TRegeln und Risiken: Wenn das Kind sein erstes Smartphone bekommt

Häufig bekommen Kinder ihr erstes Handy mit dem Schulwechsel nach der vierten Klasse. Foto: Monika Skolimowska/dpa
Das erste Handy - und nun? Diese Frage stellt Eltern häufig vor große Herausforderungen. Eine Expertin gibt in Horneburg Tipps und Taktiken an die Hand.
Horneburg. Das Smartphone ist nicht nur für viele Erwachsene ein täglicher Begleiter, sondern auch für Kinder und Jugendliche. Die Frage, mit der sich viele Eltern auseinandersetzen, ist inzwischen nicht mehr, ob das Kind ein Handy bekommt, sondern wann.
„Wir sind im Netzwerk im Gespräch und fragen uns immer wieder: was brauchen die Kinder, was die Eltern?“, erzählt Daniela Subei, Leiterin des Mehrgenerationenhauses in Horneburg. Nach den Kita-Kindern und den Jugendlichen stehen diesmal die Sechs- bis Elfjährigen im Fokus der Vortragsreihe „Medien im Kindes- und Jugendalter“.
Großes Eltern-Interesse zum Beginn des neuen Schuljahres
Mit dem Thema trifft das Netzwerk Sozialraum der Samtgemeinde Horneburg offensichtlich den Nerv der Eltern. Eine Gruppe von 25 Müttern und Vätern folgte dem kostenfreien Angebot. Gerade mit einem Wechsel auf eine weiterführende Schule kommt in vielen Familien das Thema Smartphone auf.

Großes Interesse: Viele Eltern verfolgten den Vortrag im Mehrgenerationenhaus in Horneburg. Foto: Bast
„Über 90 Prozent der Mitschüler in der 5. Klasse meines Sohnes haben ein Smartphone“, erzählt Dennis Kreutzfeld. „Da wächst der Druck.“ Auch sein Sohn hat ein Handy bekommen. Besonders interessiert den Vater aus Horneburg der Umgang mit WhatsApp. „Die Freunde meines Sohnes nutzen das alle. Wer kein WhatsApp hat, von dem wird die Nummer erst gar nicht im Handy gespeichert“, berichtet er.
Mediennnutzung
Studie: Mehr Kleinkinder haben Zugang zu digitalen Geräten
Der Sohn von Mariana Gatzke aus Horneburg ist ebenfalls in die 5. Klasse gekommen. „Seine Freunde sind alle auf einer anderen Schule. Es ist einfacher, über WhatsApp-Gruppen Kontakt zu halten und sich für Aktivitäten zu verabreden. Darum hat er jetzt ein eigenes Handy“, erläutert sie die Anschaffung.
Mediennutzungsvertrag zwischen Eltern und Kindern empfohlen
„Die Medienkompetenz entwickelt sich auch durch die Mediennutzung“, sagt Referentin Kirsten Heiden von Blickwechsel e. V. - Verein für Medien- und Kulturpädagogik. Sie rät den Eltern dazu, einen schriftlichen Mediennutzungsvertrag mit dem Kind zu schließen. Am besten auf Papier, klein anfangen, Einhaltung beobachten und loben, wenn es gut klappt. Den Vertrag mit der Entwicklung des Kindes überprüfen und anpassen. Am Beispiel Nutzungsdauer erläutert sie, wieso das wichtig ist.

