TSohn betrügt demenzkranken Vater um 18.492 Euro

Das Gericht stellte fest, dass der Angeklagte mit einer gewissen Planung und Gerissenheit vorging. Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa
Untreue in 105 Fällen: Immer wieder hebt der 54-Jährige Geld seines pflegebedürftigen Vaters ab und missbraucht das Vertrauen.
Nordenham. Wegen Untreue in 105 Fällen hat das Schöffengericht am Amtsgericht Nordenham einen 54 Jahre alten Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Dieses Strafmaß hatte der Staatsanwalt beantragt. Der Angeklagte ist in Bielefeld geboren worden und hat lange dort gelebt, wohnt zurzeit aber in Nordenham.
Das Gericht stellte fest, dass er mit einer gewissen Planung und Gerissenheit in der Zeit von Mitte Januar 2022 bis September 2023 insgesamt 18.492 Euro und 45 Cent erlangt hat. Das geschah durch 105 Barabhebungen an Geldautomaten und Karten-Zahlungen vom Konto seines Rente beziehenden und an Demenz erkrankten Vaters - in Beträgen von 50 bis zu 1.000 Euro.
Der Angeklagte missbrauchte damit das Vertrauen seines Vaters, der ihm Bankvollmacht erteilt hatte. Er nutzte dessen Demenz-Erkrankung aus. Der Vater hat dadurch hohe Schulden. Das Geld war zur Zahlung von Eigenanteilen für das Leben des Vaters in einem Butjadinger Pflegeheim bestimmt.
Ähnliche Fälle kommen in Deutschland regelmäßig vor
Ähnliche Fälle kommen in Deutschland laut Staatsanwalt regelmäßig vor. Es sei nicht immer einfach, Straftaten nachzuweisen, wenn wie in diesem Fall der oder die Geschädigte an Demenz erkrankt ist. Deshalb seien Geständnisse der Angeklagten von Gewicht.
Die Familie des Angeklagten hatte früher öfter Urlaub in Butjadingen gemacht. Daher hatte der Sohn für seinen zuvor ebenfalls in Bielefeld lebenden Vater im Jahr 2017 ein Pflegeheim in Butjadingen ausgesucht.
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Nicht wegen des Vaters, sondern der Liebe wegen war der Angeklagte 2022 in die Nähe, nach Eckwarden, gezogen. Er lebt inzwischen aber von seiner dort wohnenden neuen Lebensgefährtin getrennt und wohnt nun in Nordenham.
54-Jähriger muss Kosten des Verfahrens tragen
Das veruntreute Geld muss der zurzeit Arbeitslose, von Bürgergeld lebende 54-Jährige entsprechend seiner finanziellen Möglichkeiten nun nach und nach zurückzahlen. Er muss zudem die Kosten des Strafverfahrens zahlen.
Strafmildernd kam ihm zugute, dass er freimütig die Straftaten eingeräumt hat. Er gestand, die Gelder für den eigenen allgemeinen Lebensunterhalt ausgegeben zu haben (zum Tanken und Einkaufen) und nicht etwa für Einkäufe für seinen pflegebedürftigen Vater.
Zugutehalten müsse man dem Angeklagten auch, so der Richter in der Urteilsbegründung, dass er vor Gericht Reue und eine gewisse Einsicht gezeigt habe. Zudem sei er nicht einschlägig vorbestraft. Auch müsse gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung berücksichtigt werden, dass bei einer solchen Serie von Untreue-Fällen die Hemmschwelle mit der Zeit abnimmt.
Dies bewertete das Gericht als positiv
Darüber hinaus habe der Angeklagte als Erklärung seiner Taten eine persönliche Schieflage angeführt. Er war mit seiner Selbstständigkeit in Bielefeld gescheitert und musste dort auch die Trennung von seiner Frau verkraften. Positiv wertete das Gericht ebenfalls, dass er sich der Polizei gestellt hat.
Aus diesen strafmildernden Gründen setzte das Schöffengericht die Haftstrafe zur Bewährung aus - mit einer Bewährungszeit von zwei Jahren. Ein Bewährungshelfer sei nicht nötig. Eine Arbeitsauflage sei aber geboten. Demnach muss der Angeklagte innerhalb von zwölf Monaten 180 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der Staatsanwalt hatte 200 Stunden beantragt, der Anwalt für mildere Strafen plädiert.
Aufgeflogen waren die Taten, nachdem der Leiter des Pflegeheims erfolglos Zahlungen der Eigenanteile des Vaters angemahnt und schließlich beim Amtsgericht Nordenham gemeldet hatte. Daraufhin entzog das Gericht dem Angeklagten alle Betreuungsvollmachten und bestellte einen Berufsbetreuer für den Vater. Dieser stellte rasch die Unregelmäßigkeiten fest und riet dem Angeklagten, sich bei der Polizei selbst anzuzeigen. Etwas später zeigte der Berufsbetreuer ihn innerhalb der rechtlich vorgegebenen Frist von drei Monaten an. Das war zulässig, weil der Vater wegen Demenz selbst nicht dazu fähig war. Angemerkt werden kann: Gegen den Willen des Vaters wären Anzeigen rechtlich wirkungslos geblieben.
Schon 2015 vom Amtsgericht Bielefeld als Betreuer bestellt
Der Angeklagte war schon im Jahr 2015 vom Amtsgericht Bielefeld als Betreuer bestellt worden - jedoch ohne die Befugnis, über das Vermögen des Vaters. Denn der wollte dies damals weiter selbst bestimmen.
Im Sommer 2017 ging der Sohn dann mit dem Vater zur Bank. Dieser stimmte zu, dass der Sohn Verfügungsbefugnis über sein Konto erhielt. In den ersten Jahren hat der Sohn ordnungsgemäß alle Zahlungen an das Pflegeheim vollzogen – bis zu der im Januar 2022 begonnenen Serie von Untreue-Fällen. Mit seiner Selbstständigkeit in Bielefeld war er im Jahr 2021 gescheitert.