TSchlusslicht in Niedersachsen: So sollen Lehrer in den Landkreis gelockt werden
Eine Lehrerin schreibt auf ein Smartboard in einer Grundschule das Wort Lehrermangel. Im Landkreis Stade fehlen besonders viele. Foto: Caroline Seidel
Der Landkreis Stade ist bei der Lehrerversorgung in Niedersachsen Schlusslicht. Um das zu ändern, hat der Kreistag jetzt ein Projekt auf den Weg gebracht. Das sind die Details.
Landkreis. Nirgends in Niedersachsen ist die Versorgung mit Lehrkräften so schlecht wie in den Landkreisen Stade und Cuxhaven. Obwohl die Bereitstellung von Lehrern Aufgabe des Landes ist, nehmen die beiden jetzt eigenes Geld in die Hand.
Der Kreis Stade hat mit 90,3 Prozent den schlechtesten Wert aller Landkreise in Niedersachsen. Cuxhaven liegt mit 93,3 Prozent ebenfalls unter dem Landesschnitt von 96,9 Prozent. Die Zahlen stammen aus dem Sommer 2024. Neuere stellt das Land aktuell nicht zur Verfügung. Als Grund für die schlechte Versorgung wird die Nähe zu Hamburg genannt. Das benachbarte Bundesland hat früher auf die Probleme reagiert und bezahlt Lehrer besser.
Konkurrent Hamburg: Lehrer in die Region holen
Jetzt gibt es eine vom Stader Kreistag verabschiedete Kooperationsvereinbarung zur Stärkung der Lehrkräfteversorgung. Danach soll zur Steigerung der Attraktivität der Region für Lehrkräfte im Bildungsbüro des Landkreises Stade ein Lehrkräfteservicebüro eingerichtet werden. Die Aufgaben umfassen den Aufbau einer Willkommenskultur für Lehrkräfte im Referendariat und die Unterstützung von vor Ort unterrichtenden Lehrkräften. Ziel ist es, die Unterrichtsversorgung zu verbessern.

Im Landkreis Stade gibt es 1969 Lehrkräfte. Das reicht nur für eine Unterrichtsversorgung von 90 Prozent. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Ein Schwerpunkt liegt im Praktikantenprogramm. Dort sollen Lehramtsstudenten für ihre Pflichtpraktika in die Region geholt und vor Ort bestmöglich unterstützt werden. Eine kostenlose Unterkunft ist vorgesehen.
Diese Maßnahmen sind bitter notwendig: Der Rückgang der zukünftigen Lehrer, die ihr Referendariat im Landkreis Stade absolvieren, ist besorgniserregend. Die Zahl an Lehrkräften in Ausbildung hat sich zwischen den Schuljahren 2013/14 und 2023/24 im Landkreis Stade halbiert.
Die Hälfte der Lehrer arbeitet nicht Vollzeit
Die Zahl der Lehrkräfte hat sich in den vergangenen zehn Jahren in der Summe erhöht. Die gestiegene Teilzeitquote sorgt aber dafür, dass dies nicht zu mehr Unterricht führt. Fast die Hälfte (46 Prozent) arbeitet nicht Vollzeit.
Der Lehrberuf ist mit einem Frauenanteil von 75 Prozent weiblich geprägt. Mehr als die Hälfte der Lehrerinnen arbeitet mit reduzierter Stundenzahl (53 Prozent). Bei männlichen Lehrkräften liegt der Anteil bei 17 Prozent. Die Zahlen hat der Landkreis Stade in seinem vierten Bildungsbericht zusammengetragen. Im Schuljahr 2023/24 gab es 1969 Lehrer im Landkreis.
Unterrichtsversorgung
T Flop 10 im Kreis Stade: In welchen Schulen fehlen die meisten Lehrer?
Diese Lehrer unterrichten an den allgemeinbildenden Schulen rund 24.000 Kinder. Die Anzahl der Schüler an allgemeinbildenden Schulen im Landkreis Stade ist seit 2005 rückläufig. Seit 2020 ist wieder ein Anstieg erkennbar. Die wenigsten Schüler gab es 2018, hier waren es 22.117. Zwischen 2018 und 2023 ist die Zahl wieder auf 23.964 angestiegen. Das liegt dennoch deutlich unter dem Niveau von 2005 (25.388).
Zugewanderte stabilisieren die Schülerzahlen
Die Differenzierung nach Herkunft zeigt, dass zwischen 2005 und 2023 die Zahl der Schüler mit deutscher Nationalität um rund 15 Prozent zurückgegangen ist. Demgegenüber ist in demselben Zeitraum die Zahl an Schülern nichtdeutscher Herkunft von 1212 auf 3451 gestiegen und hat sich damit nahezu verdreifacht. Abgefedert wird der Rückgang durch die Zuwanderung. Die meisten zugewanderten Schüler kommen aktuell aus der Ukraine (657), Syrien (653), Polen (315), Bulgarien (155), Rumänien (136), Türkei (111) und Russland (104).
Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand
Helmut Dammann-Tamke, CDU
Die Fraktionen im Kreistag gingen mit der Situation an den Schulen selbstkritisch um: „Endlich gibt es konkrete Schritte, um die Unterrichtsversorgung an den Förderschulen und bei Fremdsprachen und Naturwissenschaften zu verbessen“, sagte Silja Köpke (CDU) aus Jork. Man habe zu lange weggeschaut.
Lehrerversorgung ist ein Armutszeugnis
Die Lehrerversorgung aus parteipolitischer Sicht zu betrachten, sei unsinnig, sagte der SPD-Kreistagsabgeordnete Kersten Schröder-Doms aus Stade. „Die Probleme auf dem flachen Land sind überall gleich.“
Sein Fraktionsvorsitzender Björn Protze gab den Rat, nicht in der Vergangenheit zu wühlen, sondern nach vorne zu schauen. „Das ist ein Armutszeugnis für die Politik“, sagte dagegen der CDU-Kreistagsfraktionsvorsitzende Helmut Dammann-Tamke aus Harsefeld. „Hilf dir selbst, sonst hilft dir niemand“, sagte er.
Nur die AfD stimmte im Kreistag mit einem Hinweis auf die Kosten und die Nicht-Zuständigkeit des Kreises gegen die Kooperationsvereinbarung. Der Kreis gibt 2026 rund 100.000 Euro für das Projekt aus.
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