Expertin Kerstin Heiden erläutert in ihrem Vortrag, worauf Eltern beim ersten Smartphone der Kinder achten sollten. Foto: Bast
Wenn Kinder älter werden, sie neue Bedürfnisse oder Interessen entwickeln, reicht die zuvor verabredete Zeit vielleicht nicht mehr aus. Da gilt es hinzuschauen und zu hinterfragen, wieso das Kind mehr Zeit braucht. „Rituale lassen sich zudem gut im Urlaub oder nach Geburtstagen verändern“, ergänzt Heiden.
Wichtig: Grundlagen im Handy-Umgang schaffen
Sie empfiehlt, bereits Kinder der 3. und 4. Klasse schrittweise an ein Smartphone heranzuführen. In diesem Alter sind die Kinder aus ihrer Erfahrung noch gut bei den Eltern angebunden und lernen schnell. Damit können Eltern die Grundlagen für einen sicheren Umgang legen. Ab der 5. Klasse ändere sich das langsam, da würden Freunde immer wichtiger werden. Ihr Tipp: Zum Üben eignet sich auch ein älteres, gebrauchtes Handy.
Zudem ist es sinnvoll, die Übergänge zwischen Handynutzung und dem Weglegen aktiv zu gestalten. Als Beispiel: fünf Minuten vor Ende der Medienzeit einen Wecker nutzen, danach das Handy möglichst raus aus dem Kinderzimmer legen. Während der Schularbeiten, beim Essen und nachts das Handy ausschalten. Hilfreich sind zeitliche Verabredungen im Klassenverband. Dann wissen alle Kinder, nach 19 Uhr gibt es keine neuen Chat-Nachrichten. Das reduziert den Druck, alles mitkriegen zu müssen, um informiert zu sein.
Risiken sichtbar machen bei WhatsApp und Co
Eins der Ziele, das Kirsten Heiden mit ihrer Arbeit erreichen möchte: Sie will den Blick schärfen für die Risiken der Smartphone-Nutzung. „Es geht darum, eine gute Balance zu finden, zwischen dem, was altersgerecht ist und der Faszination der Kinder für das Smartphone.“
Hierzu gehören beliebte Online-Dienste wie YouTube, TikTok, WhatsApp und Online-Spiele. Es sei wichtig „an den Kindern dranzubleiben“, so die Expertin. Also sich zeigen lassen, welches lustige Video das Kind anschaut. Was gefällt dir daran? Wie wäre es, wenn du die Person im Video bist? Das sind Fragen, die Eltern stellen können.

Der Fahrplan für den Vortrag „Mein Kind bekommt ein Smartphone“. Foto: Bast
Mit dem gemeinsamen Reflektieren entwickeln die Kindern vor dem Weiterleiten ein Gefühl, welche Inhalte sie teilen. Sie lernen, sich selbst zu hinterfragen. Zudem schult es eine aufmerksame Nutzung auch fürs Teilen von beispielsweise Familieninformationen, wie den Wohnort.
Genau hinsehen ist bei Online-Spielen besonders wichtig. Hier locken Werbung, In-App-Käufe und Pay to win-Buttons. Die Eltern sind dafür verantwortlich, die Bezahlfunktion mit einem starken Passwort zu sichern. Wenn zuvor verabredet, könnten Kinder ihr Taschengeld für einen „Spiele-Bonus“ investieren. Die Freischaltung sollte in Absprache gemeinsam mit den Eltern erfolgen. „Es ist wie beim Radfahren lernen, irgendwann kommt das Loslassen“, fasst Kirsten Heiden zusammen.
Tipps und Hinweise für Eltern
Allgemein: Hinschauen, sich interessieren, zuhören und mit dem Kind zusammen reflektieren, wie es das Handy nutzt.
Youtube: Autoplay aus, mit „Youtube Kids“ einsteigen, Videos gemeinsam anschauen und fragen: Wie wäre das für dich, wenn du das im Video bist?
TikTok: Wird gerne zur Selbstdarstellung genutzt. Fragen: wer sieht das alles? Likes und Kommentare geben Bestätigung und haben eine eigene Dynamik.
WhatsApp: Ist kein Schulthema, darum Regeln im Klassenverband beispielsweise über Elternabende abstimmen. Beleidigungen ernst nehmen und dem nachgehen.
Online-Spiele: Bezahlfunktion für In-App-Käufe mit einem Passwort absichern. Alterskennzeichnung beachten, jüngere Kinder nicht bei den Älteren zuschauen lassen.