit viel Erfahrung. „Enagás ist der größte LNG-Betreiber Europas“, sagt Engel.
Energieversorgung
Wann geht das LNG-Terminal in Stade endlich in Betrieb?
Durch die Entwicklungen in Stade bestätigt sieht sich die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Mit ihren Planungen für LNG-Terminals sei die Bundesregierung weit über das Ziel hinausgeschossen. „Wir weisen schon lange darauf hin, dass unnötige Überkapazitäten geschaffen wurden“, sagt Constantin Zerger von der DUH. Die DET hätte viel früher Konsequenzen ziehen müssen. Ohne dass auch nur ein Tropfen LNG angekommen ist, sei ein dreistelliger Millionenbetrag an Steuergeld in Stade verschwendet worden. Eine Inventur der LNG-Projekte unter der Führung der DET sei überfällig.