TSo feiert der VfL Fredenbeck den Aufstieg in die 3. Liga

Kurz nach dem Abpfiff brechen in Fredenbeck alle Dämme. Die Spieler feiern Trainer Jörg Rademacher mit einer Bierdusche. Foto: Struwe
Trainer Jörg Rademacher führt den VfL Fredenbeck in die 3. Liga und darf selbst nicht mit. Das letzte Heimspiel wird zum emotionalen Höhepunkt der Saison.
Fredenbeck. Offiziell sind noch sieben Sekunden zu spielen. Aber der Ball liegt irgendwo auf dem Spielfeld. 1500 Menschen in der Geestlandhalle stehen und klatschen rhythmisch. Die Fredenbecker Regionalliga-Handballer tanzen schon ausgelassen. Die Spieler des Lehrter SV wenden sich längst ab. Die Schiedsrichter schicken die Reservespieler und den Fredenbecker Trainerstab hinter die Seitenauslinie. Ordnung muss sein. Beim Stand von 38:23 für den VfL pfeifen sie endlich ab.
Sofort bilden die Spieler eine Traube, nehmen sich in die Arme und jubeln im Kreis. Die Zuschauer singen „Oh, wie ist das schön“. Der Fredenbecker Trainer Jörg Rademacher steht ein paar Meter abseits. Er fasst sich an die Nase, streift sich mit der Hand über das Gesicht. Er reibt sich die Augen. Nimmt einen Schluck Wasser. Sind das Tränen?
Rademacher muss nach der Saison gehen
Rademacher sagte im Vorfeld dieses Spiels, dass er nicht genau wisse, was geschehen werde. Mit ihm, mit seinen Emotionen. Der VfL Fredenbeck spielt im letzten Heimspiel der Saison um die entscheidenden Punkte für den vorzeitigen Aufstieg in die 3. Liga. Und der Coach weiß, dass er, wenn es klappt, zwar den Moment genießen kann, die Früchte seiner Arbeit aber nicht ernten wird.

Am Ende der Saison wird der Erfolgstrainer den VfL Fredenbeck verlassen. Jörg Rademacher kämpft mit den Tränen. Foto: Struwe
Im Februar hatte der Verein Rademacher gesagt, dass er in der nächsten Saison aus Kostengründen nicht mit ihm plant und mit Matthias Steinkamp einen neuen Coach verpflichtet. Das hatte Rademacher schwer getroffen. VfL-Manager Lars Müller versucht, das am Samstagabend vor Publikum noch mal zu erklären. „Es muss nicht jeder verstehen und es muss auch nicht jeder gut finden“, sagt Müller schließlich.
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Außerdem beschreibt Müller die zwei Wochen nach der Entscheidung, in der die Stimmung zwischen ihm und Rademacher ein wenig frostig wurde. „Wir haben weniger miteinander gesprochen“, sagt Müller. Irgendwann sei Rademacher dann zu ihm gekommen und habe gesagt: „Wir marschieren. Egal, was du entschieden hast. Ich will den Aufstieg.“ Müller macht keinen Hehl daraus, dass er diese Einstellung schätzt. Und Rademacher und die Mannschaft haben geliefert.
Fredenbeck ist Rademachers zweite Heimat
Ein paar Minuten nach dem Abpfiff des Spiels gegen den Lehrter SV wabert während der nun offiziellen Verabschiedung der Klassiker „Time to Say Goodbye“ von Sarah Brightman und Andrea Bocelli aus den Lautsprecherboxen. „Ich bin immer gern nach Fredenbeck gefahren. Fredenbeck ist meine zweite Heimat geworden“, sagt Rademacher ins Mikrofon.
Seine Jungs, die Rademacher „eine mega-geile Truppe“ nennt, duschen ihren Trainer mit Bier. Kaum ein Zuschauer verlässt die Halle. Sie alle jubeln frenetisch. Selten wurde ein Trainer in Fredenbeck so gefeiert. Einige Fans bedanken sich persönlich.
Jörg Rademacher trocknet seinen biergeduschten Kopf mit einem Handtuch. „Das Kribbeln war da. Die Emotionen vor dem Spiel größer als sonst“, sagt er. Mit dem Anpfiff sei das Kribbeln aber weg gewesen. Er habe dieses letzte Heimspiel in der Tat genießen können. Coachen muss er im Spiel gegen Lehrte kaum, nachjustieren selten. „Wir haben souverän in der Abwehr gestanden. Das hat mich sehr beeindruckt“, sagt Rademacher.
VfL überzeugt gegen Lehrte mit starker Abwehr
Das Spiel gegen den Drittletzten der Tabelle ist schnell entschieden. Bereits zur Pause liegt der VfL Fredenbeck mit 18:10 in Führung. Die Fredenbecker Abwehr lässt gegen die statisch agierende Lehrter Offensive kaum etwas zu. Ab Mitte der ersten Hälfte sind die meisten Würfe aufgrund der Abwehrleistung leichte Beute für Torwart Justin Rundt.

Jesper Müller muss gegen den Lehrter SV viel einstecken. Der Rückraumspieler geht immer dahin, wo es weh tut. Foto: Struwe
Spätestens als Jan Möller zwischen Minute 24 und 28 vier Treffer in Serie erzielt, steht die Halle Kopf. Möller hat ein seidenweiches Handgelenk. Er legt die Bälle mit ganz viel Spielwitz und Eleganz am Lehrter Torwart vorbei ins Netz.
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In der 33. Minute führt der VfL das erste Mal mit zehn Toren. 21:11. Torwart Rundt glänzt mit einer Doppelparade und zwingt die Zuschauer zu Jubelstürmen. Als Laurenz Reiners einen Heber zum 23:12 ansetzt und wenig später den Ball zum 25:12 ins Tor dreht, ist es eine Fredenbecker Galavorstellung. Der VfL wird einfach nicht müde in der Schlussphase. In der 55. Minute steht es 35:20. Die Trommler trommeln unermüdlich. Die Tröten leiten die Aufstiegsfeier ein.
Aufstiegsparty in der Scheune des Managers
VfL-Manager Lars Müller lädt die Mannschaft für die Party in seine Scheune ein. Jörg Rademacher, seine Frau und der wenige Wochen alte Sohn bleiben über Nacht. Der scheidende Coach erzählt, dass er sich über einen neuen Verein noch keine Gedanken gemacht habe.
Er freut sich erst mal auf das Vatersein und auf den letzten Spieltag am 10. Mai. Der VfL tritt als Tabellenzweiter auswärts beim Tabellenletzten Schiffdorf an. Spitzenreiter Varel, nur einen Punkt voraus, muss nach Vorsfelde. Da ist in Sachen Meisterschaft noch was drin. Rademacher hat noch nicht fertig. Der Titel wäre die Kirsche auf der Torte.
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